Fallen Angels 02 - Der Dämon
nächste Stufe führen kann - und das hat nichts mit deiner Vergangenheit zu tun. Oder mit mir.«
Manchmal war eine Reflexion seiner selbst genau das, was man brauchte, dachte lsaac. Und er sprach jetzt nicht von »Spieglein, Spieglein an der Wand«.
Eher im Sinne von »in den Augen anderer«.
lsaac war sich nicht sicher, was der größere Schock war: dass Grier absolut Recht hatte oder dass er geneigt war, ihrem Vorschlag zu folgen.
Die Quintessenz? Sie lag genau richtig: Er war auf Selbstmordkurs, seit er aus seiner Truppe getürmt war, und er war nicht der Typ, der sich im Badezimmer erhängte - nein, es war ja viel männlicher, von einem Kameraden über den Haufen geschossen zu werden.
Was für ein Schlappschwanz er doch war.
Aber davon einmal abgesehen, war er nicht sicher, wie das mit dem Aufdecken funktionieren sollte. Mit wem sollte er sprechen? Wem konnte er trauen? Und er hätte zwar kein Problem damit, alles über Matthias und dessen rechte Hand auszuplaudern, aber er würde auf keinen Fall die Identitäten der anderen Soldaten, mit denen er gearbeitet hatte oder von denen er wusste, preisgeben. Unter Matthias' Kommando waren die X-Ops außer Kontrolle geraten, und der Mann musste aufgehalten werden - aber die Organisation war nicht durch und durch böse, sondern leistete dem Land auch einen notwendigen und wichtigen Dienst. Zudem ahnte er, dass - sollte ihrer aller Boss aus dem Verkehr gezogen werden - die meisten der ganz Harten wie lsaac sich wie Rauch in einer kalten Nacht im Äther auflösen würden, um niemals wieder zu tun, was sie getan hatten, oder auch nur davon zu sprechen: Es gab viele wie ihn, die aussteigen wollten, aber von Matthias auf die eine oder andere Weise festgehalten wurden - und das wusste er, weil Jim Herons Entlassung so viel Aufsehen erregt hatte.
Apropos ...
Er musste Heron erreichen. Wenn es eine Möglichkeit gab, das hier durchzuziehen, dann müsste er sie mit ihm besprechen.
Und auch mit Griers Vater.
»Ruf deinen Vater an«, sagte er schließlich zu Grier. »Er soll zurückkommen. Sofort.« Als sie den Mund aufmachte, schnitt er ihr das Wort ab. »Ich weiß, das ist viel verlangt, aber wenn es eine andere Lösung gibt, dann hat er garantiert bessere Kontakte als ich - denn ich hab überhaupt keine. Und was deinen Bruder betrifft - Scheiße, das ist total schrecklich, und es tut mir sehr leid. Aber was mit ihm passiert ist, war die Schuld eines anderen - nicht das Werk deines Vaters. Das ist es doch. Wenn man rekrutiert wird, sagen sie einem gar nichts, und bis man dann hinter die Wahrheit gekommen ist, ist es schon zu spät. Dein Vater ist viel unschuldiger in dieser ganzen Sache als ich, und er hat einen Sohn deswegen verlieren müssen. Du bist wütend und am Ende, und das kann ich nachvollziehen. Aber er auch - und das hast du mit eigenen Augen gesehen.«
Obwohl Griers Miene unverändert abweisend blieb, stiegen ihr die Tränen in die Augen, daher wusste er, dass sie ihm zuhörte.
Jetzt griff lsaac nach dem Telefon auf dem Nachttisch und streckte es ihr hin. »Ich bitte dich nicht, ihm zu verzeihen. Aber du darfst ihn nicht hassen. Wenn du das tust, hat er beide Kinder verloren.«
»Das hat er doch schon.« Grier fuhr sich rasch mit der Hand über die Augen und wischte die Tränen ab. »Ich habe keine Familie mehr. Mein Bruder und meine Mutter sind tot. Und mein Vater ... Ich kann seinen Anblick nicht ertragen. Ich bin ganz allein.«
»Nein, das bist du nicht.« Er wedelte mit dem Hörer. »Er ist nur einen Anruf entfernt - und er ist alles, was du noch hast. Wenn ich stark sein kann ... kannst du es auch.«
Klar, mit seiner Idee, sich ihrem Vater anzuvertrauen, ging er ein Risiko ein, aber die Wahrheit war doch, dass Childes und seine eigenen Interessen sich deckten: Sie wollten ihn, lsaac, beide möglichst weit von Grier fernhalten.
Er sah Grier fest in die Augen, versuchte, ihr Kraft zu geben, und ihm war nur zu bewusst, warum das so wichtig für ihn war: Wie üblich war er selbstsüchtig. Falls er tatsächlich vor einem Richter oder Untersuchungsausschuss auspackte, dann würde er wohl noch ein Weilchen am Leben bleiben; für sie aber wäre er im Prinzip tot, sobald er in ein Zeugenschutzprogramm eingeschleust würde. Daher wäre ihr Vater die beste Möglichkeit, auf sie aufzupassen.
Die einzige Möglichkeit.
»Der Böse in dieser ganzen Angelegenheit«, sprach er jetzt weiter, »ist der Mann, dem du in meiner Küche begegnet bist. Er ist der wahre
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