Fallen Angel 07 Tanz der Rose
sich Ihnen nicht hingibt. Annabelle stimmt unter der Bedingung zu, daß Sie im Dunkeln zu ihr kommen, um ihr Schamgefühl zu schonen. Dann beschließt sie zusammen mit ihrem geliebten Anton, der von Will Landers gespielt wird, ihre weniger unschuldige Freundin Ethel - das bin ich - zu bitten, sie zu vertreten. Ethel war die Geliebte des Herzogs und wurde von ihm verlassen, doch weil sie ihn noch immer liebt, stimmt sie zu, bei dem Täuschungsmanöver mitzuwirken. «
Stephen hob die Brauen. »Es sieht fast so aus, als könnte ich mit der Darstellung von Herzögen Karriere machen. «
»Sie haben das richtige Auftreten«, sagten Thomas und Rosalind wie aus einem Munde. Die drei schauten einander an und brachen in Gelächter aus.
»Zur Rolle des Herzogs verdammt! « kommentierte Stephen trocken. »Ist das mein Text? «
Thomas gab ihm das Textbuch. »Die Dialoge sind nicht besonders witzig, Sie können also getrost ein bißchen improvisieren. Am wichtigsten ist es, übertrieben zu agieren - unanständig, aber nicht vulgär. «
Stephen nickte und überflog seinen Text, während Thomas die anderen Mitspieler versammelte. Als die Probe begann, hatte Stephen die Dialoge so weit im Kopf, daß er sich durchmogeln konnte. Es bereitete ihm nicht die geringste Mühe, arrogant, fordernd und einschüchternd aufzutreten, und er bewies unerwartetes komisches Talent, wenn er Jessica lüstern anstarrte, die als Annabelle schaudernd vor ihm zurückwich.
Von Zeit zu Zeit unterbrach Thomas die Probe und gab knappe Anweisungen, doch im großen und ganzen klappte alles so gut, daß Rosalind sich richtig amüsierte und überhaupt nicht daran dachte, welche Gefahren die Täuschungsszene - der Höhepunkt der Farce - in sich barg. Dann schlich Stephen auf Zehenspitzen in die Kulisse, die das dunkle Gartenhaus darstellen sollte, und rief: »Wo bist du, mein geliebtes Turteltäubchen? «
Rosalind säuselte: »Hier, Claudio! Hier! Hier! « Sie wollte sich ihm in die Arme werfen, als ihr schlagartig zu Bewußtsein kam, daß nicht Edmund, sondern Stephen ihr Partner war. Eine Umarmung mit Edmund war völlig unverfänglich. Mit Stephen hingegen...
Ihm ging es offenbar genauso, denn er blieb einen Meter von ihr entfernt wie angewurzelt stehen, und seine Miene wechselte von Lüsternheit zu Bestürzung.
»Worauf warten Sie? « rief Thomas ungeduldig. »Sie sollen sie küssen. «
Stephen holte tief Luft und fiel aus der Rolle des schurkischen Herzogs. »Tut mir leid, tut mir leid, aber ich habe eine Frau noch nie vor Publikum geküßt - schon gar nicht in Gegenwart ihres Vaters. Ich hoffe, Sie haben keine Reitpeitsche zur Hand? «
Thomas lachte. »Das ist mir bisher nicht in den Sinn gekommen, aber ich kann Ihre Skrupel nachvollziehen. « Er winkte seiner Frau zu, die sich in der hintersten Bankreihe leise mit einigen anderen Frauen unterhielt. »Komm her, meine Süße, damit wir diesem korrekten jungen Mann zeigen können, wie man so etwas macht. «
»Ich fliege zu dir, mein Held! « erwiderte Maria theatralisch.
Rosalind überließ ihrer Mutter den Platz im Gartenhaus, halb belustigt, halb beunruhigt. Es wäre peinlich, wenn Stephen und sie mitten auf der Bühne von ihrem heftigen Verlangen überwältigt würden, doch zugleich war diese Situation genauso absurd wie die Farce, die geprobt wurde.
»Wo bist du, mein geliebtes Turteltäubchen? « rief Thomas.
»Hier, Claudio! « Maria warf sich in seine Arme. »Hier! Hier! «
Der nun folgende Kuß war hoch dramatisch. Zwischendurch rühmte Claudio ihre Schönheit und verkündete, er hätte das Gefühl, sie sein Leben lang gekannt zu haben, was zweifellos ein Zeichen des Himmels sei, daß sie füreinander bestimmt seien. Maria ging so leidenschaftlich auf ihn ein, daß alle lachen mußten.
»Es hat die Eltern mal wieder gepackt! « erklärte Jessica ironisch, was eine neue Welle von Heiterkeit auslöste. Doch dann mußten Stephen und Rosalind die Szene nachspielen. Sie zwinkerte ihm zu und murmelte: »Nachdem uns keine andere Wahl bleibt, sollten wir es genießen! «
Seine Augen funkelten amüsiert, während er sie so ungestüm in seine Arme riß, daß ihr Oberkörper weit nach hinten gebogen wurde.
Unwillkürlich klammerte sie sich an ihm fest und vergaß vor Überraschung fast die übertriebenen Gesten, die zu ihrer Rolle gehörten. Doch sie faßte sich sehr schnell, und weil es in dem Gartenhaus ja angeblich völlig dunkel war, hatte sie als Schauspielerin durchaus das Recht, ihre
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