Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 2 - Die Goetter von Amyrantha
hielt ihr den Wasserschlauch hin. »Das war übrigens eine Riesendummheit von dir. Wenn ich dich nicht gefunden hätte, wärst du jetzt auch tot.«
Wenn du mich nicht gefunden hättest, wäre ich vielleicht sicherer. Und die anderen womöglich noch am Leben.
»Ich dachte, ich ersticke.«
»Das war vermutlich auch der Fall. Allerdings war es auch nicht ungefährlicher, zu versuchen, durch den Sandsturm zu spazieren. Nebenbei bemerkt sind wir weniger als eine Meile von der Stelle weg, wo ich dich gefunden habe. Warum haben die Kameltreiber euch nicht sofort hierher gebracht, als sie sahen, dass ein Sturm aufzieht?«
»Ich kann nicht fassen, dass du sie einfach hast sterben lassen.«
Cayal sagte nichts dazu. Offenbar sah er keine Veranlassung, sich für irgendetwas zu rechtfertigen. Sie blickte sich um und kam erst jetzt dazu, sich zu fragen, wo sie überhaupt war.
»Was ist das hier eigentlich?«
»Bryndens alte Festung.«
Arkady ging ein Licht auf. Darum also hatten Farek und seine Kameltreiber sich geweigert, bei dem Bergkamm Zuflucht zu suchen, der so nahe an der Stelle lag, wo sie sich eingegraben hatten. »Sie hatten Angst, dass es hier spukt.«
»Idioten.«
Arkady runzelte die Stirn und erinnerte sich, dass Cayal ihr von diesem Ort erzählt hatte, als sie noch in Lebec waren. Von seinem Treffen hier mit Brynden und Kinta. Und Lukys.
Und wie er und Medwen sich in der kalten Dunkelheit von Bryndens nüchterner Festung geliebt hatten.
Sie schob den Gedanken rasch beiseite und sah sich weiter um. Hoffentlich erriet Cayal nicht, woran sie gedacht hatte. »Wie kann dies Bryndens alte Festung sein? Du sagtest, sie lag am Rand des Großen Binnenmeeres. Wir sind hier hundert Meilen oder mehr in der tiefsten Wüste.«
»Ich habe das Meer vor gut sechstausend Jahren geleert. Seitdem hat die Wüste sich ausgedehnt.« Er setzte sich näher zu ihr und zeigte auf den Wasserschlauch. »Trink langsam, oder du wirst krank.«
Sie hob den Wasserschlauch, legte ihren Kopf zurück und ließ sich das lauwarme Wasser in ihren Mund rinnen. Es war abgestanden und leicht metallisch und schmeckte besser als jeder prämierte Wein, der je im Palast von Lebec serviert worden war. Als sie ein wenig getrunken hatte, ließ sie den Schlauch sinken und sah Cayal an. Ihr war ein neuer Gedanke gekommen. »Bist du für diesen Sturm verantwortlich?«
Der unsterbliche Prinz schüttelte den Kopf. »Nein.«
»Kannst du ihn beenden?«
»Es ist sicherer, wenn der Sturm seinen eigenen Verlauf nimmt.«
»Sicherer für wen?«
»Eigentlich für jeden, der in der südlichen Hemisphäre von Amyrantha lebt. Sich in das Wetter einzumischen, kann sehr gefährlich sein, Arkady. Glaub mir, ich weiß es.« Er betrachtete sie genauer und streckte eine Hand aus, um ihr eine Strähne aus dem Gesicht zu streichen. »Bist du sicher, dass es dir gut geht?«
Instinktiv schreckte sie vor seiner Berührung zurück. »Ich mache mir mehr Sorgen um Tiji.«
Er ließ die Hand sinken. »Sie kommt schon noch zu sich. Irgendwann.«
»Bist du sicher?«
Cayal hockte sich auf seine Fersen und runzelte die Stirn. »Glaubst du vielleicht, ich will, dass deine Ark da stirbt?« Trotz seiner Worte beunruhigte sie die Verachtung in seiner Stimme, wenn er von Arks sprach.
»Woher willst du eigentlich wissen, dass sie eine Ark ist, Cayal?«
Er sah auf die bewusstlose Crasii herab, bevor er antwortete. »Mehr als die Hälfte aller Reptilien waren welche. Der Zwang, uns gehorchen zu müssen, hat bei ihnen nie richtig gegriffen. Deshalb hat uns ihre Spezies auch nicht weiter interessiert. Zu schwierig zu kontrollieren. Um die Wahrheit zu sagen, ich war überrascht, als ich sah, dass du eine Chamälide hast. Sie sind selten, das waren sie schon damals, als wir mit ihnen experimentiert haben. Tryan dachte, er wäre alle Arks losgeworden. Es wird ihn wurmen, dass das nicht der Fall ist.«
»Sie gehört mir nicht, Cayal. Im Gegenteil. Tiji ist die Diplomatin. Ich bin die Dienerin.«
Er schüttelte den Kopf, als ginge diese Tatsache über seinen Horizont. »Das ist doch verkehrt.«
Sie lächelte schwach. »Wie unglaublich gezeitenfürstlich von dir, so zu denken.«
Cayal ignorierte die Spitze und zeigte auf den Wasserschlauch. »Trink noch ein bisschen.«
Sie tat wie geheißen und ließ die Flüssigkeit auf ihre ausgedörrte Kehle wirken wie eine Arznei. Dann sah sie sich in dem Gewölbe um und überlegte, wie lange sie wohl in dieser Ruine bleiben mussten. Abgesehen davon,
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