Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 1 - Der unsterbliche Prinz
kühl.
»Nein, aber das sollten wir dringend sein.«
»Ich verstehe nicht.«
»Jaxyn ist unterwegs und sucht nach Arkady. Er hat meinen besten Crasii-Fährtenleser dabei; es ist also nicht die Frage, ob er sie zurückbringt, sondern wann. Der König weiß nicht, dass sie verschollen ist. Ich habe ihm gesagt, sie fühlt sich unpässlich, ein Frauendilemma.«
Tilly nickte und verstand augenblicklich. »Und nun willst du, dass ich verkünde, dass das Dilemma überhaupt kein Dilemma ist. Sie ist lediglich schwanger.«
»Enteny wünscht sich verzweifelt, dass Arkady einen Desean-Erben zur Welt bringt«, fügte er hinzu, erleichtert, weil Tilly die Situation sofort erfasste. »Das Einzige, was ihn davon abhalten kann, Arkady aufzusuchen, ist der Gedanke, dass es den Erben gefährden könnte, wenn er sie stört.«
»Das ist eine ziemlich optimistische Hoffnung, Stellan«, wandte Tilly skeptisch ein.
»Aber alles, was ich habe – es sei denn, ich will dem König gestehen, dass meine Frau einem Mörder zur Flucht verholfen hat und gegenwärtig mit ihm in den Bergen unterwegs ist. Verstehst du denn nicht? Selbst wenn dieser Wahnsinnige sie an Händen und Füßen gefesselt hat – sie fälschte die Papiere, die ihn aus dem Kerker holten und ihm so zur Flucht verhalfen. Sie sieht schuldig aus, ganz egal, aus welchem Blickwinkel man es betrachtet.«
Tilly dachte darüber nach und nickte schließlich. »Und wenn der König glaubt, dass sie schwanger ist, wenn er glaubt, dass sie nur Ruhe und Erholung braucht, bis sie außer Gefahr ist, dann gestattet er dir, die Abreise nach Torlenien zu verschieben, und du kannst hier warten, bis Jaxyn sie zurückbringt. Das könnte tatsächlich funktionieren. Dennoch sehe ich ein Problem.«
»Und zwar?«
»Was geschieht, wenn du Arkady zurückhast und sie nicht schwanger ist?«
Stellan zuckte die Achseln. Das war das geringste seiner Probleme. »Wir sagen Enteny, dass sie das Kind auf der Reise nach Torlenien verloren hat.«
Tilly schwieg eine Weile. Dann sah sie ihn forschend an. »Bist du wütend auf sie?«
»Ich mache mir Sorgen um sie, Tilly«, sagte er. »Ich bin sicher, die Wut kommt später, wenn ich weiß, dass sie in Sicherheit ist.«
»Du bist ein guter Mann, Stellan«, sagte sie mit einem liebevollen Lächeln. »Wenn auch töricht. Wann soll ich die glückliche Kunde von deinem Erben bekannt geben?«
»Nach dem Frühstück vielleicht? Wenn jeder sich woanders aufhält. Du musst den König ein wenig einschüchtern, um ihn davon abzuhalten, die Treppe hochzustürmen und Arkady zu beglückwünschen.«
»Keine Angst, mein Lieber. Ich weiß mit Enteny Debree umzugehen.«
»Da bin ich mir sicher«, sagte er mit einem dünnen Lächeln. »Aus diesem Grund habe ich dich um Hilfe gebeten.«
Sie seufzte, nahm ihre Handschuhe vom Schoß und erhob sich aus dem Stuhl. »Da sieht man es wieder. Und ich dachte schon, du hättest ein Auge auf mich geworfen.«
Stellan stand auf, nahm ihre Hände in seine und küsste sie auf die gepuderte Wange. »Wenn ich so veranlagt wäre, hätte ich ein Auge auf dich geworfen, Tilly. Das schwöre ich.«
»Weil ich noch schöner bin als deine Frau?«
»Weil du sehr viel schöner bist als meine Frau«, stimmte er feierlich zu. »Und auch, weil du mich erheblich weniger kostest.«
»Nach diesem Gefallen, mein Lieber«, drohte sie und umarmte ihn kurz, »wird sich das ändern, glaube mir. Und jetzt sollte ich nach oben in Arkadys Gemächer gehen und eine Weile warten, ehe ich hinunterkomme und die frohe Kunde von deinem imaginären Erben verbreite.«
Stellan lächelte höchst erleichtert. »Du bist eine gute Freundin, Tilly.«
Die Witwe küsste ihn noch einmal auf die Wange und verließ das Studierzimmer. Stellan wollte ihr folgen und hatte die Hand schon fast am Türknauf, als er plötzlich innehielt und die Stirn runzelte. Ihm war etwas Beunruhigendes eingefallen.
Sie mag nach einer Möglichkeit gesucht haben, ihn vor Declan Hawkes zu schützen, hatte Tilly gesagt, um Stellan von Arkadys ehrenhaften Absichten zu überzeugen.
Aber wie hatte sie das wissen können?
Stellan hatte den Ersten Spion des Königs mit keinem Wort erwähnt. Und auch nicht, dass Kyle Lakesh an ihn überstellt werden sollte.
59
Maralyce ging nicht zurück in ihre Mine, wie Arkady halb befürchtet und halb gehofft hatte. Stattdessen hielt sie sich finden Rest des Tages in der Hütte auf, hantierte und werkelte mit ihrer Ausrüstung herum, sprach murmelnd mit
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