Fallen Angels 02 - Der Dämon
sorge dafür, dass niemand verletzt wird.«
Damit drückte Matthias den Knopf mit dem roten Hörer und schleuderte das Handy auf den Beifahrersitz.
Er hatte Mühe, das Auto auf der Spur zu halten, weil der Schmerz unter seinen Rippen auf ein nicht auszuhaltendes Maß anwuchs. Wegen der Heftigkeit der Attacke überlegte er kurz, ob er nicht einfach zurück zum Flughafen von Caldwell steuern sollte, aber dann beschloss er, weiterzufahren, denn er musste sich irgendwie wieder in den Griff kriegen, und das brauchte seine Zeit. Und Ungestörtheit.
Die Hand fest auf die linke Brust gedrückt, hielt er am Straßenrand und bemühte sich, durch den Schmerz hindurchzuatmen. Was nicht besonders viel half ... sodass er sich tatsächlich kurz fragte, ob er das war. Der Große. Der Infarkt, der ihn umbringen würde, so wie damals seinen Vater.
Mit einem Blick durch die Windschutzscheibe stellte Matthias fest, dass er vor einer Kirche stand.
Ohne besonderen Anlass stellte er den Motor ab, nahm seinen Stock und stieg aus. Seit Jahren war er an keinem Ort gewesen, der auch nur entfernt mit Gott zu tun hatte, und jetzt auf die riesige Flügeltür zuzuhumpeln, kam ihm ... falsch vor, in vielerlei Hinsicht. Vor allem bei dem, was in Boston auf ihn wartete. Aber sein Vize brauchte Zeit, um alles zu arrangieren, und Matthias ... brauchte Zeit, damit sein Herzinfarkt ihn entweder ein für alle Mal ins Grab beförderte oder endlich die verfluchte Klappe hielt.
Im Inneren der Kirche war es warm, und es roch nach Weihrauch und Zitronenfußbodenpolitur. Der Kasten war riesengroß, Hunderte und Aberhunderte von Bänken erstreckten sich vom Altar aus in drei Richtungen.
Matthias schaffte es nicht bis ganz nach hinten. Auf halbem Weg brach er zusammen und fiel praktisch auf eine Holzbank.
Er schob sich den Stock zwischen die Knie, sah zum Kruzifix auf ... und begann zu weinen.
Sechsunddreißig
Nachdem er das Gespräch mit Matthias beendet hatte, schob sich Isaac den Notrufsender ins Sweatshirt. Eigentlich hätte er das Ding lieber auf den Tisch gelegt und mit der Faust zertrümmert. Und dann vielleicht die Einzelteile abgefackelt.
Die Hände auf die Spüle gestützt, verlagerte er das Gewicht auf seine Schultern und starrte in den Garten hinaus. Fast acht Uhr morgens, und alles war noch stockdunkel, weil die Häuser der Nachbarschaft so dicht zusammenstanden. Keine Ahnung, ob Jims Kollegen noch da draußen waren. Kein Wort von Jim.
Aber momentan hatte Isaac auch andere Probleme.
Scheiße. Alles in allem war es nicht gerade überraschend, dass Matthias clever genug war, misstrauisch zu sein. Aber mit dem, was hoffentlich reine Spekulation war, hatte sein ehemaliger Boss den Nagel auf den Kopf getroffen, und das brachte Isaac in eine Zwickmühle: Wenn er jetzt abhaute, ging er das Risiko ein, dass Grier und ihr Vater massakriert wurden. Wenn er aber blieb ... würden sie wahrscheinlich gezwungen, ihm beim Sterben zuzusehen.
Scheiß. Dreck.
»Sie haben sich bei dir gemeldet.«
Er blickte sich über die Schulter. Grier kam gerade aus der Dusche, ihre Haare waren offen und trockneten an der Luft.
»Isaac.« Ihre Miene wurde ernst. »Haben Sie sich bei dir gemeldet?«
»Nein«, sagte er. »Noch nicht.«
Um der Lüge Gewicht zu verleihen, zog er den Sender heraus und ließ ihn an der Kette baumeln, darauf bauend, dass Grier nicht bemerken würde, dass das Licht nicht mehr leuchtete.
»Funktioniert das Ding überhaupt?«
»Ja.« Er steckte es weg, als sie näher kam. »Was macht dein Vater?«
»Hängt wieder am Telefon, im Klo.« Sie schielte nach der Uhr. »Mein Gott, ich dachte schon, die letzte Nacht würde nie enden.«
»Ich wünschte nur, Jim würde endlich auftauchen«, sagte er, während sie Kaffee aufsetzte.
»Glaubst du ... er ist wirklich tot?«
Inzwischen - vielleicht. »Nein.«
lsaac setzte sich auf einen Hocker und sah ihr zu, wie sie Kaffeepulver in den Filter löffelte. Das Sonnenlicht auf ihrem Gesicht, während sie diese Routinehandgriffe ausübte, trieben ihm die Tränen in die Augen, so schön sah sie aus.
Im Nachhinein konnte er nicht fassen, dass er wirklich mit ihr geschlafen hatte - und das hatte jetzt nichts damit zu tun, dass er nicht gut genug für sie war. Das verstand sich ja von selbst. Aber der ganze heiße, krasse Sex kam ihm vor wie ein Traum. Nun war sie sauber, roch nach Shampoo statt nach seinem Schweiß, ihre Haare waren glatt, das Gesicht nicht länger gerötet.
Sie raubte ihm den Atem.
Weitere Kostenlose Bücher