Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 2 - Die Goetter von Amyrantha
lächelte und nippte an ihrem Wein. Sie musste nicht mehr überzeugt werden, aber den diplomatischen Beziehungen zwischen Torlenien und Glaeba zuliebe zweifelte sie, ob sie der kaiserlichen Gemahlin eröffnen sollte, dass sie nicht nur von der Existenz der Gezeitenfürsten wusste, sondern zwei von ihnen persönlich kennengelernt und mit einem geschlafen hatte.
Sie fand es auch weiser, nicht zu erwähnen, dass sie sich augenscheinlich in den unsterblichen Prinzen verliebt hatte. Oder auch, dass sie ihn lebendig begraben im Innern der Shevronberge zurückgelassen hatte und danach von einer Geheimorganisation rekrutiert worden war - einer Organisation, deren selbst gesetzte Aufgabe darin bestand, die Unsterblichen zu vernichten.
7
Arkady war schon beunruhigend lange fort. So lange, dass Stellan sich allmählich fragte, ob sie vielleicht unbeabsichtigt die kaiserliche Gemahlin brüskiert hatte und im Kerker gelandet war, wo sie nun auf ihre Hinrichtung wartete. Es wäre nicht das erste Mal, dass die kaiserliche Gemahlin so etwas tat. Angesichts der gegenwärtig äußerst zerbrechlichen Beziehungen zwischen Glaeba und Torlenien hielt Stellan seine Befürchtungen nicht für unbegründet. Er wanderte in seinem Arbeitszimmer auf und ab und versuchte sich einen Grund auszudenken, mit dem er den kaiserlichen Palast aufsuchen konnte, ohne dass es aussah, als sorgte er sich um die Sicherheit seiner Frau, da öffnete sich die Tür, und eine verschleierte Gestalt betrat den Raum.
»Gezeiten, könntest du mich von diesem verfluchten Ding befreien?«, bat das Gespenst ungeduldig.
Schwindelig vor Erleichterung eilte Stellan an ihre Seite, um ihr aus dem Schleier zu helfen. Darunter trug sie ein prächtiges, mehrlagiges, besticktes Goldgewand. So, wie sie aussah, hatte sie alle Register gezogen, um die kaiserliche Gemahlin zu beeindrucken.
»Gezeiten sei Dank, du bist in Sicherheit«, stieß er hervor und warf den Schleier über den nächsten Stuhl. »Ich war schon in heller Panik und dachte, dir ist etwas Schlimmes zugestoßen. Es ist ja schon fast dunkel. Gab es Schwierigkeiten?«
»Im Gegenteil«, sagte Arkady. Mit einem Seufzer ließ sie sich gegenüber dem schmiedeeisernen Tisch mit der Marmorplatte, der ihm als Schreibtisch diente, auf die gepolsterte Liege fallen. »Lady Chintara und ich sind fabelhaft miteinander ausgekommen. Anscheinend bin ich ihre erste Glaebanerin mit Sinn für Humor.«
»Dann ist alles gut gelaufen?«
Arkady warf ihm einen schrägen Blick zu. »Habe ich das nicht gerade gesagt?«
»Entschuldige, aber es scheint so unwahrscheinlich. Allen Gerüchten zufolge ist die Frau eine wahre Schreckgestalt.«
»Nun, die Butter lässt sie sich nicht vom Brot nehmen, das ist sicher, aber schrecklich war sie nicht zu mir«, versicherte Arkady. »Hast du dich wirklich so um mich gesorgt?«
Stellan nickte und ging zu einem Beistelltisch, wo er beiden ein Getränk eingoss. »Vor ein paar Monaten hat sie die Frau des senestrischen Gesandten einsperren lassen. Angeblich weil sie die falsche Farbe trug. Es war nur für ein paar Tage, aber es hätte fast zum Krieg zwischen Torlenien und Senestra geführt.«
»Das klingt nicht nach der Frau, die ich heute kennengelernt habe.«
»Vielleicht hat sie sich für die Gattin des glaebischen Gesandten von ihrer Schokoladenseite gezeigt.«
Arkady zuckte die Achseln und nahm den Wein entgegen, den er ihr reichte. »Tatsächlich haben wir einen Großteil des Tages damit verbracht, die verschiedenen Gebräuche zu erörtern, die unseren Heimatländern eigen sind. Sie ist eine sehr kundige und beschlagene Frau.«
Stellan ließ sich an ihrer Seite nieder. »Vielleicht ist das der Grund dafür, dass sie dich mag. Frauen mit deinen Vorzügen sind selten in diesem Land.«
»Frauen mit meinen Vorzügen?«, wiederholte sie mit hochgezogener Augenbraue. »Ich bin nicht sicher, wie mir das gefällt. Es klingt, als wäre ich das Schaustück in einem teuren Bordell.«
Er lächelte. »Glaub mir, es war als Kompliment gemeint. Hast du etwas Nützliches erfahren?«
»Du meinst, abgesehen davon, dass sie eindeutig keine Torlenerin ist und keine Babys zum Frühstück verspeist? Kaum.« Sie nahm einen Schluck Wein und lächelte über seinen Gesichtsausdruck. »Sie war es, die das Gespräch auf Babys zum Frühstück brachte, nicht ich. Du kannst aufhören, so besorgt dreinzuschauen.«
Stellan schüttelte den Kopf. Er war nicht sicher, ob er die Einzelheiten eines so anstößigen
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