Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 3 - Der Palast der verlorenen Traeume
nichts mehr wehtut.«
Declan legte ihr seine kühle Hand auf die Stirn. Es fühlte sich so köstlich real an. Sie wandte sich ihm zu und küsste seine Handfläche. Vielleicht hatten die Crasii ja recht, und es gab tatsächlich einen Himmel, und in ihrem Himmel war es kühl und dunkel, und Declan war da und kümmerte sich um sie …
»Du bist nicht tot, Arkady«, sagte Declan und zog behutsam seine Hand weg. »Aber das kann sich schnell ändern, wenn wir nicht machen, dass wir hier wegkommen, bevor jemand auf die Idee kommt, nach dir zu sehen.«
Es dauerte ein Weilchen, bis die Bedeutung der Worte zu ihr durchdrang. Sie stützte sich auf einen Ellenbogen und starrte das Traumbild aus Hoffnung und Wunder an, und dann begann sie daran zu zweifeln, dass es ein Traumbild war.
»Declan? Bist du es wirklich?«
Er schmunzelte. »Weißt du denn nicht, dass ich immer in deiner Nähe bin, um dich aus den heillosen Schlamasseln zu retten, in die du dich dauernd bringst, Kady Morel?«
»Gezeiten!« Arkady setzte sich kerzengerade, als die Ereignisse des Tages alle auf einmal in ihr Bewusstsein drängten – und mit ihnen die verblüffende Erkenntnis, dass sie wirklich nicht tot war. »Cydne!«
»Meinst du ihn?«, fragte Declan und warf einen Blick über seine Schulter.
Von dem Arzt aus Port Traeker war nicht mehr viel übrig, soweit Arkady in der Dunkelheit überhaupt etwas erkennen konnte. Obwohl es schien, als bewegte er sich gelegentlich, waren das vielmehr die Gobie-Ameisen, die ihn vollständig bedeckten und diese Täuschung hervorriefen. Seine Augenhöhlen waren leer, und an den Stellen, wo die Ameisen Platz ließen, um etwas zu erkennen, gab es kein bisschen Haut mehr. Arkady wandte den Blick ab. Cydne hatte es wirklich verdient, für das zu leiden, was er angerichtet hatte, aber dieses Los war niemandem zu wünschen …
»Warum hast du ihn nicht gerettet?«
Declans Miene verhärtete sich. »Ist das nicht der Mann, der dich als Sklavin gehalten hat?«
Sie nickte und schlug die Augen nieder, unfähig, seinem Blick zu begegnen. Gezeiten, wie soll ich dir nur die letzten Monate erklären?
»Dann hat er den Tod verdient«, sagte Declan ungerührt. Aber Arkady hörte gar nicht richtig hin, denn als sie seinem Blick auswich und auf ihre nackten Brüste hinabschaute, fiel ihr auf, dass sie nicht nur splitternackt war, sondern dass noch etwas fehlte.
»Es ist weg.«
Er sah sie verdutzt an. »Was ist weg?«
»Mein Sklavenbrandmal.« Als er sie weiterhin verständnislos ansah, fügte sie hinzu: »Man hat mir ein Zeichen eingebrannt, Declan. Mit einem Brenneisen. Auf meine rechte Brust. Hier. Und jetzt ist es nicht mehr da.« Sie streckte ihre Hände aus, drehte sie in alle Richtungen und untersuchte sie staunend. »Auch sonst sind keine Spuren an mir zu sehen. Gezeiten, du hast doch nicht Arryl gebeten, mich magisch, zu heilen, oder?«
»Arryl?«, fragte Declan verblüfft. » Welche Arryl?«
»Die unsterbliche Arryl natürlich«, sagte sie. »Sie war es, die uns zum Tode verurteilt hat. Wie hast du sie dazu gebracht, ihre Meinung zu ändern?«
Declan erbleichte. »Arryl ist hier? In Wasserscheid?« Hastig stand er auf und reichte ihr die Hand. »Wir müssen von hier verschwinden. Sofort.«.
Sie ließ sich von ihm hochziehen. Sie war voller Fragen, und es gab so viel, was sie Declan erzählen musste. Was ihr alles passiert war. Dass Cayal einen Weg gefunden hatte, zu sterben. Wie es kam, dass sie überlebt hatte. Wie sie Tiji gefunden hatte, und die anderen Chamäliden …
Und sie wünschte, sie hätte mehr am Leib als nur einen Lendenschurz.
»Aber wir können doch sicherlich …«
Declan hob eine Hand und bedeutete ihr, still zu sein, als würde er auf etwas lauschen. Er verharrte eine Weile in dieser Position, reglos wie ein Reptilien-Crasii, dann griff er nach ihrer Hand. »Vertrau mir, Arkady. Wir müssen hier schleunigst weg, bevor …«
»Bevor die anderen Unsterblichen dich finden?«
Beide fuhren herum, als eine dritte Person, die Arkady gar nicht bemerkt hatte, sich zu Wort meldete. Die Frau, die Declans Satz beendete, kam aus Richtung des Dorfes auf sie zu. Sie trug eine Fackel, deren Licht sie wie ein Kranz umgab, was die Schatten ringsum noch finsterer und bedrohlicher erscheinen ließ.
Arkady trat unwillkürlich näher an Declan heran. Sie erwartete halb, dass die Frau ihr auf den Leib rückte, aber Arryl benahm sich, als sei Arkady gar nicht da.
Ihre Aufmerksamkeit galt ausschließlich Declan,
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