Fallen Angel 07 Tanz der Rose
« fragte er mit unüberhörbarer Verbitterung.
»Ist es so schrecklich, ein Herzog zu sein? «
Stephen zügelte seine Erregung. »In den zwei Jahren, seit ich den Titel geerbt habe, wurde mir allmählich klar, daß es viel angenehmer ist, selbst Herzog zu sein als nur der Sohn eines Herzogs. Jetzt kann ich fast alles tun, was mir gefällt - sogar vorübergehend in die Rolle eines Bürgerlichen schlüpfen. «
»Du hast es genossen, Mr. Ashe zu sein? «
Nach kurzem Zögern gab er zu: »Ich habe mich nie so wohl gefühlt wie im vergangenen Monat. Endlich durfte ich einmal nur ich selbst sein, ohne auf Schritt und Tritt beachten zu müssen, was sich für einen Herzog ziemt und was nicht. Ich kam mir wie ein Falke vor, der seine Fesseln abgestreift hat. «
Weil Rosalind spürte, daß dieses Thema ihr wichtige Aufschlüsse über seinen Charakter geben würde, bohrte sie weiter: »Und warum war es so schlimm, als Anwärter auf den Titel zu leben? «
Sein Gesicht verhärtete sich. »Seit meinem ersten Atemzug war ich Marquis von Benfield und wurde darauf vorbereitet, eines Tages Herzog von Ashburton zu sein. Ein solcher Junge darf niemals weinen, nicht aus Kummer über den Tod eines geliebten Haustiers und schon gar nicht vor Schmerz über die harten Prügel, die er oft bezieht. Er darf nicht mit Kindern einfacher Leute spielen. Er muß ein hervorragender Schüler sein und sich auch beim Sport hervortun. Er darf sich nicht beklagen, wenn er im Internat von älteren Schülern gequält wird. Er ist sich seiner Pflichten stets bewußt und entschuldigt sich nie bei Untergebenen. Er hat Respekt vor seinem König, auch wenn dieser Herrscher nur ein hochnäsiger Hannoveraner mit vulgärem Geschmack ist. Er befreundet sich nur mit Gleichgestellten, und er heiratet... « Stephen verstummte plötzlich.
Rosalind starrte ihn entsetzt an. »Das klingt ja grauenhaft! «
Stephen rieb sich unbewußt den schmerzenden Magen. »Du wirst bemerkt haben, daß diese Erziehung nicht in jeder Hinsicht geglückt ist. Mein Vater war immer erbost darüber, wie wenig Wert ich auf meinen hohen Rang legte. Er hielt mich für schwach und würdelos. « Er lächelte ironisch. »Wenn man seine Maßstäbe anlegt, stimmt das zweifellos. «
Trotzdem hatte dieser unerbittliche Drill tiefe Spuren hinterlassen - beispielsweise das Bedürfnis, seine Schmerzen um jeden Preis zu verbergen. Offenbar hatte nur ein angeborenes Gefühl für Gerechtigkeit und menschlichen Anstand ihn davor bewahrt, ein solches Ungeheuer zu werden, wie sein Vater gewesen zu sein schien. »War im herzoglichen Ehrenkodex Platz für die Liebe? «
Er schaute zum Fenster hinaus. »Nein, Liebe war nicht vorgesehen. Lust war durchaus erlaubt - beide Elternteile hatten zahlreiche Affären. Aber Liebe war ein Fremdwort. « Sein Kinnmuskel zuckte ein wenig. »Ich glaube, daß man Liebe wie eine Fremdsprache lernen muß, solange man jung ist, andernfalls wird man nie ein Gespür dafür bekommen. «
Wahrscheinlich hatte er auch seiner Frau nie sagen können, daß er sie liebte, dachte Rosalind mitleidig. Hoffentlich hatte die verstorbene Herzogin Verständnis für diese emotionale Abkapselung gehabt... »Nachdem du das alles erzählt hast, bin ich heilfroh, eine Bürgerliche zu sein. Aber du hast dich trotz allem sehr positiv entwickelt. «
»Du bedauerst also nicht, mich geheiratet zu haben? «
An seinen Augen konnte sie ablesen, wie wichtig ihm diese Frage war. Herrgott, warum redeten sie überhaupt über solche Nichtigkeiten, wenn ihnen so wenig Zeit für die wirklich wichtigen Dinge des Lebens blieb? »Natürlich nicht - ich beglückwünsche mich zu meinem glänzenden Instinkt! Ich dachte, du wärst nur ein verdammt attraktiver Mann, der mir den Kopf verdreht hat, und jetzt stellt sich heraus, daß ich auf dem Heiratsmarkt das große Los gezogen habe«, scherzte sie. »Im Augenblick bedaure ich nur, daß du viel zu weit von mir entfernt bist! «
»Das läßt sich leicht ändern. « Stephen stand auf, stieg über Portias Transportkiste hinweg und setzte sich neben Rosalind, was in der Kutsche enge Tuchfühlung bedeutete.
»Wohin fahren wir eigentlich, und wann werden wir dort ankommen? « erkundigte sie sich, während sie ihre Finger mit den seinen verflocht. »In dem ganzen Trubel habe ich ganz vergessen, dich danach zu fragen. «
»Ich habe ein kleines Haus am Meer, unweit von Chester. Es ist hübsch und gemütlich, und als Personal wird uns nur ein freundliches Ehepaar zur
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