Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 2 - Die Goetter von Amyrantha
gehe nicht in die Geschichte ein als der Mann, der seinen König - und Freund -ermordete, nur weil es einem charakterlosen Glücksritter gerade in den Kram passt.«
»Gezeiten!«, sagte Jaxyn. Sein Lächeln schwand. »Jetzt klingst du fast wie Arkady. Wo wir gerade von der reizenden Arkady sprechen, sie wird übrigens bald hier sein, wusstest du das? Ich habe den Haftbefehl für sie selbst unterzeichnet. Es war meine erste Amtshandlung als Sekretär des Königs. Wie findest du das? Ausgerechnet ich unterzeichne den Befehl, Arkady nach Hause zu bringen ...«
Stellans Magen zog sich bei dem Gedanken zusammen, dass Arkady in dieses Fiasko mit hineingezogen wurde. Bis jetzt hatte die Gewissheit, dass sie in Torlenien in Sicherheit war, es ihm erspart, krank vor Sorge um ihr Schicksal zu sein. »Es gibt keine Veranlassung, meine Gemahlin da mit hinein-«
»Oh doch, die gibt es«, fauchte Jaxyn mit einer Heftigkeit, die Stellan erschreckte. »Diese gemeine Hure hat fast ein Jahr verächtlich über mich die Nase gerümpft. Höchste Zeit, dass das Blatt sich wendet, findest du nicht? Meine Feliden dürften jeden Tag mit ihr eintreffen. Sie wird es weit schwieriger finden, die Nase so hoch zu tragen, wenn sie vor mir auf den Knien rutscht, das kann ich dir versprechen.«
»Arkady hat dir nie etwas getan, Jaxyn.«
»Gezeiten! Ich hab noch nie einen Mann getroffen, der so blind ist wie du!«, schrie Jaxyn und packte erneut die Gitterstäbe. »Sie ist gefährlicher als hundert Homosexuelle, die Schlange stehen, um mich bloßzustellen. Sie weiß es, Stellan ... und sie hat keine Angst. Und als wäre das noch nicht nervtötend genug, brennt die dumme Schlampe - nach allen Angeboten, die ich ihr gemacht habe - auch noch mit diesem ... diesem ... Kloakenprinzen durch, als wäre er eine Art ...« Er hielt inne, als würde ihm bewusst, dass er brüllte wie ein Irrer. Er holte tief Luft. »Nun, es genügt wohl, wenn ich sage, ich freue mich auf das Wiedersehen mit deiner reizenden Gemahlin. Und darauf, ihr zu zeigen, was für einen Fehler sie gemacht hat.«
Stellan sah ihn entgeistert an und fragte sich, ob Jaxyn vielleicht nicht ganz bei Trost war. Abgesehen von der deutlichen Drohung gegen Arkady wegen irgendwelcher Frevel an Jaxyn, die wohl hauptsächlich in seiner Einbildung existierten, hatte Stellan keine Ahnung, worüber sich der junge Mann so ereiferte. Nichts, was er sagte, ergab Sinn.
»Ich muss mich ja wie ein Verrückter anhören«, sagte Jaxyn, jetzt wieder ruhig und gefasst, als wüsste er, wie Stellan über seinen unvermuteten Tobsuchtsanfall dachte.
»Bitte, Jaxyn, tu Arkady nichts.«
»Dann gesteh, dass du den König ermordet hast«, schlug Jaxyn vor. »Andernfalls ziehe ich diese Farce von einem Prozess in die Länge, bis sie aus Torlenien zurück ist, lasse sie in Ketten hierher schleifen und dich zusehen, wie ich sie nackt ausziehe und auf eine Art demütige, die du dir in deinen schlimmsten Träumen nicht vorstellen kannst.«
Stellan wurde schlecht vor Angst - nicht um sich selbst, sondern um Arkady. Ihm fiel so schnell nicht ein, was er tun konnte, um Arkady zu retten, außer diesem Mann seinen Willen zu lassen - und diese Vorstellung war fast ebenso unerträglich. »Kann ... kann ... ich etwas Bedenkzeit haben?«
»Du hast einen Tag«, sagte Jaxyn nach kurzer Überlegung. »Danach beginnt der Prozess, und dann werde ich keine Nachsicht mehr üben. Ich bin sicher, du weißt, was das bedeutet.«
»Ich lasse es dir ausrichten, wenn ich mich entschieden habe«, sagte Stellan und nickte, auch wenn ihm selbst völlig unklar war, was er durch einen Tag mehr zu gewinnen hoffte. Vermutlich nur eine Gelegenheit, über die schreckliche Zukunft zu brüten, die Arkady und mich erwartet.
Jaxyn lächelte. »Du bist zwar ein Narr, Stellan, aber du bist kein Dummkopf. Ich bin sicher, dass du die richtige Entscheidung triffst.«
Ohne die Antwort abzuwarten, drehte sich Jaxyn um und verließ den Arrestraum. Die Tür war noch nicht ins Schloss gefallen, als die Feliden schon wieder ihren Posten bezogen hatten.
Stellan hatte einen Tag gewonnen. Einen Tag, um sein eigenes Todesurteil zu unterschreiben oder in Kauf zu nehmen, dass Arkady von einem Wahnsinnigen gefoltert und erniedrigt wurde, weil sie das Verbrechen begangen hatte, mit dem Fürsten von Lebec vermählt zu sein. Oder das Verbrechen, sein Geheimnis bewahrt zu haben.
Stellan drehte sich um, ging zu dem Erkerfenster und starrte hinaus. Tief zogen die Wolken
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