Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 2 - Die Goetter von Amyrantha
Arkady und legte ihren Schleier ab. »Das glaube ich nicht.«
»Ihr wisst, wo er hinwill?«
»Da er hier in Tarask war, Tiji, gibt es mit größter Wahrscheinlichkeit nur einen Ort, wo er hinwollen könnte.«
Die kleine Crasii dachte einen Augenblick nach und nickte zustimmend. »Ihr habt recht. Er ist natürlich auf dem Weg zu Brynden. Er will zur Abtei vom Weg der Gezeiten.«
»Genau wie wir, Tiji«, sagte Arkady. »Genau wie wir.«
53
Stellan Deseans Prozess sollte schon in wenigen Tagen beginnen, als sich Jaxyn Aranville endlich dazu herabließ, ihm einen Besuch abzustatten. Die Wachen kündigten ihm an, dass sein Besucher auf dem Weg war, so hatte er Gelegenheit, sich noch ein wenig zu sammeln, bevor er seinem einstigen Liebhaber gegenübertrat.
Stellan machte sich mittlerweile keine Illusionen mehr über Jaxyn Aranville. Er hatte von den Wachen genug gehört, um zu wissen, dass Hawkes die Wahrheit gesagt hatte. Es lag auf der Hand, dass er nur benutzt worden war, übertölpelt und hintergangen. Er hatte Jaxyn den Weg dafür geebnet, sich erst das Fürstentum von Lebec und anschließend den Thron von Glaeba unter den Nagel zu reißen. Stellan fühlte sich nicht einmal mehr verraten. Er fühlte sich nur noch töricht und erschreckend leichtgläubig.
Und er war ein Narr, weil er nicht auf Arkady gehört hatte.
Aus irgendeinem Grund hatte sie es gewusst. Ob sie die Bosheit des jungen Mannes nur erspürt oder etwas Handfestes über ihn erfahren hatte - wobei Stellan Letzteres für unwahrscheinlich hielt, denn Arkady hätte sicher keinen Augenblick gezögert, ihm Beweise für Jaxyns Heimtücke vorzulegen, wenn sie welche gehabt hätte -Jedenfalls hatte sie Stellan gewarnt, dass Jaxyn nicht vertrauenswürdig war, seit er das erste Mal einen Fuß in ihr Haus gesetzt hatte.
Hätte er ihre Warnungen doch nur richtig gedeutet - als Zeichen Arkadys aufrichtiger Sorge um ihn -, statt ihre Befürchtungen abzutun als die Hysterie einer Frau, die durch die Liebe ihres Gemahls zu jemand anderem ihre Stellung bedroht sah.
Als Jaxyn kam, war er bedeutend steifer und protziger gekleidet, als das Amt des Zwingermeisters von Lebec es je von ihm verlangt hatte. Und am Ringfinger seiner linken Hand prangte das schwere fürstliche Siegel von Lebec. Mit einem einzigen Wort schickte er die Crasii-Wachen weg.
Stellan erhob sich. Durch die Gitterstäbe hindurch starrte er seinen einstigen Liebhaber an und war enttäuscht von sich, als er feststellte, dass er nach all den Wochen imaginärer Gespräche mit diesem hinterhältigen jungen Mann nichts zu sagen wusste, als er jetzt vor ihm stand.
»Sieh an, sieh an ... wie tief doch die Mächtigen gefallen sind«, spöttelte Jaxyn, sobald sie allein waren. Er sah sich interessiert in der Gefängniszelle um. »Dabei sagte man mir, dies hier sei die Luxusunterkunft. Ich wage mir kaum vorzustellen, wie die Gemeinen untergebracht sind, wenn dies hier das gute Zimmer ist.«
»Hallo, Jaxyn.«
Der junge Mann musterte Stellan und lächelte, als wäre er aufrichtig erfreut ihn zu sehen. »Gezeiten, was bist du doch für ein zivilisierter Zeitgenosse. Wenn unsere Rollen vertauscht wären, bezweifle ich, dass ich so höflich sein könnte wie du.«
Stellan ließ sich nicht provozieren. »Ich versuche immer noch herauszufinden, was ich dir getan habe, dass du mich so abscheulich hintergehen konntest.«
»Du warst mir nicht länger von Nutzen«, sagte Jaxyn mit einem Achselzucken. »Nein ... das trifft es nicht ganz. Du warst mir im Weg. Du wurdest zu einer Belastung. Das ist eigentlich schon alles. Nimm es nicht persönlich.«
»Ich habe dich geliebt, Jaxyn.«
Der junge Mann schien davon ungerührt.
»Ich dachte, du liebst mich auch.«
»Wie bedauerlich für dich.«
Nach allem, was zwischen ihnen gewesen war, verschlug es Stellan bei dieser beiläufigen Gleichgültigkeit fast die Sprache. »Aber du hast gesagt, dass du mich liebst.«
Jaxyn verschränkte die Arme und starrte ihn durch das Gitter an. »Und du hast mir geglaubt, Stellan, weil du mir glauben wolltest. Du hättest besser auf Arkady gehört. Sie hat mich vom ersten Augenblick an durchschaut.«
Daran brauchte Stellan nicht erinnert zu werden. »Was ist mit Kylia?«
»Was soll mit ihr sein?«
»Ich habe gehört, dass du auch meine Nichte verdorben hast.«
Jaxyn lachte auf. »Sie verdorben? Gezeiten, wer hat dir das denn erzählt?«
Stellan gab keine Antwort und Heß sich nichts anmerken. Insgeheim war er entsetzt,
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