Fallen Angels 01 - Die Ankunft
okay. Aber geh nicht mit leeren Händen weg. Das darfst du mir nicht antun. Damit könnte ich nicht leben.«
In der folgenden angespannten Stille stellte er fest, dass er zum ersten Mal, seit er angefangen hatte, Geld zu verdienen, welches verschenkte. Oder zumindest versuchte, welches zu verschenken. In all den Jahren hatte er niemals wohltätige Zwecke jeglicher Art unterstützt - wenn er sich von Scheinen trennte, dann musste er schon etwas Handfestes als Gegenleistung bekommen, und immer mit Wertsteigerung.
»Du nimmst das jetzt«, murmelte er, »denn das hier hat nichts mit Rittern in schimmernder Rüstung zu tun. Ich versuche nicht, dich zu retten. Ich zahle eine Schuld zurück und gebe dir damit ein Werkzeug an die Hand, das du brauchen wirst, um dir eine bessere Zukunft aufzubauen.«
Als sie keine Antwort gab, tippte er auf eins der Bündel. »Sieh es doch so: Ich helfe dir nur, dir dein eigenes weißes Pferd zu kaufen … Gretchen, um Himmels willen, du musst das Geld annehmen.«
Der Mistkerl benutzte ihren richtigen Namen.
Zur Hölle mit ihm.
Mein Gott … es war so lange her, dass jemand sie Gretchen genannt hatte. Für Robbie war sie »Mama«. Für alle anderen Marie-Terese. Doch sie hatte ihren echten Namen immer geliebt, und jetzt, da sie ihn wieder hörte, wollte sie ihn zurückhaben.
Gretchen … Gretchen …
Sie beäugte das Geld. Vin hatte Recht. Wenn sie es annahm, dann hätte sie Bewegungsspielraum. Aber … wo lag der Unterschied zu früher? Er war trotz allem ein Mann, der ihr mit Geld aus der Klemme half.
Sie fühlte sich einfach nicht wohl dabei.
Also trat sie vor ihn hin und legte ihm die Hände ums Gesicht.
»Du bist ein wunderbarer, wunderbarer Mann, Vincent diPietro.« Sie zog seinen Mund auf ihre Lippen herab, und er folgte ihr bereitwillig, die Hände sanft auf ihre Schultern gelegt, als ihre Lippen sich trafen. »Und ich möchte dir danken.«
Freude flackerte in den harten Konturen seines Gesichts auf. Aber nur kurz.
»Diese Geste werde ich niemals vergessen«, ergänzte sie leise.
»Du musst nicht den harten Weg gehen.« Er zog die Augenbrauen fest zusammen. »Du …«
»Weißt du, genau das habe ich gelernt: Es ist jetzt schwer für mich, weil ich am Anfang versucht habe, den leichten Weg zu nehmen.« Lächelnd dachte sie, dass sie den Rest ihres Lebens nicht vergessen würde, wie er sie in diesem Augenblick ansah. »Das ist das Problem mit den weißen Pferden. Man muss sie selbst bezahlen, sonst wird man auch nie die eigenen Zügel benutzen.«
Eine kleine Ewigkeit lang betrachtete er sie. »Du brichst mir gerade das Herz, ehrlich wahr.« Dann festigte er kurz seinen Griff um ihre Schultern, ließ sie wieder los und trat zurück. »Es ist, als würde ich die Arme nach dir ausstrecken und dich anfassen, aber du bist schon weg.«
»Es tut mir leid.«
Er stellte sich neben den Tisch, auf dem das Geld lag. »Weißt du, ich habe das vorher noch nie begriffen, aber Geld ist im Endeffekt einfach nur Papier.«
»Ich komme schon zurecht.«
»Ach ja?« Er schüttelte den Kopf. »Entschuldige bitte, das kam falsch rüber.«
Doch er hatte ja Recht, wenn er besorgt war. Sie war es auch. »Ich melde mich bei dir.«
»Das fände ich schön. Hast du schon eine Ahnung, in welche Richtung du fahren willst?«
»Ich weiß es noch nicht, hab noch nicht groß darüber nachgedacht.«
»Was, wenn ich dir sagen würde, dass ich ein leeres Haus besitze, in dem du Unterschlupf finden könntest? Nicht in New York …« Abwehrend hielt er die Hände hoch, als sie ihn unterbrechen wollte. »Warte mal eine Minute. Es liegt in Connecticut, im Staat der Pferdezüchter. Ein Bauernhaus, aber unweit der Stadt, so dass du nicht völlig isoliert wärst. Du könntest ein paar Nächte dort bleiben, zu dir kommen, überlegen, wie dein nächster Schritt aussehen soll. Besser als ein Hotel, weil du keine Kreditkarte bräuchtest. Du könntest einfach heute nach Einbruch der Dunkelheit deine Wohnung verlassen, und in weniger als zwei Stunden wärst du da.«
Stirnrunzelnd dachte Marie-Terese über seinen Vorschlag nach.
»Kein Geschenk, kein Bargeld, keine Bedingungen«, sagte er. »Einfach nur ein Platz, an dem du und dein Sohn euer Haupt betten könnt. Und wenn du wieder abreisen willst, schließt du einfach die Tür ab und schickst mir den Schlüssel mit der Post.«
Marie-Terese spazierte zu den Fenstern im Esszimmer, ließ den fantastischen Blick auf sich wirken und versuchte, sich auszumalen, wie
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