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Falkenschwur: Die Fortsetzung des Bestsellers »Pestsiegel« (German Edition)

Falkenschwur: Die Fortsetzung des Bestsellers »Pestsiegel« (German Edition)

Titel: Falkenschwur: Die Fortsetzung des Bestsellers »Pestsiegel« (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Ransley
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absichtlich versuchte, mich zu provozieren – auch wenn ich nicht begriff, warum –, war es zu verdanken, dass ich meine Wut im Zaum halten konnte. Das, und die Dringlichkeit, Holles’ Pläne von ihm zu erfahren.
    »Lord Stonehouse hat mir alles über Eure Vereinbarung mit ihm erzählt«, sagte ich.
    Der Wortschwall kam augenblicklich zum Erliegen. Er entfernte sich von mir, als sei ich ansteckend. »Vereinbarung? Was für eine Vereinbarung? Mit Lord Stonehouse? Ich weiß nicht, wovon Ihr sprecht.«
    Ich zog den Brief hervor, den Lord Stonehouse mir gegeben hat, um ihn Sir Lewis persönlich zu überreichen. Die Wirkung, als er das Siegel des Falken erblickte, war erstaunlich. Seine Wangen, die beinahe violett gewesen waren, als er mich beschimpft hatte, wurden leichenblass. Das Klappern von Pferdehufen auf dem Hof, das wohl von dem aufbrechenden Besucher stammte, ließ ihn zusammenfahren. Sein Blick wanderte hektisch von mir zu dem Siegel und wieder zurück, er horchte auf das Geräusch des sich entfernenden Pferdes, sah mich an mit in einer Mischung aus Furcht und Gier. Die Gier gewann.
    Er überprüfte das Siegel, brach es und hielt den Brief in das Licht des Kronleuchters über seinem Schreibtisch. Kein Geräusch war zu hören, bis auf seinen kratzenden, keuchenden Atem.
    »Die Verträge zur Übereignung des Landes sind bereit zur Unterschrift«, sagte ich. »Sobald Ihr mir die zugesagten Informationen gegeben habt.«
    »Ihr seid ein Risiko eingegangen, indem Ihr mit diesem Schreiben hierhergekommen seid.«
    »Es musste sein. Lord Stonehouse glaubt, dass Holles kurz davor ist …«
    »Sprecht um Himmels willen leise!« Er wandte sich ab, um den Brief erneut zu lesen, und zerpflückte wie ein Anwalt jedes Wort. »So, so, seine Lordschaft ist also endlich bereit, mir alles zu geben, was ich will«, murmelte er, halb zu sich selbst. Er ging zu einer alten, vergilbten Karte an der Wand. »Den Wald … die Mühle … wenn er diesen Punkten nur früher zugestimmt hätte.«
    »Was meint Ihr damit?«
    Er wirbelte herum, als hätte er vergessen, dass ich da war. »Wie habt Ihr Scogman gefangen?«
    Ich verfluchte meine Dummheit. Meine Entschuldigung hatte ich einstudiert, aber keine Geschichte, wie ich Scogman gefangen hatte. Ich konnte ihm kaum die Wahrheit erzählen. Also stürzte ich mich in eine Geschichte, bei der jeder Flugblattschreiber mit einem Funken Selbstachtung vor Scham erröten würde, wenn er sie seinem Drucker zum Setzen gäbe. Wie ich Scogman und seiner Bande eine Falle gestellt hatte. Die Männer waren verzweifelt gewesen. Ich erschoss einen und verwundete den anderen. Der Kampf mit Scogman, den ich beschrieb, war der lebendigste Teil der Geschichte, denn ich erzählte von dem Kampf, den ich mit Will ausgefochten hatte, mit dem einzigen Unterschied, dass ich gewonnen hatte. Das Ganze wirkte dadurch plausibel, dass es genau zu meinem Zustand passte, zu meinem zerschlagenen Gesicht und den zerrissenen und schmutzigen Kleidern.
    Unvermittelt verstummte ich. Ich hatte meine Geschichte so schnell erzählt wie ein Trickbetrüger, der beide Hände geschwind bewegt, während er die gezinkten Karten austeilt oder einen gewichteten Würfel in der Hand verschwinden lässt. Ich hatte so viel erzählt, dass ich kaum bemerkte, welche Wirkung meine Schilderung auf Sir Lewis hatte. Er glaubte mein Geschwätz. Er beugte sich vor, die Augen traten aus den Höhlen, und über den dichten Augenbrauen glänzten kleine Schweißperlen. Er wollte mehr darüber hören, wie ich Scogman geschlagen hatte. Er konnte nicht genug bekommen, und dann erinnerte er mich mit so vielen Einzelheiten daran, wie ich Scogman ausgepeitscht hatte, dass mir schlecht wurde.
    Nicht als Edelmann erzogen worden zu sein, hatte den Vorteil, dass mir jeder Ehrbegriff fremd war. Zum ersten Mal verstand ich, wie sehr ich ihn beleidigt hatte, indem ich ihm Scogman vorenthalten und ihn zum Gespött der ganzen Grafschaft gemacht hatte. Mehr als das. Ich hatte nicht gewusst, wie sehr Puritaner für ihren Glauben litten. Scogman war zu seiner Buße geworden.
    »Buße, Sir?«
    »Wenn ich bei einer Aufgabe versagte, ließ mein Vater mich Buße tun, bis ich endlich Erfolg hatte. Am liebsten war ihm die Kerze.«
    »Kerze, Sir?«
    Statt einer Antwort nahm er eine Kerze aus einem Wandleuchter und hielt seinen Finger in die Flamme. Kein Muskel in seinem Gesicht zuckte. Er zog den Finger erst zurück, als die Haut sich schwarz färbte und der Geruch von

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