Fallen Angels 03 - Der Rebell
gefallen. Sie kam aus einer stabilen Familie. War eine fröhliche junge Frau gewesen. Mit strahlender Zukunft. Bis das Schicksal wie ein Sattelschlepper in ihr Leben gedonnert war und es ausgelöscht hatte.
»Dürfen wir uns die Bilder dort mal ansehen?«, fragte Veck in einer kurzen Pause zwischen den Erzählungen.
»Bitte, gern.«
Er stand auf und ging zu den Regalen zu beiden Seiten des gewölbten Fensters, das zur Straße führte, hinüber. Zwei Kinder waren auf den Fotos zu sehen. Das andere war eine jüngere Schwester. Es gab Fotos von Abschlussfeiern und Geburtstagspartys, von Leichtathletikwettkämpfen und Feldhockeyspielen … Familienfesten und Hochzeiten … Weihnachten.
Diese Galerie flößte ihm eine seltsame Ehrfurcht ein. Mannomann, das war das Beste, was Normalität zu bieten hatte, und er musste daran denken, dass in seinem Elternhaus nichts davon vorhanden gewesen war – weder die glücklichen Zeiten noch die Bilder, um sie zur Schau zu stellen. Die Augenblicke, die er und seine Mutter miteinander erleben mussten, wollte man niemandem zeigen. Und erinnern wollte man sich an sie auch nicht.
Er nahm einen der Bilderrahmen in die Hand. Cecilia stand neben ihrem Vater, sie hatte sich bei ihm untergehakt und ihre Hand auf seinen Rücken gelegt.
Hauptsächlich sah sie ihrer Mutter ähnlich, hatte aber auch ein wenig von ihrem Vater. In jedem Fall war unverkennbar, wessen Kind sie war.
»… rief bei Ihnen an?«, hörte er Reilly und konzentrierte sich wieder auf das Gespräch.
»Genau«, sagte Mrs Barten. »Gegen neun hat sie das Haus verlassen. Ich war zu diesem Zeitpunkt gerade am Fuß operiert worden, wegen meiner Hammerzehen …« Kurz verlor sie den Faden, und Veck hätte wetten mögen, dass sie sich in die Zeit zurückwünschte, als ihre einzige Sorge in der Frage bestand, welcher Schuh noch passte.
Und vielleicht machte sie sich auch Vorwürfe.
Jetzt schüttelte sie den Kopf und fasste sich wieder. »Ich war ziemlich unbeweglich. Also hatte ich ihr einen Einkaufszettel geschrieben und … sie rief aus dem Supermarkt an. Sie wusste nicht, ob ich rote oder grüne Paprika brauchte. Ich wollte rote, weil ich …« Tränen stiegen ihr in die Augen und wurden heftig weggeblinzelt. »Auf jeden Fall war das das Letzte, was ich von ihr gehört habe.«
Veck stellte das Foto zurück ins Regal. Als er sich wieder neben Heron setzte, runzelte er die Stirn; der Mann starrte die Mutter des Opfers so eindringlich an wie eine Filmkamera, als würde er jedes Zucken ihrer Augen, jedes Verziehen ihres Mundes lesen und aufzeichnen.
Vecks inneres Radar piepte wie verrückt, allerdings wusste er nicht, ob das vermisste Mädchen ihn auslöste, ihre traurige, liebenswerte Mutter oder dieser massige Mann, der aussah, als könnte er mit seinem harten, brennenden Blick Feuer entzünden.
»Wenn Sie mir die Unterbrechung gestatten«, sagte Veck. »Hatte sie einen Freund?«
Aus dem Augenwinkel sah er, wie Herons Hände sich auf seinen Oberschenkeln verkrampften.
»Nein. Natürlich hatte sie männliche Freunde und auch hier und da mal eine Verabredung, aber nichts Ernstes. Zumindest weiß ich von nichts – und im Allgemeinen hat sie mir recht viel erzählt.«
Herons Hände lockerten sich abrupt.
»Möchten Sie etwas fragen?«, sprach Veck den Agenten an.
Ein langes Schweigen folgte. Kurz bevor es wirklich unbehaglich wurde, sagte der Mann mit tiefer, leiser Stimme: »Mrs Barten, ich werde sie Ihnen nach Hause bringen. So oder so werde ich Sie Ihnen zurückholen.«
Veck zuckte zusammen und dachte: Scheiße, fang bloß nicht mit so etwas an, Kollege. »Ähm, was er damit meint, ist …«
»Ist schon gut.« Mrs Barten legte sich die Hand auf den Hals. »Ich mache mir nichts vor. Ich weiß, dass sie … nicht mehr unter uns ist. Eine Mutter spürt die Kälte im Herzen. Wir wollen nur erfahren, was passiert ist und … sie angemessen zur Ruhe betten.«
»Sie bekommen sie zurück, das schwöre ich.«
Jetzt bekam Mrs Bartens Stimme einen erstickten Klang, was auch nicht weiter verwunderlich war. Dieser Heron-Bursche wirkte wie ein Krieger auf Vergeltungsfeldzug, mehr Rächer als FBI -Agent.
»Danke … Ihnen allen.«
Unauffällig sah Veck auf die Uhr. »Entschuldigen Sie uns bitte, meine Partnerin und ich müssen noch zum Supermarkt. Der Filialleiter sagte, er würde heute früh gehen.«
»Aber ja, selbstverständlich.«
Heron half Mrs Barten auf. »Hätten Sie etwas dagegen, wenn ich einen Blick in Cecilias
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