Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 1 - Der unsterbliche Prinz
dich behalten?«, bemerkte Krydence säuerlich.
Diala ignorierte ihn und blieb vor Syrolees Thron stehen. Engarhod war abwesend, aber das war der König oft, wenn unangenehme Entscheidungen anstanden.
Irgendwann zwischen meiner Feuerprobe, der Zerstörung von Magreth und mehreren Wechseln der Gezeiten gab es zwischen den Priesterinnen, die für die Ewige Flamme verantwortlich waren, und der Kaiserin der Fünf Reiche ein Zerwürfnis. Ich weiß nichts Genaues, aber seitdem können sich die Frauen nicht mehr ausstehen. Ihre Feindschaft nahm immer schlimmere Ausmaße an, bis Arryl und Diala so weit gingen, auf einen anderen Kontinent zu ziehen und die Ewige Flamme mit sich zu nehmen. Sie ließen sich in Glaeba nieder und errichteten ihren Tempel mit der kostbaren Flamme an einem sicheren Platz am Hang eines kleinen Hügels, von dem sie das Große Tal überblicken konnten.
Ironie des Schicksals: Ausgerechnet ihre Anwesenheit in Tenatien hatte die aktuelle Krise herbeigeführt. Arks überfielen die Karawane, die Arryl und Diala nach ihrer großen Rundreise durch die Hauptstädte von Tenatien zurück zum Palast bringen sollte. Der Angriff wurde durch Magie vereitelt, und zwar nicht etwa durch einen Gezeitenfürsten, aber doch durch einen von uns – eine unserer sterblichen Nachkommen. Bei der Leichtfertigkeit, mit der wir Gezeitenfürsten damals unsere Saat verstreuten, konnte niemand wissen, wessen Kind Fliss eigentlich war, aber das änderte nichts an unserem Problem. Wenn überhaupt, machte es die Entscheidung, das Kind loszuwerden, sogar schwerer.
Jeder Mann im Saal konnte sie gezeugt haben.
Ihre Abstammung war Dialas geringste Sorge. »Im Gegenteil, Syrolee, diese Geschichte geht meine Schwester und mich sogar sehr viel an. Wir waren dabei, wie du weißt.«
»Ein bedauerlicher Unglücksfall, den ich gern verhindert hätte.«
Diala lächelte mit einer Spur Bosheit in ihren dunklen Augen. »Wie peinlich für dich, Syrolec. Wenn das Kind bei dem Angriff getötet worden wäre, hättest du nie herausgefunden, dass mit ihm etwas nicht stimmte. Das arme Kind hat es überlebt, und jetzt willst du es trotzdem töten?«
Arryl stieß noch einen wortlosen Laut des Protestes aus. Sie sah verhärmt aus. Betroffen. Als Einzige, die deutlich Gefühle zeigte, war Arryl wohl die Letzte von uns, die noch über menschliches Mitgefühl verfügte.
»Wir brauchen deine Hilfe nicht, Diala«, verkündete Elyssa. »Und deinen Rat auch nicht.«
Arme Elyssa … Ich weiß, dass sie für die Crasii verantwortlich war. Ich weiß, dass sie ein greinendes, rachsüchtiges kleines Miststück ist, dennoch kann sie einem nur leidtun. Trotz all ihrer Macht bringt sie einfach nichts zustande. Wenn ich mich recht erinnere, war sie an dem Tag wie ihre Mutter gekleidet, doch sie sah in dem eleganten Gewand irgendwie linkisch und unbeholfen aus. Ebenso wenig beherrschte sie Syrolees Kniff mit der Augenbemalung. Ihre Augen sahen lediglich aus, als hätte sie ihr jemand mit der Faust blau gehauen.
Aber sie hatte viel Selbstvertrauen gewonnen, seit die Crasii erschaffen wurden, und nun bildete sie sich ein, dass ihre Ansicht bedeutsam und wertvoll sei.
»Ach nein, Elyssa?«, fragte Diala. Sie konnte Elyssa ebenso wenig ertragen wie wir anderen, die mit ihr nicht direkt verwandt waren. »Ich frage mich, wie viele noch durchgerutscht sind. Wie viele dieser Missgeburten beherbergst du noch im Kinderhort des Palastes, ohne es zu wissen?«
»Fliss ist keine Missgeburt!«, wandte Arryl ein.
»Sie ist sogar ziemlich begabt«, sagte Jaxyn von seinem Platz am Rand des Podiums aus. »Es wäre eine Schande, sie einfach zu vernichten.«
Ich runzelte bei Jaxyns Bemerkung die Stirn. Dass dieser schmierige kleine Taugenichts das Mädchen verteidigte, ließ nichts Gutes ahnen. Ich konnte mir gar nicht vorstellen, was für ein Interesse Jaxyn an dem Kind haben sollte. Ebenso wenig wie bei jedem anderen Mann im Saal.
»Aber Syrolee hat recht«, schaltete sich Rance ein. »Wenn überhaupt, spricht das Argument, wie stark das Kind sein könnte, nur dafür, es umzubringen.«
»Was sagst du, oh unsterblicher Prinz?«, fragte Syrolee. Sie sah mich quer durch den Saal an. »Was denkst du, was wir mit dem Kind machen sollen?«
Ich hatte dem Wortwechsel vom Balkon aus zugehört und gehofft, dass mich niemand in die Auseinandersetzung hineinzog. Eine vergebliche Hoffnung, wie sich jetzt zeigte. Ich wandte mich ihnen zu. »Ich denke, es wäre töricht, es zu
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