Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 3 - Der Palast der verlorenen Traeume
Cydne schon vor einigen Tagen alle anderen Patienten nach Hause geschickt, als der infizierte Canide von seinem sauer dreinschauenden Eigentümer in der Klinik abgegeben wurde.
Geriko verbeugte sich reumütig, als sein Gebieter ihn ansah. »Verzeiht, Herr. Ich hab Kady bloß vom Sumpffieber erzählt. Sie hatte noch nie damit zu tun.«
Cydne blieb vor ihnen stehen und betrachtete Arkady nachdenklich. »Ist das wahr? Nun, ich nehme an, es ist denkbar, da du ja nicht aus dieser Gegend stammst. Daran hätte ich denken sollen, bevor …« Seine Stimme verlor sich, und er runzelte besorgt die Stirn.
»Bevor was?«
»Bevor du damit in Berührung kommst«, sagte er, dann zuckte er die Achseln. »Tja, na ja, wir werden es bald genau wissen. In den nächsten ein, zwei Tagen müsstest du Symptome zeigen. Dieses teuflische Fieber hat eine verflixt kurze Inkubationszeit.« Er wandte sich an den großen Sklaven, als sei ohne Bedeutung, dass er Arkady soeben eröffnet hatte, welch tödliches Verhängnis über ihr schwebte. »Hast du den Leichnam verbrannt, wie ich dir aufgetragen habe?«
»Ja, Herr.«
»Dann geh jetzt in deine Unterkunft. Bis morgen, Geriko.«
»Herr.« Der große Mann warf Arkady aus dem Augenwinkel einen kurzen Blick zu, verbeugte sich vor seinem Herrn und zog sich zurück.
»Du kannst draußen warten«, sagte Cydne zu Jojo.
Die Felide verbeugte sich ebenfalls höflich und verließ mit dem Mantel ihres Herrn den Raum. Cydne wartete, bis sie allein waren, bevor er sich Arkady zuwandte. »Das kannst du morgen früh zu Ende bringen.«
Sie nickte, erhob sich und warf den Waschlappen in den Kübel mit Seifenwasser. »Wie der Herr befiehlt.«
»Gezeiten! Du hast noch immer keine Spur von Demut an dir, Kady.«
»Habe ich Euch irgendeinen Anlass gegeben, meine Arbeit zu bemängeln?«
»Das nicht. Aber du benimmst dich immer noch, als hätte ich dich als Assistentin eingestellt und nicht als Sklavin erworben.«
»Wenn es nun mal gut für mein Seelenheil ist, was kümmert es Euch?«
»Den Leuten ist dein Mangel an Unterwürfigkeit nicht entgangen.«
»Den Leuten?«, fragte sie mit hochgezogener Augenbraue. »Oder einer bestimmten Person?«
Cydne errötete tief, eine Anfälligkeit, von der ihn auch seine Ehe nicht hatte kurieren können. »Meine Gemahlin empfindet dein Verhalten als zu … vorlaut.«
Wie sich gezeigt hatte, war Olegra, Cydnes im Vorfeld so gefürchtete Gemahlin, eine maßlos verzogene Göre. Hübsch, etwas rundlich und mit der kreischenden Stimme eines schlecht gelaunten Fischweibs gesegnet, war die Siebzehnjährige fest davon überzeugt, dass die Welt ausschließlich zu ihrem Vergnügen da war und Cydne als ihr Gemahl ihr jeden Wunsch zu erfüllen hatte.
Es überraschte Arkady nicht sonderlich zu hören, dass Cydnes Braut die wii-ah ihres Gemahls missbilligte. Die neue Lady Medura hatte die Klinik bei verschiedenen Gelegenheiten besucht, doch keiner dieser Abstecher hatte dazu beigetragen, sie bei den dort arbeitenden Sklaven beliebter zu machen, und bei den Patienten war es nicht anders. Sein Beruf war ihr schlicht ein Gräuel, das galt noch weit mehr für seinen wohltätigen Einsatz unter den weniger begüterten Einwohnern von Port Traeker, auch wenn das Bedingung für die Mitgliedschaft in der senestrischen Ärztegilde war. Da sie nicht nachvollziehen konnte, warum man den Wunsch haben sollte, niederen Geschöpfen Gutes zu tun, hatte sie sich in den Kopf gesetzt, Cydnes Hingabe an seine Arbeit sei in Wahrheit nur Leidenschaft für seine billig gekaufte Assistentin und habe nichts mit dem schlimmen Gesundheitszustand der Armen von Port Traeker zu tun.
Und das, stellte Arkady fest, war mit das Seltsamste an dieser verrückten senestrischen Gesellschaft, zu der sie nun gehörte. Olegra war Mitglied derselben streng religiösen Sekte, zu der auch die Gemahlin des torlenischen Gesandten gehörte -jene Frau, die Kinta ins Gefängnis werfen ließ, weil sie sie eine Hure genannt hatte. Sie huldigten dem Fürsten der Askese, aber ihre Glaubenssätze hätten Jaxyn gar nicht gefallen. Die Sekte verdammte jeden Geschlechtsverkehr, der nicht ausschließlich der Fortpflanzung diente. Andere Beziehungen als die zwischen Mann und Frau galten sowieso als völlig abartig, und man betete außerordentlich häufig (manchmal vier- bis fünfmal am Tag) zu einem Unsterblichen, der – wie Arkady nur zu gut wusste – keins dieser Gebete je erhören würde, selbst wenn er sie vernommen hätte.
Arkady war es
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