Fallen Angel 07 Tanz der Rose
»Seine Gnaden ist nicht zu Hause. «
Blackmer zog seine Handschuhe aus. »Dann warte ich eben. Wann kommt er zurück? « Als Owens nicht antwortete, rief der Arzt ungeduldig: »Hören Sie, Mann, ich bin kein Bettler! Der Herzog wird mich sehen wollen. «
Der Butler zögerte noch einen Augenblick, doch dann sprudelten die Worte nur so aus seinem Mund: »Er ist nicht hier... Er ist plötzlich abgereist, ganz allein... wir wissen nicht, wohin. Ich bin - wir alle sind ziemlich besorgt. «
Blackmer runzelte die Stirn. »Allein? «
Owens nickte. »Er ist einfach weggeritten und hat nicht einmal seinen Kammerdiener mitgenommen -gleich nach Ihrem letzten Besuch. «
»Sie haben seit vierzehn Tagen nichts von ihm gehört? « fragte der Arzt ungläubig.
»Gar nichts. «
»Haben Sie irgend jemanden darüber informiert? «
»Nein. Schließlich hat Seine Gnaden das Recht zu reisen, wohin und wie er will. Nur... «-Owens schluckte-»nur ist dieses Verhalten sehr ungewöhnlich. «
Es war wirklich ungewöhnlich. Blackmer hatte Stephen Kenyon über Jahre hinweg scharf beobachtet, und er bezweifelte, daß der Herzog jemals zuvor so impulsiv gehandelt hatte. Andererseits konnte ein Todesurteil natürlich jeden Mann aus dem Gleichgewicht bringen... »Benachrichtigen Sie mich sofort, wenn er zurückkommt oder wenn Sie etwas von ihm hören. Es ist wichtig, daß ich von seiner Rückkehr erfahre. «
Der Arzt fluchte auf der ganzen Heimfahrt leise vor sich hin. Sein Patient konnte sich überall in Großbritannien aufhalten, und obwohl es um seine Gesundheit noch nicht allzu schlecht bestellt sein dürfte, war eine Verschlimmerung in nächster Zukunft nicht auszuschließen.
Zu Hause angelangt, begab Blackmer sich sofort in sein Arbeitszimmer, wo er nervös auf und ab lief. Ashburtons Dienstboten wollten verständlicherweise nichts unternehmen, was ihrem Herrn mißfallen könnte, aber irgend jemand mußte etwas tun, und nur Blackmer selbst kannte die Gründe für die Flucht des Herzogs.
Am vernünftigsten war es wohl, Ashburtons Bruder in Wales zu informieren. Vielleicht hielt der Herzog sich ja sogar dort auf, nicht nur um Trost zu suchen, sondern auch um seinen Erben mit dem Gedanken vertraut zu machen, daß die gesamte Verantwortung bald auf ihm ruhen würde. Blackmer kannte Lord Michael Kenyon nur flüchtig - aber gut genug, um zu wissen, daß der Mann hart und gefährlich war. Wie er auf die Neuigkeiten reagieren würde, ließ sich beim besten Willen nicht Vorhersagen. Vielleicht würde Lord Michael es kaum erwarten können, das Erbe seines Bruders anzutreten. Vielleicht würde er aber auch in Wut geraten und den Unglücksboten - den Arzt - zur Rechenschaft ziehen. Vielleicht... die Möglichkeiten waren vielfältig und besorgniserregend.
Trotzdem blieb ihm keine andere Wahl. Fluchend setzte der Arzt sich an seinen Schreibtisch und verfaßte einen Brief an Lord Michael Kenyon, wobei er jedes Wort sorgfältig abwog.
8. Kapitel
Rosalinds Blicke schweiften durch das kleine Theater, in dem ein gutes Dutzend Leute geschäftig umhereilte. Sie wartete, bis Stephen aufschaute, und rief: »Könnten Sie mir mit den Requisiten helfen? «
»Aber ja. « Stephen kam auf die Bühne und hob eine Fensterattrappe vom Boden auf. »Wo soll das hin? «
»Dort drüben, genau über der Stelle, wo Aloysius schläft. Er hat ein besonderes Talent dafür, es sich ausgerechnet dort bequem zu machen, wo er am meisten im Wege ist! «
Rosalind beobachtete lächelnd, wie Stephen den Wolfshund geduldig überredete, ein Stück zur Seite zu rücken. Sie hatte einmal ein arabisches Sprichwort gehört: >Hat ein Kamel seine Nase einmal in ein Zelt gesteckt, steht es bald ganz drin. < Natürlich war es unverschämt, Stephens aristokratische Nase mit der eines Kamels zu vergleichen, aber er war im Laufe der letzten Woche erfolgreich ins Zelt eingedrungen - das hieß in diesem Fall in die Fitzgerald-Theatertruppe. Er schleppte schwere Requisiten, er hatte einen der Planwagen gelenkt, spielte kleine Nebenrollen und unterrichtete Brian in Latein, wenn Thomas keine Zeit hatte.
Seine Kopfwunde war inzwischen völlig verheilt, deshalb Vermutete Rosalind, daß er bei ihnen blieb, weil er sich hier einfach wohl fühlte. Jedenfalls wirkte er viel gelöster als anfangs.
Sie dachte oft sehnsüchtig an jenen herrlichen, atemberaubenden Kuß vor seinem Zimmer zurück. Seitdem vermieden sie es wohlweislich, irgendwo ganz unter sich zu sein. Wenn andere dabei waren,
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