Fallen Angel 07 Tanz der Rose
Verfügung stehen. Wir müßten gegen Sonnenuntergang ankommen. «
»Wieviel Häuser besitzt du eigentlich? « fragte sie neugierig.
Stephen mußte kurz überlegen. »Sechs. Erinnerst du dich noch daran, daß ich dich gefragt habe, ob dir eine Abtei gefallen könnte? In Ashburton Abbey, dem Familiensitz, gibt es Kreuzgänge und herrliche Gärten. Ich könnte mir vorstellen, daß du diesen Ort genauso lieben wirst wie ich. «
Rosalind, die nie ein eigenes Dach über dem Kopf gehabt hatte, wurde schwindelig bei dem Gedanken, nun plötzlich sechs Häuser zur Auswahl zu haben. Gleich darauf gähnte sie herzhaft und hielt sich rasch eine Hand vor den Mund. »Entschuldige bitte, aber ich habe letzte Nacht kaum geschlafen. «
Er schlang seinen rechten Arm um ihre Taille. »Du könntest mich als Kissen benutzen. «
Sie lehnte den Kopf an seine Schulter und schmiegte sich an ihn. Zum Teufel mit den Standesunterschieden -in Stephens Armen fühlte sie sich herrlich geborgen, und vor ihnen lag eine köstliche Liebesnacht.
Mit einem seligen Lächeln auf den Lippen schlief Rosalind ein.
Während die Kutsche eine anmutige Hügellandschaft durchquerte, genoß Stephen die Nähe seiner Frau. Er konnte sich nicht daran erinnern, jemals in seinem Leben zufriedener gewesen zu sein. In den letzten Wochen hatte er gelernt, ausschließlich in der Gegenwart zu leben, und deshalb wollte er auch dieses stille Glück voll auskosten.
Ein jäher Schmerz fuhr wie ein Blitz durch seinen Körper, und er mußte seine ganze Willenskraft aufbieten, um sich nicht wie ein Wurm zu krümmen. Nicht jetzt! Nicht heute!
Er zwang sich stillzuhalten, um Rosalind nicht zu wecken. Sie schlief so fest, daß sie weder seine verkrampften Muskeln noch den kalten Schweißausbruch wahrnahm, und ihre bloße Nähe linderte Stephens Qualen. Vorsichtig holte er mit der linken Hand eine Opiumpille aus der Tasche. Er hatte schon nach dem Hochzeitsfrühstück eine geschluckt, und eigentlich widerstrebte es ihm, sich nach so kurzer Zeit wieder zu betäuben. Wenn es dem Ende zuging, würde er vielleicht - wie so viele andere Menschen - um eine immer stärkere Dosis Opium betteln, weil die Schmerzen sonst nicht zu ertragen waren.
Im Augenblick wollte er aber in erster Linie Rosalind schonen. Ihr Hochzeitstag sollte nicht durch einen seiner Anfälle verdorben werden. Er würgte die Pille ohne Wasser hinunter und saß mit geschlossenen Augen da, bis die Wirkung einsetzte. Immerhin konnte er noch von Glück sagen, daß er sich nicht in der Kutsche erbrochen hatte...
Eine sanfte Hand streichelte Rosalinds Arm. »Aufwachen, Lady Caliban! Wir sind fast am Ziel. «
»Mmmmmm... « Sie döste in Stephens Arm zufrieden weiter, bis die Kutsche anhielt. Erst als etwas Kühles und Feuchtes ihre Wange berührte, öffnete sie widerwillig die Augen und sah Portia, die sanft ihre Nase anstupste. »Träume ich, oder sitzt wirklich eine Katze auf meiner Brust? «
»Ich habe sie rausgelassen, und nachdem sie eine Weile mit ihrem eigenen Schwanz gespielt hat, muß sie wohl festgestellt haben, daß du warm und behaglich aussiehst. « Seine Augen funkelten humorvoll. »Ich kann ihr nur voll und ganz zustimmen. «
Errötend setzte Rosalind sich aufrecht hin und streckte ihre verkrampften Muskeln. »Sind wir schon da? «
»So ist es. « Stephen sperrte Portia wieder in ihrer Kiste ein. »Du hast einen beneidenswert tiefen Schlaf, Liebling. Sogar die beiden Pferdewechsel konnten dich nicht aus der Ruhe bringen. «
»Wenn man ständig mit einer Wanderbühne unterwegs ist, lernt man, überall zu schlafen. « Rosalind warf einen Blick aus dem Fenster und hielt unwillkürlich den Atem an. Sanft abfallende Parkanlagen gingen in einen flachen Sandstrand über, und am Horizont ging gerade die Sonne über dem Meer unter und färbte die Wolken korallenrot. »Das ist traumhaft schön! Wie heißt der Ort? «
»Kirby Manor. Du blickst über die Mündung des Dee hinweg auf die Irische See. « Er sprang aus der Kutsche und half ihr beim Aussteigen. »Das Haus ist hinter uns. «
Stephen wollte sich umdrehen, aber sie hinderte ihn daran. »Das Haus kann warten. «
Schweigend beobachteten sie, wie die Sonne im Meer versank. Als der Himmel dunkel wurde, mußte Rosalind unwillkürlich an Stephens baldigen Tod denken, und ihre Kehle war wie zugeschnürt, als sie sich Kirby Manor zuwandte. Es war ein alter Fachwerkbau mit Butzenscheiben, die im letzten Tageslicht orangefarben schimmerten. Fasziniert
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