Fallen Angels 02 - Der Dämon
Fünfergruppen sortiert. Es mussten mindestens zehn Stück sein ...
»Das sind ja ...« Sie konnte den Rest des Satzes nicht aussprechen.
»Neunundvierzig. Und ehe du glaubst, ich würde verherrlichen, was ich getan habe: Jeder von uns hat so etwas auf der Haut. Das ist nicht freiwillig.«
Das waren beinahe zehn pro Jahr. Einer im Monat. Von seiner Hand geraubte Leben.
Mit einem Ruck zog lsaac Jacke und Sweatshirt wieder nach unten - was auch gut war. Dieses Tattoo war zu schrecklich.
Jetzt drehte er sich zu ihr um und sah ihr direkt in die Augen, er schien auf eine Reaktion zu warten.
Grier konnte nur an Daniel denken ... mein Gott, Daniel. Ihr Bruder war ein Strich auf dem Rücken eines oder mehrerer dieser Soldaten, eine von einer Nadel gezogene schmale Linie, in Tinte verewigt.
Sie war von seinem Tod auch tätowiert worden. Innerlich. Sein Anblick, tot und steif - und jetzt auch noch zusätzlich das Wissen um die Ereignisse in jener Nacht -, war für immer in ihr Gedächtnis gestanzt.
Und das Gleiche galt für das, was sie über das andere Leben ihres Vaters erfahren hatte. Und Isaacs.
Grier stützte die Hände auf die Knie und schüttelte den Kopf. »Ich habe nichts zu sagen.«
»Das kann ich dir nicht verübeln. Ich werde jetzt gehen ...«
»Was deine Vergangenheit betrifft.«
Erneut schüttelte sie den Kopf. Seit dem Moment, als sie in das Besprechungszimmer des Gefängnisses getreten war, hatte sie sich in einem Wirbelsturm befunden. Gefangen in einem wilden Strudel, hatte sie sich schneller und schneller gedreht, von der Begegnung mit dem Mann mit der Augenklappe über den Sex mit lsaac und den Showdown mit ihrem Vater ... bis hin zu dem Augenblick, als lsaac den Selbstzerstörungsknopf so unabwendbar gedrückt hatte, als hätte er den Stift aus einer Handgranate gezogen.
Aber komischerweise hatte sie in genau dem Moment das Gefühl gehabt, der Sturm wäre aus und vorbei, der Tornado wäre zum nächsten Getreidefeld weitergezogen.
Im Nachhinein kam Grier alles so einfach und klar vor.
Sie zuckte die Schultern, ohne den Blick von ihm zu wenden. »Über deine Vergangenheit kann ich eigentlich nichts sagen ... aber hinsichtlich deiner Zukunft habe ich durchaus eine Meinung.« Sie atmete langsam und lange aus, was sich so erschöpft anhörte, wie sie sich fühlte. »Ich finde nicht, dass du dich ausliefern und umbringen lassen solltest. Nichts kann wiedergutmachen, was du getan hast, aber das brauche ich dir nicht zu sagen. Das alles wird dich dein Leben lang verfolgen - es ist ein Gespenst, das dich niemals in Ruhe lassen wird.«
Und die dunklen Schatten in seinen Augen verrieten ihr, dass er das besser als jeder andere wusste.
»Um ehrlich zu sein, lsaac, ich halte dich für einen Feigling.« Er riss die Augen auf, und sie nickte. »Es ist so viel schwieriger, mit dem zu leben, was du getan hast, als mit einem Riesenknall selbstgerechter Herrlichkeit abzutreten. Hast du schon einmal von Selbstmord durch die Polizei gehört? Das ist, wenn ein in die Ecke gedrängter, bewaffneter Verbrecher einen Schuss auf eine Polizeisperre abfeuert und dadurch die Beamten zwingt, ihn mit Blei vollzupumpen. Das machen Leute, denen die Kraft fehlt, sich ihrer verdienten Bestrafung zu stellen. Und der Knopf, den du gedrückt hast, bedeutet exakt das Gleiche. Stimmt doch.«
Die plötzliche Verschlossenheit in seinem Gesicht, die Maske, zu der seine Miene sich verzog, zeigte ihr, dass sie ins Schwarze getroffen hatte.
»Tapfer wäre«, fuhr sie fort, »derjenige zu sein, der aufsteht und die Organisation entlarvt. Das wäre die richtige Handlungsweise. Das Böse, das du gesehen und getan und verkörpert hast, ans Licht zu bringen, wie es sonst niemand kann. Das ist der einzige Weg, Wiedergutmachung zu leisten. Meine Güte ... du könntest diese ganze verfluchte Sache stoppen ...«Ihre Stimme brach beim Gedanken an ihren Bruder. »Du könntest es stoppen und dafür sorgen, dass niemand sonst mehr dort hineingezogen wird. Du könntest helfen, die Beteiligten zu finden und sie zur Verantwortung zu ziehen. Das ... das wäre wichtig und sinnvoll. Im Gegensatz zu diesem selbstmörderischen Blödsinn. Der überhaupt nichts löst, nichts besser macht ...«
Grier stand auf, klappte ihren Koffer zu und ließ die Messingschlösser fest einschnappen. »Ich bin mit nichts von dem, was du getan hast, einverstanden. Aber du hast genug Gewissen in dir, um aussteigen zu wollen. Die Frage ist, ob dieser Impuls dich auf die
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