Fall bloß nicht auf!
zum Pennen. Nur für eine Nacht, dann bin ich wieder weg. Nimm mich mit und ich verpfeife dich nicht bei der Polizei. Ich sag denen nur, was der Mann mit Trixi gemacht hat. Dich erwähne ich gar nicht.«
»Wenn ich dir einen Unterschlupf für heute Nacht besorge.«
»Wenn du mir einen Unterschlupf für heute Nacht besorgst.«
»Aber du musst doch bis jetzt irgendwo gepennt haben.«
»Ja, aber dahin kann ich nicht mehr zurück. Die Mädchen würden mich finden und die Polizei auch.«
»Die finden dich so oder so.«
»Nicht wenn ich weggehe.«
»Dann geh doch jetzt.«
Sie schüttelt den Kopf, schaut zu Boden.
»Ich habe seit drei Tagen nichts mehr gegessen. Die Bande hat mir kaum was zu beiÃen gegeben. Trixi meinte, solange ich mich nicht bewiesen hätte, gäbe es nichts mehr von der Bande. Ich kann keine Brieftaschen klauen, dazu fehlt mir die Geschicklichkeit, ich würde gleich beim ersten Versuch geschnappt. Und jetzt noch die Sache mit Trixi.«
Sie schaut wieder auf.
»Die Mädchen werden mich umbringen. Die haben mich nie gemocht. Die glauben mir nicht. Die denken, ich hätte Trixi im Stich gelassen, egal was ich sage. Die denken, ich hätte es darauf abgesehen und hätte Trixi ans Messer geliefert. Und wenn mich die Polizei schnappt, bringen sie mich wieder dahin zurück.«
»Wohin zurück?«
Sie antwortet nicht, aber das ist auch gar nicht nötig. Ihr Gesicht spricht Bände.
Ich weià nicht, was tun, Bigeyes. Ich muss diese Tussi irgendwie abschütteln. Und woher weià ich, dass sie tut, was sie verspricht? Sie könnte mich genauso gut auch auffliegen lassen, selbst wenn ich ihr helfe. Ihr nicht zu helfen könnte aber ein noch gröÃeres Risiko sein.
»Komm mit«, sage ich.
Sie schüttelt den Kopf.
»Du musst erst mit mir kommen.«
»Ich gehe mit dir nirgendwohin. Du brauchst einen Schlafplatz, also kommst du mit mir. Ich führe dich hin.«
Sie macht eine so rasche Bewegung, dass ich nicht ausweichen kann. Sie drückt mich gegen die Wand und zückt ihr Messer, lässt es aufschnappen und kitzelt mir damit die Kehle.
»Becky, lass die ScheiÃe.«
»Hör zu!« Ihre Stimme klingt wie ferner Donner. »Wir haben eine Abmachung. Du verschaffst mir einen Schlafplatz für heute Nacht und was zu essen, dann verschwinde ich morgen aus deinem Leben. Ich folge dir. Aber zuerst kommst du mit mir.«
»Aber wozu?«
Die Klinge streicht langsam über meine Kehle. Ich schaue nach unten und dann in Beckys Augen. Sie sind schwarz wie die Nacht.
»Wir nehmen noch jemanden mit«, sagt sie.
Wir gehen weiter. Die Gassen sind jetzt hinter uns, links die Docks. Schlepper und Kähne, der Fluss schwappt grau und schwärzlich vorüber, er interessiert sich nicht für uns, er will nur einfach weiter.
Wie die Leute hier, auch die sind wie der Fluss ständig in Bewegung. Ich mag hier nicht weiter rumrennen, kann immer noch nicht fassen, dass ich dieser Tussi nachlaufe.
Sie wendet immer wieder den Kopf, als ob sie schauen wollte, ob ich ihr noch folge.
Warum bin ich eigentlich hier, Bigeyes?
Ich hätte mich schon längst aus dem Staub machen sollen. Es wäre kinderleicht. Mit den vielen Leuten um uns herum könnte sie mich nicht daran hindern. Ich hab ihr noch nicht mal mein Wort gegeben. Sie nimmt meinen Blick für mein Wort, aber tatsächlich habe ich ihr nichts versprochen.
Vielleicht hätte ich ihr mein Wort gegeben, wenn sie mich gezwungen hätte. Sie hatte mir schon das Messer an die Kehle gesetzt, da stimmt man ja allem zu. Aber jetzt ist das Messer nicht mehr da, es steckt in ihrer Hosentasche.
Warum bin ich also nicht weggelaufen?
Die Docks sind hier zu Ende, aber sie eilt an Kränen und Lagerhäusern vorbei immer weiter. Der Fluss macht hier einen Bogen und wird immer breiter, bis er ins Meer mündet. Ich komme selten hierher, der bloÃe Anblick macht mir Angst. Ich mag das groÃe Wasser nicht.
Becky hat jetzt auch die Richtung geändert.
Sie geht jetzt nach rechts, wieder zurück in die Stadt, Richtung Hedley. Ich sehe schon den Park, die Sportanlagen und die ersten Wohnhäuser. Sie nimmt einen schmalen FuÃweg, der um das Kricketfeld herumführt.
Ein paar Typen lungern hier herum, aber sie sind harmlos.
Becky ist schweigsam, Gott sei Dank. Ich muss nachdenken. Was soll ich als Nächstes tun? Wie gesagt,
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