Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 3 - Der Palast der verlorenen Traeume
seine Söldner im Schlepptau.
Declan eilte zu Arkady, um zu prüfen, ob ihr etwas passiert war, doch sie kniete auf dem Boden und löste die Ketten der verletzten Felide.
»Geht es dir gut?«
»Mir fehlt nichts. Das ist Jojo. Kannst du ihr helfen?«
Er hockte sich neben Arkady und musterte die Felide neugierig. »Ist das nicht die Felide, die dich an die Familie des Doktors verraten hat?«
»Sie ist eine Crasii, Declan. Es war nicht ihre Schuld. Sie hat nur nicht gewusst, was sie sonst tun sollte.«
Declan runzelte die Stirn, unsicher, ob er Arkadys Großmut teilte. Die Felide versuchte sich aufzurappeln. Obgleich sie dabei sichtlich Qualen litt, schien sie wild entschlossen, vor Declan niederzuknien. »Ich … atme nur … um Euch … zu dienen …«
Gezeiten, ich wünschte, sie würden das nicht immer tun …
»Bist du unverletzt, Arkady?«, fragte Arryl, die hinter ihnen auftauchte.
Sie nickte. »Aber Jojo ist in ganz schlechter Verfassung. Ich habe gerade Declan gebeten, ihr zu helfen.«
Arryl schüttelte den Kopf. »Nein, nicht schon wieder. Diese Übung sollten wir uns noch ein Weilchen verkneifen. Zumindest bis dein Freund hier wirklich weiß, was er tut. Ich heile deine kleine Kumpanin. Declan, wie wäre es, wenn du in der Zwischenzeit zusammen mit Cayal unseren Freunden zu ihren Schiffen folgst? Nur um sicherzugehen, dass sie wirklich abfahren.«
Declan nickte und stand auf. »Glaubst du, sie kommen wieder?«
»Ganz bestimmt.«
»Bringen sie Medwen und Ambria zurück?«
»Vermutlich.«
Er betrachtete Arryls Gesicht im Licht ihres brennenden Stabes. »Aber du glaubst nicht, dass man sie herausgeben wird?«
»Nicht, ehe wir unseren Standpunkt ein zweites Mal und mit deutlich mehr Nachdruck vertreten haben«, antwortete Cayal, der mit dem Rücken zu ihnen stand und den Sterblichen nachsah, die sich ziemlich gedämpft in Richtung des Dorfes und ihrer Schiffe zurückzogen.
Arryl nickte bestätigend. »Sterblichen muss man vieles leider mehrmals einschärfen, bis sie ihre Lektion endlich gelernt haben. Diese Eigenart ist allerdings auch einigen Unsterblichen nicht fremd.«
Declan hatte das deutliche Gefühl, dass die Anspielung ihm galt, wusste aber nicht, womit er sie verdient hatte. Er wandte sich an Arkady. »Geht es dir auch wirklich gut?«
Sie nickte. »Geh nur. Hilf Cayal, diese kümmerlichen Sterblichen wegzuschicken.«
Arryl schmunzelte. »Ist es zu fassen, dass ich das gesagt habe, ohne auch nur ein bisschen zu grinsen?«
Declan war verblüfft, wie eitel Arryl plötzlich klang. Er lächelte über ihre kindliche Freude.
»Du warst wirklich überzeugend«, versicherte ihr Cayal.
»Kentravyon kann es besser.«
»Hast du nicht gesagt, er ist ein psychotischer Massenmörder?«, fragte Declan.
»Deswegen kann er es ja so viel besser«, erwiderte sie. »Los jetzt, Declan, geh Cayal zur Hand. Und du, Arkady, kannst mir helfen, dieses arme Geschöpf nach drinnen zu tragen, damit wir ihr Erleichterung verschaffen können. Wo stecken denn Azquil und Tiji?«
»Ich habe ihnen gesagt, sie sollen sich verstecken, bis die Söldner weg sind.«
»Dann dürften sie ja bald herauskommen. Wenn sie wieder hier sind, sollen sie etwas Wasser kochen.«
»Um die Wunden zu reinigen?«
»Keineswegs«, sagte Arryl und hob mit Arkady die Felide hoch, während Declan und Cayal sich aufmachten, den abziehenden Söldnern zu folgen. »Ihre Wunden kann ich mit Hilfe der Gezeiten heilen. Das Wasser ist für mich, Liebes. Ich hätte jetzt zu gern eine Tasse Tee.«
53
Sie warteten am Kai, bis das letzte von Amphiden gezogene Schiff außer Sicht war. Cayal nahm an, dass sie jetzt vorerst ihre Ruhe hatten und bald zum Haus zurückkehren konnten, wo Arkady und Arryl warteten. Es war mittlerweile stockfinster, und die Nacht war angefüllt mit dem zirpenden Gesang von Millionen hungriger Insekten, die ihn jedoch, wie Cayal immer wieder heilfroh feststellte, nicht für genießbar hielten.
Declan Hawkes stand abwartend neben ihm, die Hände tief in den Taschen vergraben. Der Mann war bis zum Überlaufen voller Fragen, voller Zweifel, voller Zorn und voller Staunen. Cayal erinnerte sich dunkel, dass er sich vor vielen Jahrtausenden einst genauso gefühlt hatte. Die Gezeiten zu entdecken, das war für einen neuen Unsterblichen eine gefährliche, aber auch wundersame Zeit. Und obwohl er den Ersten Spion nicht sonderlich mochte und ihm nicht traute, beneidete er ihn unwillkürlich ein wenig um die vor ihm liegende
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