Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 2 - Die Goetter von Amyrantha
Bank.
»Wollt Ihr, dass ich ein bisschen rudere?«
Desean nickte. »Wenn Ihr glaubt, dass Ihr dem schon gewachsen seid. Die Blasen an meinen Händen beginnen selber schon Blasen zu bilden.«
»Es wird mich aufwärmen.« Declan stand auf und tauschte vorsichtig mit Stellan den Platz. Er nahm die Riemen auf und begann zu pullen, angenehm überrascht, dass die Anstrengung weniger schmerzvoll ausfiel als erwartet.
Stellan Desean beobachtete ihn eine Weile schweigend von der gegenüberliegenden Bank. Schließlich fragte er: »Warum wolltet Ihr mich rausholen?«
»Tilly hat mich darum gebeten. Warum habt Ihr Euren Hals riskiert, um mich zu retten?«
»Ich war nicht sicher, ob ich Arkady je wieder ins Gesicht sehen könnte, wenn ich es nicht tue.«
Als Declan nicht antwortete, verfiel auch der Fürst für eine Weile wieder in Schweigen.
»Wisst Ihr, was mit ihr geschehen ist?«, fragte er einige Zeit später.
Declan schüttelte den Kopf. »Alles, was ich weiß, ist, dass Jaxyn sie nicht hat. Sie muss ihm in Ramahn entwischt sein. Ich habe jemanden dort, mit Befehl ihr zu helfen, wenn es möglich ist.«
»Ihr liebt sie, nicht wahr?«
Declan ruderte weiter, ohne seinen Rhythmus zu unterbrechen. »Sie ist meine älteste Freundin.«
»Das meine ich nicht, Declan, und Ihr wisst das.«
»Es bleibt jedoch die einzige Antwort, die ich Euch darauf gebe«, erwiderte er. »Wolltet Ihr nach Lebec?«
»Ich habe dort Freunde.«
»Ihr habt keine Freunde mehr, Desean. Nirgends. Wenn Ihr Euer Gesicht in Lebec zeigt, seid Ihr binnen einer Stunde wieder verhaftet.«
»Ich glaube, dass mein Personal zu mir hält, Declan, selbst wenn ich nicht länger ihr offizieller Fürst bin.«
»Euer Personal, wie Ihr sie so gewählt zu benennen pflegt, Euer Gnaden, besteht zum großen Teil aus Crasii. Jeder von ihnen steht unter dem zwingenden Befehl, auch das kleinste Gerücht von Eurem Überleben Jaxyn zu melden.«
Stellan schüttelte den Kopf. »Ich glaube nicht, dass sie mich verraten würden.«
»Sie würden es gar nicht als Verrat an Euch betrachten. Sie sind gezwungen, den Gezeitenfürsten zu gehorchen. Habt Ihr Euch nie gefragt, warum Jaxyn so verdammt gut darin war, die Crasii bei Fuß gehen zu lassen?«
Desean zuckte die Achseln. »Ich dachte einfach, er wäre ein guter Tierpfleger.«
»Es gibt kein Lebec mehr für Euch, Desean.«
»Und wohin wolltet Ihr mich sonst bringen?«, fragte Stellan. »Ich meine, Ihr seid gekommen, um mich zu befreien. Wolltet Ihr mich gleich wieder einsperren lassen, oder hattet ihr einen Fluchtplan im Kopf?«
»Ich hatte geplant, Euch in Tillys Haus zu verstecken, bis ich Euch aus Herino herausbringen kann.«
»Gut, betrachten wir diesen Plan als gescheitert. Was nun?«
Declan dachte eine Weile darüber nach. Ihm wurde klar, dass mit der allgemeinen Annahme, Desean sei gestorben, auch er selbst wahrscheinlich für tot gehalten wurde. Er versuchte zu entscheiden, ob das noch von Bedeutung war, und stellte leicht missmutig fest, dass es nicht darauf ankam. Chikita war ideal positioniert, um Jaxyns Leibwächterin zu werden. Damit verfugte die Bruderschaft über ein Paar Augen und Ohren in seinem Allerheiligsten. Die Befehle, die er selbst noch auf dem Weg zum Kerker ausgegeben hatte, stellten sicher, dass Warlock und Boots in ein paar Tagen auf dem Weg nach Caelum sein würden, mit einer sicheren Tarnung, um an Syrolees Hof zu bestehen.
Abgesehen von Jaxyn, der einen nützlichen Handlanger verlor, würde niemand trauern, wenn er nicht mehr der Erste Spion des Königs war.
»Erst mal ziehen wir nach Norden, an Lebec vorbei in die Shevronberge«, sagte er. Er war zu dem Schluss gekommen, dass es nur einen sicheren Ort für Desean gab.
»Was ist in den Bergen?«, fragte der Fürst.
Declan legte sich gleich kräftiger in die Riemen, nachdem er nun ein Ziel hatte. »Familie«, sagte er.
»Wessen Familie?«
»Meine Familie.« Der ehemalige Erste Spion lächelte den ehemaligen Fürsten in der Dunkelheit an. »Ich stelle Euch meinem Großvater vor.«
Fast zwei Wochen später kamen Declan und Stellan bei Maralyce' Mine an. Es war später Nachmittag. Die Schneewehen der letzten Tage wichen dem letzten Versuch des Herbstes, seine Präsenz in den Bergen durchzusetzen. Als sie auftauchten, saß Shalimar auf einem Stuhl vor der Hüttentür und kostete die späten Strahlen der Herbstsonne aus. Er sah Nyah zu, die Hufeisen nach einem Stock warf, der am Eingang zur Schmiede aus dem Boden ragte.
Nyah
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