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Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 2 - Die Goetter von Amyrantha

Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 2 - Die Goetter von Amyrantha

Titel: Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 2 - Die Goetter von Amyrantha Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Fallon
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wirklich und wahrhaftig sterben, und ich glaube, er hat es mir erzählt, weil er dachte, dass ich vielleicht verstehen könnte, warum er das will.
    Ich verstehe es übrigens nicht, falls Ihr Euch das gefragt habt. Nicht leben zu wollen ist etwas, das über meinen Verstand geht. Für mich ist die Unsterblichkeit ein Geschenk, eine kostbare Gabe, über die ich jeden Tag aufs Neue froh und dankbar bin. Für Cayal ist sie zu einer Bürde geworden. Für ihn ist jeder Tag nur noch etwas, das er irgendwie ertragen muss, kein Grund mehr zur Freude.
    Wie es dazu kam, dass unser Verhältnis umschlug von Freundschaft in Gefahr, daran erinnere ich mich, als sei es gestern gewesen. An diesem Tag war es ungewöhnlich warm, also waren wir auf die Terrasse hinausgegangen, um den Sonnenuntergang zu betrachten. In der Mitte des Hofes stand ein Brunnen. Er funktionierte nicht mehr, aber in seinem Auffangbecken stand immer noch Wasser. Wir zogen unsere Schuhe aus und planschten in dem kühlen Wasser herum, in dem viele bunte Zierfische schwammen - die hatte wohl Syrolee dort hineingetan. Wir saßen auf dem Beckenrand und ließen die Beine baumeln, die Fische schwammen vorbei und knabberten sachte an unseren Zehen. Ich weiß noch, wie ich lachte und meine Füße aus dem Wasser hob, als ein Fisch meine Fußsohle streifte.
    »Gezeiten, ich wünschte, ich könnte noch so lachen«, seufzte Cayal.
    Ich sah ihn an. »Wieso, ist etwas mit deinem Hals nicht in Ordnung?«
    »Mit mir ist etwas nicht in Ordnung.«
    Das fand ich hochgradig komisch. »Soll ich dir helfen, eine Liste deiner Fehler aufzustellen?«
    »Wolltest du je sterben, Kinta?« Er lächelte nicht, aber ich erkannte trotzdem nicht, dass es ihm absolut ernst war.
    »Gezeiten, nein! Warum sollte ich?«
    »Weil das hier niemals enden wird.«
    »Und das stört dich?«
    »Dich etwa nicht?«
    »Nicht im Geringsten.«
    Einen Augenblick lang schwieg er. »Wie viele Sprachen sprichst du?«, fragte er schließlich.
    Ich zuckte die Schultern. »Vierzehn vielleicht, vielleicht auch mehr. Ich habe nie nachgezählt.«
    »Und was ist, wenn du sie alle kannst?«
    »Was?«
    »Wenn du alles getan hast? Alles gesehen hast? Überall gewesen bist? Jeden Gedanken schon einmal gedacht hast? Was ist dann? Tust du dann alles einfach noch einmal?«
    »Was für eine absurde Frage«, sagte ich. »Wann sollte ich je diesen Punkt erreichen?«
    »Wir sind unsterblich, Kinta. Früher oder später werden wir nichts mehr zu tun haben, nichts mehr zu entdecken und keine neuen Erfahrungen mehr zu machen. Es macht mich jetzt schon ganz krank. Ich kann den Gedanken nicht ertragen, die Ewigkeit so zu verbringen.«
    »Lass dich köpfen«, scherzte ich. »Dann kannst du wieder ganz von vorn anfangen.«
    Cayal teilte meine Belustigung nicht. »Das ist eine dumme Idee.«
    »Bei Pellys hat es funktioniert.«
    »Hast du Pellys gesehen?«, fragte er.
    »Er hatte schon nicht mehr alle Tassen im Schrank, bevor du ihm den Kopf abgehackt hast, Cayal. Daran ist nicht die Enthauptung schuld.«
    »Weißt du nicht mehr, was anschließend geschehen ist? Als ihm der Kopf nachwuchs, hat er Magreth zerstört.«
    »Und du machst dir Sorgen, dass du etwas Ähnliches tun könntest? Wie verantwortungsbewusst von dir, Cayal.«
    »Ich will sterben, Kinta. Aber ich habe kein Interesse daran, dabei den halben Planeten mitzunehmen.«
    »Edle Ansichten, mein Freund, aber kaum Grund genug, um dich davon abzuhalten, wenn es dir wirklich ernst wäre.«
    »Was schlägst du denn vor?«
    »Lass dich zur kosmischen Ebbe köpfen.« Das war nicht mein Ernst. Ich hätte nie gedacht, dass er es wirklich versuchen würde.
    Es gab so einiges, womit ich mich in Cayal gründlich täuschte.
    Aber ich begann mich für meine Idee zu erwärmen, auch wenn ich sie völlig irrwitzig fand. »Denk doch mal nach. Dann gibt es keine Gezeitenmagie, die außer Kontrolle geraten kann, solange dein Kopf wieder nachwächst und du noch überlegst, wo oben und unten ist. Wenn du dich davon erholt hast, ist dein Geist wieder ein unbeschriebenes Blatt, und du kannst ganz von vorne anfangen. Und man kann ja nie wissen, vielleicht macht es dem nächsten Cayal ja gar nichts aus, unsterblich zu sein.«
    Ich sah ihn an und erwartete, ihn lächeln zu sehen, aber er starrte mich nur an, schweigend, wachsam, grüblerisch ...
    In der Beziehung zwischen Frau und Mann kommt man immer an einen Punkt, wo das Schicksal dir die Chance gibt, weiterzumachen oder dich zurückzuziehen. Das war dieser

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