Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 2 - Die Goetter von Amyrantha
Die Caelaner waren überzeugt, dass ihre Prinzessin entführt und über die Grenze nach Glaeba geschmuggelt worden war, und sie waren hier, um sie sich zurückzuholen.
Aber ehe sie dazu kommen würden, das Thema der armen kleinen Prinzessin Nyah anzuschneiden, stand den beiden Unsterblichen, die jetzt der Barke entstiegen, eine unsanfte Überraschung bevor: wenn sie nämlich merkten, wer der neue Sekretär des Königs und wer die neue Königin von Glaeba war.
Warlock warf nochmals einen Blick auf Declan, aber der Erste Spion sah entspannt aus, wenn auch ziemlich nass. Er hatte seine Daumen im Gürtel eingehakt und beobachtete die Landung, als wäre nichts Ungewöhnliches dabei. Falls er besorgt oder auch nur neugierig auf dieses geschichtsträchtige Treffen war, ließ er sich jedenfalls nichts davon anmerken.
Zwei in Regencapes gehüllte Gestalten betraten nun den Landungssteg, aber Warlock konnte sie durch den Regen nicht klar erkennen. Da veränderte sich plötzlich Jaxyns Körperhaltung ein wenig, als warnte ihn etwas vor einer drohenden Gefahr, und fast im selben Augenblick konnte Warlock die Suzerain auf dem Boot spüren. Es war offensichtlich, dass auch das Paar auf dem Boot die Gegenwart eines anderen Unsterblichen wahrnahm. Die Frau beugte sich zu ihrem Begleiter und sagte etwas. Er schüttelte den Kopf, dann bot er ihr den Arm, und die beiden kamen den Steg herunter, um sich ihrem Begrüßungskomitee zu stellen.
Jaxyn blieb reglos auf dem Rasen stehen und zwang damit die anderen, zu ihm zu kommen. Warlock stand links hinter Jaxyn und musterte die näher kommenden Suzerain unauffällig. Die beiden sahen genauso aus, wie Cayal sie beschrieben hatte. Tryan war fast zu gut aussehend für einen Mann. Seine Schwester hingegen - obwohl ihr Körper so vollkommen war, wie die Unsterblichkeit ihn nur machen konnte - war ein unscheinbares, blasses Geschöpf mit weit auseinanderstehenden Augen, dessen Unterkiefer irgendwo im Hals verschwand, noch ehe sich daraus ein Kinn bilden konnte.
Sie blieben zwei Schritt entfernt vor Jaxyn stehen. Eine spannungsgeladene Weile lang starrten die drei sich an, dann trat Jaxyn auf sie zu und reichte Tryan die Hand. Hier gab es zu viele Sterbliche, die ihnen zusahen, als dass sie offen aussprechen konnten, was wohl jedem von ihnen auf der Zunge lag.
»Lord und Lady Torfall, nehme ich an? Willkommen in Glaeba.«
»Ihr seid Lord Aranville?«
»Zu Euren Diensten.«
»Nun, das erklärt einiges«, sagte Elyssa und starrte Jaxyn finster an. »Was habt Ihr mit ihr gemacht?«
»Mit wem gemacht?«
Tryan funkelte ihn an. »Also wirklich, Lord Aranville, seid Ihr so schwer von Begriff?«
»Ah, Ihr meint wohl Eure verschwundene Prinzessin? Schreckliche Tragödie. Ich hörte, die Hochzeit kann nicht vonstattengehen, bis sie sich anfindet. Das muss Euch schier das Herz brechen, Lord Torfall. Und auch das Eurer Mutter.«
»Wir wollen sie zurück!«, fauchte Elyssa, aber Tryan riss heftig an ihrem Arm, um sie zum Schweigen zu bringen, bevor sie noch mehr sagte.
»Dessen bin ich sicher, Lady Alysa«, erwiderte Jaxyn glatt. »Erlaubt mir daher, Euch Declan Hawkes vorzustellen, den Ersten Spion des Königs.«
Genau aufs Stichwort trat Declan einen Schritt vor und verbeugte sich vor den Besuchern aus Caelum. »Mylord, Mylady.«
Jaxyn klopfte Declan auf die Schulter. »Ich habe Meister Hawkes mit den Ermittlungen betraut, herauszufinden, ob der Verdacht, Eure Verlobte könnte über den See nach Glaeba gebracht worden sein, tatsächlich irgendeine Grundlage hat. Vertraut mir. Wenn Prinzessin Nyah hier ist, wird unser Erster Spion wissen, wo er sie suchen muss.«
»Das ist ein bisschen so, als würde man den Fuchs beauftragen, den Hühnerstall zu bewachen, oder nicht?«, fragte Tryan. »Vermutlich hat er sie persönlich irgendwo versteckt. Ich wäre nicht überrascht, wenn das auf Euren Befehl hin geschah.«
»Mylord, seid versichert«, sagte Declan so ernst und aufrichtig, dass selbst Warlock ihm glaubte, »Lord Aranville hat mir nie einen solchen Befehl gegeben. Wenn Eure Prinzessin in Glaeba ist, weiß er nichts davon.«
Tryan zeigte sich von der Beteuerung nicht beeindruckt. »Ihr habt Eure Helfershelfer gut geschult, Lord Aranville. Springen sie auch durch Reifen und stellen sich tot, wenn Ihr es befehlt?«
»Oh ja«, erwiderte Jaxyn, der sich zweifellos für den Sieger dieser ersten Begegnung mit seinen unsterblichen Gefährten hielt. »Aber wollen wir nicht aus dem Regen gehen und
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