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Fallen Angel 07 Tanz der Rose

Titel: Fallen Angel 07 Tanz der Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Jo Putney
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als die Brüder sich zuletzt gesehen hatten, war er in bester Verfassung gewesen.
    Andererseits starben Männer und Frauen in jedem Alter und aus den verschiedensten Gründen. Vielleicht war Stephens Uhr abgelaufen... Doch diese Vernunftargumente änderten nichts daran, daß Michael sich nicht damit abfinden konnte, seinen einzigen Bruder zu verlieren, kurz nachdem sie so gute Freunde geworden waren.
    Es grenzte an ein Wunder, daß Stephen sich so positiv entwickelt hatte, obwohl er als Erbe von ihrem Vater besonders schikaniert worden war, weil der alte Herzog ihn zu einem Ebenbild seiner selbst zurechtbiegen wollte. Michael hatte so wenig Zeit wie nur möglich in der Abtei verbracht, um einer emotionalen Verstümmelung zu entgehen, doch Stephen war aus härterem Holz geschnitzt. Michael hatte seinen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn, seine Güte und Stärke oft bewundert, und er hätte es nie für möglich gehalten, daß dieser so ausgeglichene Mann irrational handeln könnte.
    Der Lord schaute zu seinem Reisegefährten hinüber, der sich fröstelnd im Sattel duckte. Obwohl er wußte, daß es ungerecht war, machte er Blackmer insgeheim für Stephens Verschwinden verantwortlich. Der Arzt hätte seine Diagnose vorsichtiger formulieren oder ganz den Mund halten sollen. Aus seiner eigenen Erfahrung mit schwerverletzten Soldaten wußte Michael, daß es nicht zuletzt von der Gemütsverfassung abhing, ob jemand wieder gesund wurde oder nicht. Einem Mann ins Gesicht zu sagen, daß er demnächst sterben mußte, konnte viel dazu beitragen, den Tod zu beschleunigen. Absolute Ehrlichkeit war bei einem Arzt nicht immer angebracht.
    Obwohl sie nun schon seit zwei Wochen zusammen unterwegs waren, blieb Dr. Blackmer für Michael eine rätselhafte Gestalt. Er hatte keine Ahnung, was im Kopf des schweigsamen Arztes vorging - außer daß er sich große Sorgen um Stephen machte. Oder hatte er nur Angst, daß es sich negativ auf seine Praxis auswirken könnte, wenn er seinen prominentesten Patienten verlor?
    Eine müde Stimme unterbrach Michaels Gedanken. »Werden wir irgendwo eine Mittagspause einlegen? «
    »ln der nächsten Stadt - das ist Redminster, soviel ich weiß«, erwiderte Michael. »Die Pferde müssen sich ein, zwei Stunden erholen. Anschließend können wir bis zur Dunkelheit weiterreiten. «
    Blackmer verstummte wieder, bis sie am Spätnachmittag endlich Redminster erreichten. Es hatte aufgehört zu regnen, und eine bleiche Sonne spiegelte sich in den Pfützen. Kurz vor einem Gasthof namens Three Crowns mußte Michael sein Pferd herumreißen, um einem vier- oder fünfjährigen Mädchen auszuweichen, das hinter einem Ball auf die Straße gerannt kam. Die hübsche dunkelhaarige Mutter eilte aus dem Hof ihres Häuschens herbei, lächelte Michael entschuldigend zu und nahm die Kleine auf den Arm.
    Als sie vor dem Gasthof erschöpft abstiegen, verspürte der Lord leichte Gewissensbisse, daß er seinem Reisegefährten, der nicht an lange Feldzüge gewöhnt war, solche Strapazen zumutete. »Ich bringe die Pferde in den Stall«, sagte er. »Gehen Sie schon mal rein und bestellen uns etwas zu essen. «
    Ein Stallknecht mit einer Tonpfeife im Mund war damit beschäftigt, ein Pferdegeschirr zu polieren. Er lächelte Michael erfreut zu. »Schön, Sie wiederzusehen, Sir. Heute ist wirklich ein schrecklicher Tag, um unterwegs zu sein. «
    Michael wurde hellhörig. »Ich bin noch nie hier gewesen, aber vielleicht jemand, der mir ähnlich sieht? «
    Der Stallknecht schaute genauer hin und machte eine entschuldigende Geste mit seiner Pfeife. »O ja, vor ein paar Wochen hatten wir einen Gast, der so ausgesehen hat wie Sie - und auch sein Pferd sah Ihrem verdammt ähnlich. «
    »Ich versuche meinen Bruder zu finden, und unsere Pferde wurden vom selben Hengst gezeugt. «
    Der Knecht nickte zufrieden. »Ah, dann sind Sie auch ein Mr. Ashe. Übernachten Sie hier? «
    Mr. Ashe? Stephen reiste offenbar inkognito...
    »Nein, mein Begleiter und ich wollen hier nur essen, aber ich wäre dankbar, wenn Sie sich für ein, zwei Stunden um die Pferde kümmern würden. « Michael nahm seinen nassen Hut ab und fuhr sich durch die feuchten Haare. »Wissen Sie zufällig, wohin mein Bruder wollte? «
    Der Stallknecht überlegte mit gerunzelter Stirn. »Ich glaube, die Fitzgerald-Theatertruppe wollte als nächstes nach Whitcombe. «
    Michael hob die Brauen. »Theatertruppe? «
    »Ja, Ihr Bruder ist zusammen mit der Truppe aufgebrochen«, erklärte der Mann.

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