Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 3 - Der Palast der verlorenen Traeume
der Gerechtigkeit gebunden und an die Gobie-Ameisen verfüttert«, sagte er mit ungewohnter Wildheit.
»Und wie kommt es, dass ich noch lebe?«
»Arryl hat dich gerettet.«
»Mit Gezeitenmagie?«
Er nickte.
»Du hast eine Suzerain Gezeitenmagie bei mir anwenden lassen?«
»Die Alternative wäre gewesen, dich sterben zu lassen, Tiji.«
Sie war entsetzt. »Was, wenn sie irgendwas mit mir gemacht hat? Was, wenn sie mich verändert haben und ich ihnen jetzt gehorchen muss oder so was? Was, wenn …« Azquil brachte ihre Befürchtungen mit einem Kuss zum Schweigen. Sie war so überrumpelt, dass sie vergaß, was sie hatte sagen wollen. Als sie Luft holten, stammelte sie: »Ahm … was, wenn sie mich verändert haben … sodass ich dich nicht mehr liebe?«
»Eigentlich wusste ich noch gar nicht, dass du mich liebst«, Azquil grinste breit.
Oh, Gezeiten, das hab ich gar nicht sagen wollen … »Also, es ist nur … Ich meine, ich meinte …«
Er beugte sich vor, fasste sie zärtlich bei den Schultern und küsste sie erneut. Seine köstlich flirrende Zunge ließ ihr Herz schneller schlagen. »Es ist schon gut, Tiji. Du musst dich nicht rechtfertigen«, hauchte er gegen ihre Haut. »Alles, was du jetzt musst, ist wieder gesund werden.« Er ließ sie los, erhob sich und bot ihr die Hand. »Ich kann mir vorstellen, dass du am Verhungern bist, immerhin hast du die letzten Tage nichts bei dir behalten können.«
Tiji nickte, als sie merkte, dass das Leeregefühl in ihrem Bauch wirklich Hunger war und nicht nur eine Reaktion darauf, dass Azquil sie nicht mehr küsste. »Jetzt, wo du es sagst, könnte ich tatsächlich eine Kleinigkeit vertragen.«
»Dann lass uns etwas zu essen besorgen«, sagte er und zog sie hoch. »Ambria ist noch in Wasserscheid, zusammen mit Arryl und Medwen. Ich glaube nicht, dass sie heute Nacht noch zurückkommen, wir haben also sturmfreie Bude. Lass uns die Speisekammer der Trinität plündern.«
Tiji nickte und spürte, wie ihre Hautfarbe schon wieder flimmerte. Zum Glück war Azquil zu sehr Kavalier, um auch nur ein Wort darüber zu verlieren.
Sie lächelte ihn an und ließ sich von ihm an der Hand in die große gemütliche Küche des Außenpostens führen. Und dort machte er sich daran, ihr ein Abendessen zu kochen, als wären sie ein verheiratetes altes Menschenpaar.
»Und … was ist das?«, fragte Tiji, als Azquil die dampfende Schüssel vor ihr auf den Tisch stellte.
»Stew aus Heuschrecken und Kakerlaken«, sagte er. »Mit ein bisschen menschlichem Säugling als Zugabe. Ambria hat noch ein paar davon in der Speisekammer hängen.«
Tiji zögerte kurz, dann schob sie sich einen ordentlichen Löffel von dem pikant gewürzten Eintopf in den Mund. »Du ziehst mich doch bloß auf, oder?«, fragte sie mit vollen Backen.
Er lächelte und nahm ihr gegenüber Platz. »Nur ein bisschen. Die Wahrheit ist, ich weiß nicht genau, was es ist. Ich hab das Fleisch in Ambrias Speisekammer gefunden. Nach allem, was ich weiß, könnte es durchaus menschlicher Säugling sein.«
»Solange es nur keine Kakerlaken sind«, sagte sie und griff nach dem Schälchen mit dem Salz. »Man muss ja Grenzen setzen. Das Essen von Kakerlaken geht mir entschieden zu weit.«
»Aber menschliche Säuglinge gehen in Ordnung?«
»Wenn genug Salz dran ist«, gab sie grinsend zurück. Tiji hatte noch nie jemanden wie Azquil gehabt, mit dem sie herumalbern und Neckereien austauschen konnte. Bis auf Declan.
Gezeiten, ich muss Declan eine Nachricht schicken …
Azquil lachte und machte sich über seine Mahlzeit her. Ausgehungert schob Tiji alle Gedanken an ihr früheres Leben beiseite und schlang den Eintopf in sich hinein. Sie überlegte gerade, mit was für einem Scherz sie elegant um einen Nachschlag bitten könnte, da stieg ihr unvermittelt ein widerlicher Dunst in die Nase.
»Ambria kommt zurück.«
Azquil schnupperte kurz und schüttelte dann den Kopf. »Ich rieche nichts.«
»Du bist ihren Geruch gewohnt«, sagte sie. »Glaub mir, da kommt ein Suzerain.«
»Ich wünschte wirklich, du würdest sie nicht so nennen«, sagte Azquil und runzelte die Stirn. »Die Trinität sind unsere Freunde.«
»Eure Freunde, Azquil, nicht meine.«
»Arryl hat dir das Leben gerettet.«
»Ich hab sie nicht darum gebeten.«
»Willst du damit sagen, du wärst lieber gestorben, als dir von einer Unsterblichen helfen zu lassen?«
Ja!, wollte Tiji spontan mit Nachdruck sagen, aber sie spürte, dass dies eine heikle Kardinalfrage
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