Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 3 - Der Palast der verlorenen Traeume
zögerte, unfähig, ihr in die Augen zu sehen.
»Dann werde ich mal wieder zu den anderen gehen«, sagte sie und ging zur Tür.
»Arkady …«
»Was?«, fragte sie und drehte sich wieder um.
»Es tut mir leid.«
»Wie bitte?«
»Ich sagte, es tut mir leid.«
»Ja, das habe ich schon beim ersten Mal verstanden. Ich wollte nur sehen, ob du an den Worten erstickst, wenn du sie mehr als einmal sagen musst.«
Declan sah nicht belustigt aus. Er seufzte und streckte verzweifelt die Hände in die Luft. »Gezeiten, was willst du denn hören, Arkady?«
»Oh, ich weiß nicht«, sagte sie und trat einen Schritt näher. »Wie wäre es mit: Arkady, ich verzeihe dir alle Scheußlichkeiten, die du in letzter Zeit tun musstest, um zu überleben? Wie wäre es mit: Es war falsch von mir, dich für eine Hure zu halten?«
»Das habe ich nie getan!«
»Du hast mich bezichtigt, nur mit dir schlafen zu wollen, um eine Schuld zu begleichen, Declan«, erinnerte sie ihn, entschlossen, ihm begreiflich zu machen, wie sehr er sie damit verletzt hatte. »Der einzige Unterschied dazu, Geld für Sex zu nehmen, besteht in der Währung der Übereinkunft.«
»Ich meinte es nicht …«
»Und ob du es so meintest!« Sie kam einfach nicht an gegen das Verlangen, diese schwelende Wunde endlich aufzustechen. »Genau das hast du gemeint. Genau das unterstellst du mir nämlich. Als du dahinterkamst, dass ich mit Fillion Rybank geschlafen habe, warst du fuchsteufelswild, obwohl es schon anfing, als ich erst vierzehn war und es nicht besser wusste, und obwohl ich es nur tat, weil ich glaubte, es würde meinen Vater retten. Ich dachte sogar lange, du hättest es mir verziehen. Bis ich geheiratet habe. Dann warst du plötzlich sicher, dass ich wegen seines Geldes mit Stellan schlafe, bis du dahinterkamst, dass seine Veranlagung gar nicht in diese Richtung geht, was dich wohl restlos verwirrt haben muss. Und als ich dir erzählt habe, was sich mit Cydne abgespielt hat, da dachtest du nur, ich habe es wieder getan, oder etwa nicht?« Sie zuckte wütend die Achseln, und Tränen standen ihr in den Augen. »Rückblickend dürfte ich überhaupt nicht überrascht sein. Bei meiner Vorgeschichte – wie solltest du da nicht glauben, dass ich dem heldenhaften Retter, der mich vor den fleischfressenden Ameisen bewahrt hat, meinen Körper als Dankeschön anbieten wollte?«
Declan starrte sie eine ganze Weile wortlos an.
Enttäuscht, dass er nichts dazu zu sagen hatte, zuckte Arkady erneut die Achseln. »Entschuldigung angenommen, Declan. Ich hoffe, vor dir liegt eine angenehme Ewigkeit ohne mich.«
Sie wandte sich wieder zur Tür, doch bevor sie den zweiten Schritt getan hatte, packte Declan sie am Arm und zog sie an sich. Ohne ein Wort, ohne Ausflüchte oder weitere leere Entschuldigungen tat er, was er schon neulich im Außenposten hätte tun sollen, als sie ihre geheimsten Hoffnungen und Träume mit ihm geteilt hatte: Er küsste sie. Küsste sie so, wie sie es sich von ihm ihr Leben lang gewünscht hatte.
Die Verblüffung, so plötzlich seine Lippen auf ihren zu spüren, ließ sie den Kuss, ohne nachzudenken, erwidern, und ihr Zorn über seine Vermessenheit schürte ihr Verlangen noch. Seine starken Arme umfingen sie fester, und ihr beinahe nackter Körper drückte sich gegen das Leinen seines Hemdes, als wollte jede Faser ihre Haut liebkosen.
Für einen flüchtigen Augenblick überließ sich Arkady diesem herrlichen Gefühl …
Und dann gewann ihr Verstand die Oberhand, und sie stieß ihn von sich. Ihr Herz klopfte wild, aber sie war entschlossen, einer so unverfrorenen Manipulation nicht zu erliegen.
»Gezeiten, Declan!« Ein Teil von ihr wollte ihm eine Lektion erteilen – ihn dafür bestrafen, dass er an ihr gezweifelt hatte –, während der andere Teil sich wieder in seine Arme werfen und dieses Gefühl von Geborgenheit und Kraft genießen wollte. »Glaubst du, du kannst mit einem Kuss alles wieder in Ordnung bringen?«
Declan reagierte auf ihren Vorwurf, wie er schon immer reagiert hatte, wenn sie mit ihm schimpfte, schon als sie noch Kinder waren.
Er grinste sie an. »Dachte, es wäre einen Versuch wert.«
Arkady boxte ihm wütend auf die Brust. »Du bist unverbesserlich.«
»Das hast du schon gewusst, als du acht Jahre alt warst, Arkady. Warum klingst du so überrascht?«
Arkady öffnete den Mund, um … nichts zu sagen. Declan hatte recht. Sie kannte diesen Mann besser als sich selbst. Sie wusste, was ihn antrieb, wusste besser als er
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