Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 2 - Die Goetter von Amyrantha
und Unteren Oran befragen«, sagte er und schwang sich in den Sattel. Er stellte seinen Kragen hoch, nahm die Zügel in die Hand und wünschte, er hätte ebenfalls daran gedacht, einen Hut mitzunehmen.
»Sehr kreativ, Hawkes. Ihr seid ziemlich gut in diesen Dingen, was?« Jaxyn gab einen Schnalzlaut von sich, sodass sich sein Pferd, das rasch noch nach dem Hals von Declans Stute schnappte, bevor der Unsterbliche es unter Kontrolle bringen und in die gewünschte Richtung lenken konnte, in Gang setzte.
»Trotz aller gegenteiligen Gerüchte, die Ihr vielleicht gehört habt, Mylord, habe ich meine Stellung nicht wegen meiner eindrucksvollen familiären Beziehungen bekommen«, erwiderte Declan. Seine wesentlich besser erzogene Stute gehorchte ihm anstandslos.
Jaxyn lachte, als sie den Schutz der Stallungen verließen und in den herbstlichen Nieselregen hinausritten. Für jemanden mit seinen Sorgen schien er außergewöhnlich guter Dinge zu sein. Als sie neulich am Kai gestanden hatten und zusahen, wie Tryan und Elyssa von Bord gingen, hatte es Declan eine ungemein gehässige Befriedigung verschafft, die entgeisterte Miene des Unsterblichen zu sehen, als der die wahre Identität seiner Gäste erkannte. Declan hatte gehofft, es würde die Unsterblichen etwas ausbremsen. Die Hoffnung war nicht vergebens. Gerade als Jaxyn dachte, er hätte Glaeba in seiner Gewalt -und vermutlich ging er davon aus, dass Caelum in ein oder zwei Jahren folgen würde -, musste er feststellen, dass seine Nachbarn niemand anderes waren als seine Gezeitenfürsten-Gevattern, die natürlich darauf aus waren, den ganzen Kontinent zu erobern, genau wie er.
Declan folgte ihm aus dem Stall und sah Jaxyn scharf an. Er suchte nach einem Hinweis, warum der Suzerain so begierig auf dieses Treffen war, aber der Gezeitenfürst ließ nichts durchblicken. Declan schaute nach oben und fragte sich, ob der Regen wohl bald nachließ. Glücklicherweise war der Guss längst nicht so schlimm, wie er befürchtet hatte, und außerdem berührte der Regen sie ohnehin kaum. Anscheinend tat Jaxyn irgendetwas, um das Wetter zu dämpfen.
»Ich habe ganz schön viele Gerüchte über Euch gehört, Hawkes«, bemerkte der Unsterbliche, als sie über den Hof zu den Palasttoren ritten, hinter denen die Stadt lag.
»Zum Beispiel?«
»Dass Eure Mutter eine Hure war.«
»Stimmt.«
»Und das Gerücht, dass Ihr im Alter von fünfzehn Jahren drei Männer getötet habt?«
Declan konnte nicht anders, er lachte laut los. »Gezeiten, das habe ich schon seit Jahren nicht mehr gehört.«
»Ist es denn wahr?«
Er sah den Gezeitenfürsten an. Es war klar, dass es bei dieser zwanglosen und scheinbar banalen Unterhaltung um wesentlich mehr ging als nur darum, dass der neue Sekretär des Königs sich mit dem Ersten Spion des Königs vertraut machen wollte. »Ich habe es mir zur Regel gemacht, kein Gerücht über mich, das nicht durch schriftlich niedergelegte Aufzeichnungen glaubhaft belegt werden kann, je zu dementieren noch zu bestätigen, Lord Aranville. Reputation ist alles in diesem Spiel.«
Jaxyn nickte anerkennend. »Ich glaube, Ihr werdet es noch weit bringen, Hawkes, wenn Ihr Eure Karten richtig ausspielt.«
Declan sah ihn neugierig an. »Wie weit sollte das noch sein, Mylord? Ich bin bereits der Erste Spion des Königs. Für einen gewöhnlichen Mann mit meinem ... Hintergrund ... ist das wohl das Höchste, was ich zu erreichen hoffen kann.«
Der Unsterbliche zuckte die Achseln. »Wenn Ihr weit genug zurückgeht, Hawkes, werdet Ihr feststellen, dass all die hochgeborenen Familien einst von niedriger Geburt waren. Also lasst das Euren Ambitionen nicht im Weg stehen. Ihr habt doch Ambitionen, oder?«
Warum?, überlegte Declan. Hältst du mich für fügsamer, wenn du denkst, dass ich alles tue, um zu erreichen, was ich will?
»Vermutlich«, räumte er laut ein.
»Stimmt es, dass Euer Großvater von sich sagt, er sei ein Gezeitenwächter?«
Declan verbarg seine Besorgnis über diese unerwartete Frage hinter einem amüsierten Lachen, als wäre es eine kolossal absurde Vorstellung, irgendwer — geschweige denn ein Verwandter von ihm - könnte ein Gezeitenwächter sein. »Gezeiten, Lord Aranville, mit wem habt Ihr denn nur gesprochen?«
»Ist es wahr?«
»Dass er ein Gezeitenwächter ist, oder dass er das gesagt hat?«
»Sagt Ihr es mir«, erwiderte Jaxyn.
Declan nickte, lächelte schief und hoffte, dass es nach liebevollem Angedenken aussah. »Mein Großvater hat das immer
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