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Falkenschwur: Die Fortsetzung des Bestsellers »Pestsiegel« (German Edition)

Falkenschwur: Die Fortsetzung des Bestsellers »Pestsiegel« (German Edition)

Titel: Falkenschwur: Die Fortsetzung des Bestsellers »Pestsiegel« (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Ransley
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wurde, in dem Maibäume, Lieder, Tänze und Schaustellerei verboten waren, herrschte plötzlich Hochsommer.
    George schickte eine Nachricht an Fairfax voraus. Er sorgte sich, wie dieser uns empfangen würde, da wir uns an Cromwell gewandt hatten, statt an ihn, und wir nichts von Cromwell gehört hatten. Doch ich versicherte ihm, dass es eine Katastrophe gewesen wäre, wenn wir den König verloren hätten. Zeugten nicht auch die wachsenden Massen davon? Wir hatten es geschafft! Es war eine Geschichte, die ich meinem Sohn Luke erzählen würde, eine Geschichte, die nicht weniger phantastisch war als die, die Matthew mir am Grubenfeuer am Hafen erzählt hatte, außer, dass sie wahr war. Ich konnte Lukes runde Augen vor mir sehen, seinen offenen Mund, während er mir lauschte.
    So ging es weiter, bis wir Cambridge erreichten, wo man hundert Freudenfeuer vorbereitet hatte, die für den König entzündet werden sollten. Doch sie brannten nie. Das Märchen musste der harten Wirklichkeit weichen.
    Die Wirklichkeit brach in Form eines strengen, gebieterischen Colonels über uns herein, Edward Whalley, der zwei Regimenter befehligte. Er hatte einen schriftlichen Befehl bei sich. Er stammte von General Fairfax, der vor Zorn kaum das Schreiben hatte diktieren können, als er hörte, dass der König entführt worden war.
    Whalley wusste, wofür die Flöte stand, nahm sie Joshua fort und zerbrach sie. George und ich wurden verhaftet, und man teilte uns mit, dass wir vor ein Militärgericht gestellt würden.

26. Kapitel
    Der Sommer zu seiner besten Zeit: Die glühende Hitze in London ließ das Holz der Häuser bersten, blendete die Augen, und von der Jauche des nicht eingesammelten Mülls, der Exkremente, des faulenden Essens und der toten Hunde stieg ein unerträglicher Gestank auf. Hinzu kamen Fliegenschwärme und Milane, die sich von dem Dreck ernährten, und Ratten, die fett davon geworden waren und ihre Zähne in Menschen gruben, die versuchten, sie wegzutreten. Feurige Hitze brannte in den Mündern der Prediger, die an jeder Ecke standen und die Menschen warnten, dass ihre Taten auch jetzt noch gezählt würden: Die Bestie lag vor den Toren Londons und kroch immer näher, sie wartete nur darauf, nach ihnen zu schnappen und sie in die Grube des ewigen Feuers zu schleudern.
    Die Bestie war die New Model Army, eine gewaltige, abscheuliche Kröte mit zwei aufgeblähten Köpfen. Einer war Fairfax, doch die Stimme, die aus seinem Mund kam, war die des anderen Kopfes, des Großen Satans höchstselbst: Cromwell. So tobte der Prediger aus St Paul’s vor einer wachsenden Menge von Mitgliedern der Bürgergarde, Presbyterianern, die ihre Arbeit verloren hatten, als die New Model Army gebildet wurde, Fährleuten und Lehrjungen. Der Prediger, dem das lange, graue Haar seitlich von seinem ansonsten kahlen Schädel mit der dunkelvioletten, lodernden Narbe herabhing, drängte sie, zum Parlament zu gehen, ehe es zu spät war.
    Zum Parlament? Warum, das wusste ich nicht. Und Scogman ebenso wenig. Während einer zweimonatigen Kerkerhaft in Cambridge hatte sich alles auf die Frage reduziert, ob wir heute gehängt werden würden oder erst am nächsten Tag. Unsere Gefängniswärter hatten über unser Schicksal nicht mehr verraten als die Wände, auch dann nicht, als sie uns auf die Straße warfen. Keine Anklage. Warum waren wir freigelassen worden? Die Gefängniswärter lachten brüllend. Wollten wir etwa wieder hereinkommen? Und siehe da, da war noch etwas, das zugleich mit dem Befehl, uns freizulassen, angekommen war. Einer der Männer hatte mir ein zerfleddertes, gesiegeltes, nach Kerker-Pisse stinkendes Stück Papier in die Hand gedrückt. Als ich es geöffnet hatte, war meine Verwirrung nur noch größer geworden. Es war ein Zahlschein der Armee über zehn Pfund, fünf Schilling und drei Pence. Es war unterzeichnet von Thos. Fairfax (General) und ausgestellt auf Tom Neave. Quer darüber geschrieben stand: »Für geleistete Dienste«.
    Mit einem Verstand, der so verfault war wie unsere Eingeweide, waren wir so betäubt von dem Prediger, dass wir wie alle anderen die Fäuste hoben und mit der Menge brüllten.
    »Parlament! Zum Parlament!«
    In Wahrheit war mir so schwindelig von der Hitze, und ich war so erschöpft von der Reise, dass ich mich einen Moment lang in die Zeit zurückversetzt fühlte, als ich ein Lehrjunge gewesen und aufgerufen war, das Parlament vor dem König zu schützen. Bis der Prediger mich scharf musterte und rief: »Dort

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