Fallen Angels 01 - Die Ankunft
unangenehm in der Nase, sondern wandelte sich zu Frühlingsduft, Wiesenfrische.
Schließlich zog Eddie die Hände aus der Flüssigkeit, wischte sie an seiner Jeans ab, fasste dann in seine Jacke und holte zwei kristallene …
»Sind das Pistolen?«, fragte Jim verwundert.
»So ist es.« Eddie zog den Stöpsel aus der ersten und tauchte sie im Waschbecken unter. Die an die Oberfläche blubbernden Blasen zeigten an, wann der Hohlraum voll war. Er gab Jim die Waffe. »Steck dir die in dein Holster. Im Gegensatz zu deiner Knarre kann das Zeug ihr nämlich tatsächlich etwas anhaben.«
Während Eddie die zweite für sich selbst befüllte, inspizierte Jim die feuchte, durchsichtige Pistole von allen Seiten. Die Waffe war ein verdammtes Kunstwerk, vermutlich aus einem Bergkristall gefertigt und präzise konstruiert. Er zielte auf die Badezimmerwand und drückte ab. Ein dünner, fester Strahl der Lösung landete exakt an der Stelle, die er anvisiert hatte.
»Nicht übel«, murmelte er und legte seine SIG weg.
»Ich zeige dir bald mal, wie man sie macht«, versprach Eddie, während er seine Pistole zustöpselte und hinten in den Hosenbund steckte. »Dass du gut schnitzen kannst, wird dir dabei zugutekommen.«
Drüben im ehemaligen Kinderzimmer lief Vin unruhig auf und ab, während Marie-Terese auf dem Bett saß. Eddie zog seine Jacke aus und wühlte erneut in den Supermarkttüten, die nun weitgehend leer waren.
Er fand den frischen Salbei, öffnete die Plastikverpackung und gab Marie-Terese einen Strauß Blätter. »Das hältst du schön fest und verhältst dich ruhig. Egal, was du siehst oder was auch passiert, du lässt den Strauß nicht fallen. Du musst ihn zwischen beide Handflächen pressen, dann bietet er dir etwas Schutz.«
»Und was soll ich machen?«, meldete sich Vin ungeduldig.
Eddie sah ihn über die Schulter hinweg an. »Du ziehst dich aus.«
Achtunddreißig
Beim letzten Mal, als Vin sich vor Publikum ausgezogen hatte, war der Kontext ein völlig anderer gewesen.
Als er sein Hemd und die Hose und die Boxershorts auf die Kommode warf, achtete er darauf, seine Pistole ganz oben auf den Stapel zu legen. Dann drehte er sich wieder um und war bereit, was auch immer das hier werden würde hinter sich zu bringen. Komisch, er war nur einmal in seinem Leben operiert worden, vor ungefähr zehn Jahren. Damals hatte er sich das Knie reparieren lassen müssen, nachdem er jahrelang damit Basketball und Tennis gespielt hatte und gejoggt war. Jetzt fühlte er sich ganz genauso: Er wollte wieder zurück zum Normalzustand. Hoffte, dass das Endergebnis, wenn der Schmerz erst einmal verklungen war, das gewünschte wäre.
Verstohlen schielte er zu Marie-Terese hinüber. Sie saß absolut regungslos auf dem Bett und hielt die frischen Salbeizweiglein zwischen den Händen, so dass die flauschigen Blätter über ihre Daumen hingen und unten die Enden hervorlugten. Als ihre Blicke sich begegneten, musste er einfach noch einmal zu ihr gehen und sie rasch auf den Mund küssen. Trotz ihrer Angst war sie stark, und sosehr er sich auch wünschte, sie aus alldem heraushalten zu können, stimmte er Adrian doch zu. Kein Risiko. Bei ihr durfte er niemals ein Risiko eingehen, und deshalb mussten sie die Eventualität berücksichtigen, dass Devina diesen Ohrring mitgenommen hatte.
Eddie holte einen Kompass und vier weiße Kerzen hervor, und nachdem er pfadfindermäßig die Himmelsrichtungen bestimmt hatte, markierten er und Jim mit den Kerzen Nord, Süd, Ost und West auf dem nackten Fußboden. Dann wurde noch mehr Salz im Kreis um die Anordnung verstreut. Der Ring, den sie zogen, war ordentlicher als der, den Vin vor zwanzig Jahren gemacht hatte, das musste er schon zugeben, aber er hatte sich ja auch beeilen müssen. Man wusste nie, wie lange seine Eltern ihren Rausch ausschlafen würden.
»Wie gesagt, was du damals gemacht hast, war ein Besessenheitsritual«, erklärte Eddie, während er die vier Dochte einen nach dem anderen anzündete. »Du hast ihr drei Elemente deiner selbst als Mann angeboten - Haar, Blut und … na, du weißt schon. Sie hat die Gaben angenommen und quasi ihre Zelte unter deiner spirituellen Haut aufgeschlagen, wenn ich das mal so formulieren darf. Und wir werden dich jetzt von ihr reinigen.«
»Was das betrifft«, unterbrach Vin ihn, »können wir uns nicht trotzdem erst um Marie-Terese kümmern und später um mich?«
»Auf dir liegt hier der Schwerpunkt. Du hast Devina zu dir gerufen. Außerdem ist
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