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Fallende Schatten

Titel: Fallende Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gemma O'Connor
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Jedenfalls werde ich mich um dich kümmern. Mache ich das nicht immer? Komm schon. Gehen wir.«
    Sie sah aus wie die heilige Johanna, wie versteinert von ihren heroischen Worten. Hinter ihr der Himmel stand in Flammen.

5
    Der Widerhall der Explosion ließ das Haus erzittern, als Lily Sweetman flink, fast unhörbar die vier Treppen in den schmuddeligen Flur hinunterlief, wo sie unschlüssig stehen blieb und lauschte. Die Bewohner der anderen drei Wohnungen konnte sie zwar hören, aber noch hatte keiner von ihnen sich blicken lassen. Sie trug ein Baby oder zumindest etwas, das wie ein Baby aussah, in eine schäbige, handgestrickte blaue Decke gehüllt. Vorsichtig öffnete sie die Tür und spähte hinaus. Ein seltsames Schweigen hatte sich über die Straße gesenkt. Nur den Toten konnte sie erkennen, der zusammengekrümmt auf dem Gehsteig lag. Die dunkle Gestalt, die sie vorhin auf dem kleinen Rasenfleck vor Nummer elf bemerkt hatte, war verschwunden. Als sie den Hals reckte, vermeinte sie zu sehen, daß die Haustür nur angelehnt war. Sie schlich hinaus, blieb schweigend im Schatten des Eingangs stehen und schaute sich um.
    Leute lehnten sich aus den Fenstern und starrten mit erstaunt aufgerissenem Mund nach oben. Etliche rüttelten mit den Fingern in den Ohren, als hätten die Explosionen sie taub gemacht. Hinter einem sich bauschenden Rauchschleier stand der Himmel in Flammen. Reglos verharrten sie scheinbar eine Ewigkeit so, bis Dolly Brennan, die sich immer noch im ersten Stock von Nummer zehn aus dem Fenster beugte, erneut nach der Polizei kreischte.
    Die Nachbarn begannen einander gute Ratschläge zuzurufen. Erst nachdem sie eine Zeit lang gestritten hatten, wurde ihnen allmählich klar, die Explosion und der Tod Reynolds hatten nichts miteinander zu tun, hingen keineswegs wie Ursache und Wirkung miteinander zusammen. Mit der der einzigen Hausbesitzerin unter ihnen angemessenen Autorität tauchte nun Dolly aus ihrer Wohnung auf; sie hatte einen alten schwarzen Umhang über ihr Nachthemd geworfen und schrie nach der Polizei.
    »Warum holst du sie nicht selber?« rief eine Frau herausfordernd.
    »Siehst du denn nicht, daß ich mein Nachtgewand anhabe?« brüllte Dolly zurück. »Möchtest wohl, daß die mich einlochen?«
    »’n prima Witz, Missus.«
    »Wo ist das nächste Telefon?« mischte eine etwas besonnenere Stimme sich ein.
    »Drunten in der Lotts Road.«
    »Bis dort ist es ja meilenweit.«
    Es war klar, irgend jemand mußte los und die Wache holen. Die Daedalian Road, im Königreich Reynolds’ gelegen, war bar jeglichen häuslichen Luxus’; vor allem Telefone gab es keine. Oder sanitäre Installationen in den Häusern, fügte ein Witzbold hinzu. Als Lily sie so kichern hörte, glaubte sie eine merkwürdige Stimmung der Erleichterung zu spüren.
    Dolly Brennan bezog als eine Art Wachposten neben dem Toten Stellung. Erneut besprachen die Leute sich.
    Kein Mensch achtete auf Lily. Aber das tat ja nie jemand. Da sie klein, mager und zart war, betrachtete man sie als ein Kind und folglich nicht weiter von Bedeutung. In Wirklichkeit war sie fast fünfzehn und über ihr Alter hinaus gescheit und reif. Zu ihrem eigenen Vorteil und um zu überleben, tat sie jedoch so, als sei sie noch ein Kind. Sie war ärmlich gekleidet und sah halb verhungert und verängstigt aus. Blickte man jedoch genauer hin, so bemerkte man, daß sie hübsch war, fast wie eine Puppe, mit riesigen, ernsten blaugrauen Augen und einem Wust dunkellockiger Haare, denen eine gründliche Wäsche nicht geschadet hätte. Sie trug ein langes graugrünes Nachthemd aus Baumwolle und war barfuß.
    Ihre durchdringenden Augen waren überall, hierhin und dorthin schoß ihr Blick, als sie das Ding suchte, das der Junge fallen lassen hatte, als er davongerannt war; in dem Augenblick war es im Licht aus der Wohnung der Brennans oder vielleicht auch im Schein der Explosion kurz zu sehen gewesen. Sie hoffte nur, Dolly Brennan hatte es nicht auch erblickt.
    Eine Nachbarin gesellte sich zu Dolly; beide knieten sie neben dem Toten nieder und sprachen mit fromm gefalteten Händen und gesenkten Köpfen das Bußgebet. Lily Sweetman preßte ihr Gesicht an die Baby decke und lachte freudlos. Dort, wo Buller Reynolds jetzt hinging, bräuchte er mehr als ein geflüstertes Sündenbekenntnis.
    Aus der Wohnung im Erdgeschoß von Nummer zwölf, zwei Türen von den Brennans entfernt, tauchte Mr. Alphonsus Kelly auf und schob sein Fahrrad neben sich her.
    Mit seiner lauten

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