Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 3 - Der Palast der verlorenen Traeume
Zerschlagen der restlichen Flaschen abzuhalten. Solange sie sich ganz auf die kleine Chamäleon-Crasii konzentrierte, konnte Arkady wenigstens vorübergehend aufhören, im Geiste die Leichen all der Crasii zu zählen, denen sie lächelnd Cydnes tödliches Tonikum verabreicht hatte – seit Wochen.
»Kennst du dieses Wesen persönlich?«, fragte Jojo. Zwar hatte sie Arkady auf Cydnes Befehl hin angegriffen, doch ansonsten schien sie ihrer Mitsklavin nicht feindlich gesonnen.
»Sie gehörte früher zu einem Freund von mir.« Arkady drehte Tiji auf die Seite. Sie hatte keine Ahnung, was sie noch für sie tun konnte. Es war schön und gut, dass sie die Symptome einer Holzgeistvergiftung wiedererkannt hatte, aber es stand auf einem ganz anderen Blatt, sich zu erinnern, ob es eine Heilmethode gab. Mit ziemlicher Sicherheit nicht, fiel ihr ein. Denn der Minenarbeiter mit den gleichen Symptomen, den ihr Vater damals zu behandeln versucht hatte, war einen langsamen und schmerzhaften Tod gestorben, und dem armen Pedy war es vor weniger als einer Stunde ebenso ergangen.
»Du kannst sie nicht hier sterben lassen!«, nörgelte Cydne beharrlich aus dem Hintergrund.
Arkady verhielt sich, als wäre er gar nicht da. Sie mochte seine Sklavin sein, aber sie würde sich nicht als Mittäterin für weitere Morde hergeben.
»Hast du gehört, was ich sage?«, keifte er und stampfte angesichts ihres offenen Ungehorsams frustriert mit dem Fuß auf.
»Seid Ihr der Doktor?«
Beide sahen verdutzt in die Richtung, aus der die Stimme kam. Arkady hatte gar nicht bemerkt, dass die Tür immer noch offen stand. Cydne offenbar auch nicht.
Jojo fiel unversehens auf die Knie.
»Kommt später wieder«, blaffte Cydne das junge Mädchen in der Türöffnung an. Sie war dunkelhäutig, trug eine schlichte, ungefärbte ärmellose Tunika und sah nicht älter aus als siebzehn. »Wir empfangen im Augenblick niemanden.«
»Vielleicht empfängt der gute Doktor ja mich?«
Eine Frau trat hinter dem Mädchen hervor, gefolgt von einer dritten, etwas älteren, die vielleicht in den Dreißigern sein mochte. Es war jedoch die zweite Frau, die Arkadys Aufmerksamkeit fesselte. Sie war atemberaubend schön. Es war nicht nur die weiße Haut, die verblüffend hellen Augen und das lange blonde Haar, das bis zu ihren Hüften reichte, es war auch ihre gewaltige Präsenz. Sie besaß eine Ausstrahlung, die klar signalisierte, dass man ihr besser nicht dumm kam. Beide Frauen trugen wie das dunkelhäutige Mädchen einfache handgesponnene Tuniken, was ihrer bezwingenden natürlichen Autorität keinerlei Abbruch tat. Jojo senkte ihre Stirn bis zum Boden.
»Steh auf«, sagte Cydne zu der Felide und versetzte ihr einen Tritt mit seinem Stiefel. Dann wandte er sich den Besucherinnen zu. »Ich bitte um Verzeihung, Gnädigste.« Offenbar war ihm der Gedanke gekommen, dass er es hier mit Leuten seines eigenen Standes zu tun hatte. »Ich dachte, Eure Dienerin …«
»Medwen ist nicht meine Dienerin«, sagte die Frau. »Ihr seid der Arzt aus PortTraeker, der die Crasii so freigiebig mit seinem Tonikum behandelt, oder nicht?«
»Der bin ich.«
»Es würde mich interessieren, was für erstaunliche Inhaltsstoffe Ihr entdeckt haben wollt, die etwas so Verheerendes wie Sumpffieber heilen können.«
»Falls Ihr etwas sucht, um ein Mitglied Eurer eigenen Familie zu behandeln, Mylady …«, sagte Cydne und sah ein wenig verwirrt aus. »Es ist für Menschen nicht geeignet, obwohl …«
»Es ist auch für Crasii nicht allzu gut«, fiel ihm die ältere Frau ins Wort. »Es sei denn, Ihr seid unfassbar unbewandert, oder Ihr versucht bewusst, sie umzubringen.«
Arkady warf rasch einen Blick auf Tiji und sah erleichtert, dass sich ihr Zustand in den letzten Minuten nicht verschlechtert hatte, dann blickte sie zu Cydne, um seine Reaktion zu sehen. Der Doktor sagte nichts. Vielleicht schlug ja doch sein Gewissen, oder es lag schlicht daran, dass diese Anklägerinnen Frauen waren und Cydne im Umgang mit Frauen nun mal nicht besonders gewandt.
»Es ist Gift«, bekannte Arkady laut, da es Cydne offenbar die Sprache verschlagen hatte. »Die senestrische Ärztegilde scheint den grandiosen Plan zu verfolgen, das Sumpffieber von den Städten fernzuhalten, indem sie das Übel im Keim ersticken.«
Die Frauen wandten sich ihr zu. »Wer bist du?«
»Ich bin seine makor-di. Seit wir hier angekommen sind, lässt er mich das verdammte Tonikum austeilen, als wäre es Freibier. Ich habe eben erst gemerkt,
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