Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 3 - Der Palast der verlorenen Traeume
eben freigelassen hatten, fügte sie hinzu: »Ich habe euch nicht befohlen, die Sklavin loszulassen.«
»Ich bin nicht deine Sklavin, du blöde Ziege«, sagte sie zu Olegra und griff sich an die Brust, wo sie das falsche Brandmal an einer Ecke abgepult hatte. Mit einem Ruck zog sie das Zeichen ab und schleuderte es Olegra ins Gesicht.
»Erhebt noch einmal die Hand gegen diese Frau, und Ihr werdet es bereuen«, sagte Arryl warnend, bevor Olegra reagieren konnte. »Sie ist eine Schülerin von mir und steht unter meinem Schutz.«
Klugerweise rührten sich die Männer nicht.
Die junge Frau war bleich vor Wut. »Hört nicht auf sie! Ich habe befohlen!, dieses mordgierige Flittchen in Arrest zu nehmen!«
Die Männer zögerten unentschlossen. Dann nickten sie in Richtung ihrer Gebieterin. Declan hielt sich bereit. Bei ihrer ersten Bewegung in Arkadys Richtung schlug er zu. Er tauchte in die Gezeiten, wie Cayal es ihm beigebracht hatte, und zog die Luft von den beiden Söldnern ab. Vor seinen Augen begannen sie verzweifelt zu röcheln. Er spürte, wie die Gezeiten kurz aufwallten, dann fing jeder Bewaffnete im Umkreis an, nach Luft zu ringen und sich an den Kragen zu fassen, als Cayal mit dem Rest der Söldner dasselbe tat. Binnen weniger Augenblicke waren die einzigen Sterblichen weit und breit, die noch atmen konnten, Arkady, die verwundete Felide am Boden, Ulag Pardura und die junge Frau neben ihm.
Pardura sah sich in Panik um, als seine Männer nach und nach zu Boden gingen. »Was geschieht hier? Was tut Ihr da?«
Bemerkenswert, dachte Declan, dass Pardura gleich den Ursprung der Störung erkennt, ohne lange fragen zu müssen. Vielleicht war er einer der Männer, die versucht hatten, die Wahrheit gewaltsam aus Medwen und Ambria herauszupressen, und dabei erkennen mussten, dass die Unsterblichen durchaus noch existierten.
»Ihr werdet die Feuchtgebiete verlassen«, sagte Arryl. »Und Ihr werdet nicht wiederkommen, mit Ausnahme eines einziges Schiffes, das mir meine Schwestern zurückbringt – die Ihr gegenwärtig gefangen haltet.«
»Ich weiß nicht, wovon …«
»Solltet Ihr euch widersetzen«, fuhr Arryl fort, als hätte er gar nicht gesprochen, »so werde ich meinen Brüdern erlauben, die Bestrafung über Euch zu bringen, die Ihr mitsamt den Euren verdient habt, was auch immer sie für angemessen halten. Ihr werdet jetzt zustimmen, bedingungslos, oder Eure Männer sterben, gefolgt von Euch und Eurer jungen Freundin hier.« Arryl warf einen unbeteiligten Blick auf die erstickenden Söldner ringsum. »Entscheidet Euch, kümmerlicher Sterblicher. Euch bleiben noch etwa fünf Atemzüge, bevor Eure Männer anfangen zu verenden.«
Ulag Pardura sah aus, als wollte er noch spitzfindig werden, also machte Declan etwas mehr Druck und entzog auch der jungen Frau die Atemluft.
Sowie sie hilflos zu röcheln begann, gab der Sterbliche auf. »In Ordnung! Hört auf! Ich stimme zu!«
Elektrisiert von den wallenden Gezeiten und dem Gefühl seiner Macht, lockerte Declan nur widerwillig seinen Zugriff auf die Luft, doch schließlich ließ er sie zurück in das entstandene Vakuum gleiten. Die junge Frau fing sofort untröstlich zu weinen an. Die halb erstickten Söldner japsten, husteten und würgten, als ihre ausgedörrten Lungen gierig die kostbare Luft einsogen.
Arryl sah Cayal an und lächelte. »Da siehst du es. Ich sagte dir ja, dass Sterbliche durchaus vernünftig sein können.« Dann wandte sie sich wieder Ulag Pardura zu. »Geht jetzt. Ihr habt zwei Tage, um meine Schwestern zurückzubringen. Wenn Ihr versagt, wird Euch die letzte Sumpffieberepidemie, die Port Traeker heimgesucht hat, barmherzig vorkommen im Vergleich zu der Verwüstung, die meine Brüder dann über eure jämmerlichen Existenzen bringen.«
»Was ist mit meinem Gemahl?«, fragte die junge Frau unter Tränen.
»Dein Gemahl hat für seine Verbrechen gebüßt, Kind«, sagte Arryl. »Sei dankbar, dass ich nicht auch dich dafür zur Verantwortung ziehe.«
Die Frau des Arztes sah aus, als wollte sie Einwände erheben, doch der Mann packte ihren Arm, zog sie dicht an sich heran und flüsterte ihr etwas ins Ohr. Daraufhin beruhigte sie sich merklich. Dann drehte er sich um und gab seinen Männern den Befehl zum Abrücken.
Kurz darauf war die junge Lady Medura auf dem Rückweg. Mit einem Canidensklaven direkt hinter sich, dessen einzige Aufgabe im Halten eines Sonnenschirms zu bestehen schien, marschierte sie durch das nächtliche Dorf, ihren Bruder und
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