Falling in love
wider. Ich kann fast hören, wie er an den Wänden bricht. Dann verklingt er.
Keiner rührt sich. Keiner klatscht. Keiner tut irgendwas.
Es herrscht absolute Stille.
Was sollen wir jetzt machen? Wie die letzten Schwachköpfe das Publikum anstarren? So tun, als wäre diese Reaktion völlig normal? Oder so schnell wie möglich die Bühne verlassen?
Ich wäre für die dritte Möglichkeit.
Dann beginnt jemand zu klatschen. Ein paar Leute schließen sich an. Der Applaus wird lauter, aber richtig begeistert klingt das nicht. Eher höflich.
Ohne ein Wort packen wir unseren Kram zusammen. Hinter der Bühne schnappt Josh sich ein Handtuch und wischt sich den Schweiß vom Gesicht. Dann pfeffert er das Handtuch auf den Boden.
»Die verstehen einfach nichts von guter Musik.« Josh versetzt dem Handtuch einen Tritt. »Mir sind fast die Arme abgefallen!«
»Ich habe gleich gesagt, dass wir Heaven spielen sollen«, meint Mike.
»Aber der Song ist total abgenudelt«, sage ich. »Den kann jeder spielen.«
»Genau darum geht es. Mit einem Song, den alle kennen, hätten wir eine Chance gehabt.«
»Bad Company ist genial!«, platzt Josh heraus. »Die da draußen haben keine Ahnung, worauf der Scheiß, den sie so hören, zurückgeht.«
»Wir haben gerockt«, sage ich. »Der Gig war super. Und erst die Jamsession am Ende…«
Aber Josh schüttelt den Kopf und bedenkt das Handtuchknäuel mit einem traurigen Blick.
»Ich weiß nicht.« Mike wischt sich den Schweiß von der Stirn. »Das war unsere Chance, allen zu zeigen, was wir draufhaben, und wir haben es verkackt.«
Josh schaut ihn an. »Haben wir nicht.«
»Egal.«
»Wisst ihr noch, als Wild Moon Swings erschien?«, sage ich. »Die Scheibe hat nur schlechte Kritiken bekommen, aber das hat The Cure nicht zu einer schlechteren Band gemacht. Was die Schwachmaten da draußen denken, ist doch egal.«
Das scheint Mike nicht zu überzeugen. »Als ob man uns mit The Cure vergleichen könnte.«
Wir bleiben backstage und hören uns die anderen Bands an. Zeitgeist ist ganz gut, aber irgendjemand muss Julian mal sagen, dass man nicht sehr weit kommt, wenn man immer nur Coldplay covert. Marcos Auftritt dagegen ist zum Fürchten. Der Text seines Songs ergibt keinen Sinn und von seinem Rhythmusgefühl wird mir ganz schlecht. Ich finde, wir müssten wenigstens einen ehrenvollen dritten Platz belegen.
»Okay, Leute!«, ruft Eddie ins Mikro. »Zeit, die Gewinner zu küren!«
Der Gewinner wird nach der Länge des Applauses bestimmt. Die zwei Bands, die am meisten Applaus bekommen, spielen noch eine Zugabe und danach wird der Sieger des Abends gewählt.
»Jade Elephant!«, ruft Eddie.
Die Menge rastet aus. Ich sehe, wie Fred und Zack sich abklatschen.
Der Reihe nach sagt Eddie die anderen Bandnamen an. Bin ich paranoid oder klatscht bei uns wirklich fast niemand?
Nachdem Eddie sich mit ein paar Schülern besprochen hat, verkündet er das Ergebnis.
Wir landen auf dem letzten Platz. Sogar Marco hat mehr Applaus gekriegt.
*
»Okay«, sage ich zu Sara. »Nun ist es offiziell: Wir sind die totalen Loser.«
»Seid ihr nicht«, tröstet sie mich.
Wir sitzen gegenüber dem Eingang auf einer Mauer.
»Ihr wart super.« Meine Hand liegt in Saras Schoß und sie hält sie fest.
»Wirklich?«
»Klar.«
»Und wieso haben wir keinen Applaus gekriegt?«
»Die anderen waren sprachlos… niemand hat damit gerechnet, dass ihr so gut seid. Alle waren… in einer Art Schockstarre.«
Prüfend schaue ich Sara an. Meint sie das ernst? Wahrscheinlich bricht sie gleich in irres Gelächter aus. Aber offenbar macht sie sich nicht über mich lustig.
»Danke.«
»Keine Ursache.«
»Sara!«, ruft Maggie vom Parkplatz. »Wir fahren!«
»Ich muss los.«
»Du übernachtest wirklich bei Maggie?«
»Ja.«
»Also dann…« Ich nehme Saras Gesicht in die Hände und küsse sie sanft.
Sie seufzt und springt von der Mauer. Dann taumelt sie hin und her, als wäre ihr schwindlig von unserem Kuss. Ich muss lachen. Sara ist die Einzige, die mich jetzt zum Lachen bringen kann.
Mike und Josh sind mit den Instrumenten schon weg. Ich bleibe noch ein bisschen auf der Mauer sitzen und überlege, wo ich heute in einem Jahr sein werde. Gibt es unsere Band da noch oder haben wir uns schon aufgelöst? Eigentlich ist das unvermeidbar. Mike und ich wollen nach New York, Josh bleibt wahrscheinlich hier in der Gegend. Und dann?
Während ich zum Parkplatz laufe, denke ich an Sara. Auch nachdem klar war, dass wir
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