Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 2 - Die Goetter von Amyrantha
nicht angenommen, dass das unsere Sache voranbringt«, brauste Deryon auf. Dann seufzte er und schüttelte den Kopf. »Entschuldige, Declan, ich wollte dir nicht den Kopf abreißen.
Ich bin einfach am Ende meiner Weisheit. Jedes Mal, wenn ich die beiden zusammen sehe, gefriert mir das Blut in den Adern.«
»Ich weiß, was du meinst.«
»Mein Leben lang habe ich die Überlieferung geschützt und mich dafür eingesetzt, die Menschheit vor den Flausen der Unsterblichen zu bewahren. Und wohin hat uns das gebracht? Zwei Unsterbliche haben sich direkt vor unserer Nase einquartiert, die Gezeiten steigen, und ich stelle fest, dass ich nichts dagegen tun kann. Wir sind hilflos.«
»Nicht völlig hilflos«, widersprach Declan. »Diesmal haben wir die Arks auf unserer Seite.«
»Auf wie viele Arks können wir zählen, hm? Bestenfalls ein paar Tausend? Das reicht nicht, um die Gezeitenfürsten zu stürzen.«
»Wir brauchen einen Ark in Kylias Dienerschaft.«
»Ich dachte, so viel wäre offensichtlich. Die Frage ist: Wer kann das sein?«
Declan zog die Stirn in Falten und suchte im Geiste nach passenden Kandidatinnen. »Unter den Arkfrauen, die wir im Tal versteckt haben, wüsste ich keine mit der nötigen Ausbildung, um als Dienstmädchen bei einer Adeligen zu bestehen. Die meisten würden vermutlich sowieso versuchen die Prinzessin zu beißen, sobald sie sie zu Gesicht bekommen.«
Lord Deryon lächelte grimmig. »Ich fürchte, da hast du recht. Was ist mit deiner Chamäleon-Crasii? Wie war noch ihr Name? Tiji, nicht wahr? Kann sie den Auftrag nicht ausführen?«
Declan schüttelte den Kopf. »Ihre Fähigkeit besteht darin, an Orte zu kommen, wo sie nicht hingehört, und sich dort lange genug aufzuhalten, um etwas Brauchbares zu erfahren. Sie ist nicht zur Dienerin ausgebildet, und selbst wenn ich es wollte, ich könnte sie dir nicht überlassen. Sie ist in Caelum.«
Lord Deryon hob die Brauen. »Was macht sie denn in Caelum?«
Declan schmunzelte über eine so naive Frage. »Ich bin der Erste Spion, und ich habe sie dort hingeschickt. Was glaubst du, was sie tut, Karyl?«
»Caelum ist ein Verbündeter Glaebas«, beharrte der alte Mann mit leicht konsternierter Miene. »Warum spionieren wir da?«
»Aus zwei Gründen. Erstens: Egal was sie in der Öffentlichkeit sagt, Königin Jilna von Caelum ist fuchsteufelswild über die Zurückweisung ihrer Tochter Nyah als Braut für Mathu. Zweitens hat eine Person, die sich Großfürstin von Torfall nennt, ihren Sprössling als alternativen Ehemann angeboten.«
»Und warum schert es uns, ob die Caelaner einen Trottel finden, der ein zehnjähriges Mädchen heiratet?«
»Weil Nyah, wenn sie erst geheiratet hat, den Thron besteigen kann, und dann wird dieser namenlose Trottel zum König unseres Nachbarlandes.«
Lord Deryon wirkte ein wenig irritiert. »Wenn das wirklich geschieht, finden wir schon einen Weg, uns mit ihm zu arrangieren. Ich bin erstaunt, dass du eine so wertvolle Quelle wie Tiji an solche Bagatellen verschwendest, während sich bei uns im Palast die Gezeitenfürsten stapeln.«
»Ich hätte das wahrscheinlich nicht getan, wenn es wirklich einen Ort namens Torfall gäbe.«
Jetzt sah der alte Mann endgültig verwirrt aus. »Du meinst, das gibt es gar nicht?«
»Auf keiner Karte, die mir zugänglich ist.«
Lord Deryon schaute verständnislos drein. »Dann ist wohl davon auszugehen, dass dieser Mann ... oder vielmehr diese Fürstin ... eine Art Betrug planen?«
Declan lächelte über die Gabe des alten Mannes, dezent zu untertreiben. »Das nehme ich an.«
»Haben wir Königin Jilna gewarnt, dass dieser Mann womöglich ein Schwindler und Hochstapler ist?«, fragte er nun leicht aufgeschreckt.
Declan schüttelte den Kopf. »Mich beschäftigt mehr die Frage, wer die Fürstin und ihr Sohn wirklich sind. Jilna zu warnen ist zweitrangig. Die hat ihren eigenen Ersten Spion, und wenn sie wirklich dumm genug ist, diesen Antrag um die Hand ihrer Tochter anzunehmen, ohne Ricard Li auf den Freier anzusetzen, dann ist sie selber schuld. Ich sorge mich wegen etwas anderem. Die Flut kommt, Karyl, und plötzlich schießen überall Hochstapler aus dem Boden. Wenn man bedenkt, wer sich dieser Tage alles in unserem Königspalast herumdrückt, scheint es mir weise, zu überprüfen, ob unsere Nachbarn nicht an derselben Krankheit leiden.«
Der alte Mann erbleichte sichtlich, als er Declans Gedankengang begriff. »Gezeiten! Du willst mir doch nicht sagen, dass diese Fürstin eine
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