Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 2 - Die Goetter von Amyrantha
Sklaverei verkauft werden. Das würde Brynden Cayal mit Sicherheit erzählen.
Aber er wird ihm nicht verraten, wo ich bin. Er wird wissen, dass ich verkauft wurde, aber er wird nicht wissen, wo er nach mir suchen soll. Das ist seine Strafe.
Und was, wenn es für ihn überhaupt keine Strafe war? Was, wenn es Cayal wirklich nicht kümmerte? Was, wenn der Teil seiner Persönlichkeit, der so gern vergessen wollte, dass sie überhaupt existierte, gerade die Oberhand hatte, wenn er davon erfuhr?
Nun, in dem Fall würde es für Cayal eben nichts bedeuten, und diese Strafe, die sich ein rachsüchtiger Unsterblicher ausgedacht hatte, war ausschließlich Arkadys Bürde. Dann blieb ihr keine andere Wahl, als diese Last allein zu tragen.
65
Die Nachricht über das Schicksal von Stellan Desean und dem Ersten Spion des Königs erreichte den Palast eine ganze Weile nach Bekanntwerden des Feuers im Gefängnis. Wobei es dafür gar keines Boten bedurft hätte. Die Flammen erleuchteten den Nachthimmel wie ein Fanal. Tryan und Elyssa waren von dem Anblick so verzückt, dass sie Warlock auftrugen, Stühle auf den Balkon zu bringen, damit sie das Inferno bestaunen konnten.
Er servierte ihnen gerade das dritte Glas Wein, als Diala sich in den Gemächern der Gäste einfand, um ihren unsterblichen Genossen auf dem Balkon Gesellschaft zu leisten. Es war selten, dass sie sich mit den anderen traf, ohne dass Jaxyn oder ihr Gemahl dabei waren, und wenn sie es tat, gab sie stets nur Plattitüden von sich. Doch anscheinend war der ungewöhnliche Anblick von Herinos in Flammen stehender Silhouette Grund genug, um mit dieser Tradition zu brechen.
»Hast du diese Vorstellung für uns inszeniert, Diala?«, fragte Elyssa, als die Königin auf den Balkon trat. Sie sah sich nicht einmal um, als die andere Unsterbliche erschien. Das brauchte sie auch nicht. Elyssa hatte Dialas Kommen bereits in den Gezeiten gespürt.
»Gefällt es dir denn?«, fragte Diala.
»Sehr eindrucksvoll«, sagte Tryan. »Was genau brennt dort?«
»Das Gefängnis von Herino, glaube ich«, sagte sie und wandte sich dann Warlock zu. »Cecil, bring mir Wein. Und etwas zum Sitzen. Braver Junge!«
Warlock verbeugte sich und eilte hinein, um der Königin einen Stuhl zu holen. Wie üblich machten die Unsterblichen keinerlei Anstalten, ihre wahre Identität vor ihm zu verbergen. Ihre Arroganz erboste ihn. Jahrtausende des Überlebens ohne nachhaltige Folgen ließen sie glauben, sie könnten sich grundsätzlich alles erlauben, ohne jemals dafür zur Rechenschaft gezogen zu werden.
Warlock war sich durchaus darüber im Klaren, dass sie zu diesem Schluss gekommen waren, weil es traurigerweise der Wahrheit entsprach.
Es gab keine Folgen für Leute wie diese Unsterblichen. Warlock achtete darauf, dass man ihm seine Wut nicht anmerkte, und kontrollierte seine Rute. Dann brachte er den Stuhl nach draußen und platzierte ihn zu Tryans Linken. Anschließend schenkte er der falschen Königin ein Glas Wein ein. In der Ferne über dem See leuchteten Blitze am Himmel auf, gefolgt von einem dumpfen Donnergrollen. Wenn der Regen in diese Richtung kam, würde er vielleicht das Feuer löschen, und diese niederträchtigen Kreaturen mussten sich ein anderes makabres Schauspiel zu ihrer Unterhaltung suchen.
»War es denn vorgesehen, dass das Gefängnis in Brand gerät?«, fragte Elyssa, als Warlock Diala ihr Getränk reichte.
»Ich glaube nicht. Ich werde deswegen allerdings keine schlaflosen Nächte haben. Dort sind einige Leute eingekerkert, die uns noch den größten Gefallen erweisen, wenn sie sich rösten lassen.«
»Der Cousin und Erbe des Königs zum Beispiel?«, fragte Tryan.
Diala starrte ihn an. »Wer hat dir das verraten?«
Er lachte über ihren Gesichtsausdruck. »Niemand hat es mir verraten, Diala. Sein Prozess ist das Gesprächsthema von Herino.«
»Tryan hat recht«, sagte Elyssa. »Du kannst hier keine fünf Schritte machen, ohne dass dich jemand anhält und fragt, ob du schon das Neueste vom Prozess gehört hast.«
»Es scheint einige Zweifel an der Richtigkeit der Anklagepunkte zu geben«, fügte Tryan hinzu. »Anscheinend sind die Belastungszeugen nicht sehr überzeugend. Und es kursiert auch ein ziemlich glaubwürdiges Gerücht, dass die Beschuldigungen fingiert sind, um ein wesentlich ... blamableres ... Problem zu kaschieren.«
»Wenn du auf das Gerücht anspielst, dass Desean sich sein Vergnügen am anderen Ufer gesucht hat«, sagte Diala und wirkte
Weitere Kostenlose Bücher