Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 2 - Die Goetter von Amyrantha
bin unsterblich.«
»Aber du lässt keinen Versuch aus, etwas an diesem lästigen Zustand zu ändern, nicht?«
Natürlich hatte sie recht, das war das Schreckliche und zugleich das Unwiderstehliche an ihr. Arkady Desean kannte ihn manchmal besser als er sich selbst. Sie durchschaute ihn. Sah in ihn hinein. Und doch, abgesehen von jener Nacht, als sie ihm widerstrebend anvertraut hatte, was sie sonst gewiss niemandem enthüllte, wusste er so wenig von ihr.
Nicht mal, was sie eigentlich hier in der torlenischen Wüste tat. »Warum gehst du wirklich zu Brynden? Bist du Kintas Geschenk für ihn?«
»Mach dich nicht lächerlich. Ich sagte es dir schon. Kinta schickt mich zu Bryndens Abtei, um mich zu verstecken. Sie hat das arrangiert, um mich vor Jaxyn zu schützen.«
»Ich könnte dich vor Jaxyn schützen.«
Das schien sie nicht sehr zu beeindrucken. »Und wer beschützt mich vor dir, Cayal?«
Er blieb ihr die Antwort schuldig. Dabei gab es noch so viel, was er ihr sagen wollte. Und so viel, was er nicht sagen konnte. So viel, was er gar nicht in Worte zu fassen vermochte. Er wollte, dass sie seinen Schmerz verstand, aber wenn sie ihn erst einmal verstand, würde er sie nie mehr gehen lassen wollen. Er konnte es einfach nicht riskieren, auch nur der schwammigsten Hoffnung auf eine gemeinsame Zukunft mir ihr nachzugeben.
Die Gezeiten stiegen. Cayal konnte nicht noch einmal tausend Jahre warten, um dies zu beenden - jedenfalls nicht für die Aussicht auf ein paar Tage, Monate oder selbst Jahre kurzlebigen und letzten Endes schmerzlichen Glücks.
Aber er würde ein solches Bedürfnis niemals zugeben. Das konnte er sich nicht erlauben, wenn er vorhatte zu sterben.
Cayals Gesicht nahm harte Züge an, und er trat ein paar Schritte zurück.
»Dann geh zu ihm. Finde deine Illusion von Schutz bei Brynden. Ich brauche dich sowieso nicht.« Er wandte sich ab, ging zum Zeltausgang und fügte hinzu: »Ich brauche niemanden.«
»Das ist vermutlich auch der Grund, warum du sterben willst, Cayal.«
Er hielt noch einmal kurz inne, doch dann schritt er hinaus in die kalte Dunkelheit der Wüstennacht.
52
Arkady zitterte noch immer am ganzen Leib von ihrem Zusammenstoß mit Cayal, als Tiji zurückkam. Und Tiji mit ihrem verflixten Reptiliensinn wusste natürlich sofort, was los war, kaum dass sie das Zelt betreten hatte.
»Er war hier, oder?«
»Wer?«, fragte Arkady, obwohl sie genau wusste, von wem die Rede war.
Die kleine Crasii zog sich den Schleier vom Kopf und warf ihn in die Ecke. »Ich kann ihn riechen, Mylady.«
Arkady seufzte und ließ sich auf ihren Schlafplatz sinken. »Ich wollte es dir gerade erzählen.«
»Natürlich wolltet Ihr das«, sagte Tiji und nahm gegenüber von Arkady Platz. »Was hat er gesagt?«
»Ich bin nicht sicher, ob er überhaupt irgendetwas von Bedeutung gesagt hat.«
»Warum lasst Ihr mich das nicht entscheiden?«
Arkady runzelte die Stirn. »Glaubst du, ich bin nicht fähig, das objektiv zu beurteilen?«
»Offen gesagt, ja, Mylady.«
Arkady stutzte kurz und zuckte dann die Achseln. »Wir haben über ... belangloses Zeug geredet, Tiji«, sagte sie. Auf keinen Fall würde sie die Einzelheiten ihrer Begegnung mit Cayal diesem sonderbaren Geschöpf anvertrauen.
Tiji ließ sich nicht zum Narren halten. »Dann habt Ihr zwischendurch lange genug Pause gemacht, um zu reden?«
»Ich muss doch sehr bitten!«
»Ich rieche den Suzerain nicht hier im Zelt, Mylady. Ich rieche ihn an Euch.«
Arkady spürte, wie sie rot wurde. »Also schön, wenn du es unbedingt wissen musst, er hat mich geküsst.«
»Komisch, ich habe Euch gar nicht protestieren gehört. Dabei bin ich ziemlich sicher, ich war nicht so weit weg, dass ich Euch nicht gehört hätte, Mylady.«
»So eine schlimme Heuchlerin bin ich nun auch wieder nicht.« Sie staunte, wie diese kleine silberhäutige Crasii es schaffte, in zwei scheinbar harmlosen Sätzen so viel Anklage unterzubringen. »Und falls es dich tröstet, gleich nachdem er mich geküsst hat, sagte er, er hasst mich.«
Tiji zeigte sich auch davon nicht sonderlich beeindruckt. »Eine seltsame Art, das zu zeigen. Was hat er sonst noch gesagt? Ich meine, als er damit fertig war, Euch zu küssen und zu hassen?«
»Das muss ich mir nicht anhören«, sagte Arkady und versuchte aufzustehen.
Tiji schubste sie mit einer Kraft, die sie ihr nicht zugetraut hätte, auf ihren Platz zurück. »Nein, natürlich nicht. Bitte verzeiht, dass ich glaubte, das Schicksal aller
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