Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 4 - Der Kristall des Chaos
doch nichts«, meinte Kentravyon schulterzuckend. »Es ist zwar einfacher, die Übertragung mit jemandem zu machen, der wenigstens unsterbliche Anteile hat, aber unmöglich ist es nicht. Die verdammte Ratte war doch auch nicht unsterblich, und bei Coryna hat es trotzdem funktioniert.« Er drehte sich um und warf Arkady einen nachdenklichen Blick zu. »Cayal hat recht, weißt du. Du könntest es viel schlechter treffen.«
»Liebst du sie, Cayal?«, fragte Elyssa leise.
Arkady hielt den Atem an. Wie würde Cayals Antwort ausfallen? Würde die Antwort ihre Lage verbessern oder verschlechtern? Vom unsterblichen Prinzen geliebt zu werden bedeutete alles andere als Pluspunkte bei der Unsterblichen Jungfrau, so viel war ihr schon klar, und seit ihrem letzten Zusammentreffen mit Cayal schien sein Verhältnis zu Elyssa sich radikal verändert zu haben.
»Ich bin scharf auf sie«, gab Cayal nach einer langen Pause zu. Ihre Blicke trafen sich, doch Arkady konnte nicht sagen, ob er log, um sie zu retten, oder ob er die Wahrheit sagte und ihm nicht einmal genug an ihr lag, um Elyssa etwas vorzumachen.
»Und wirst du auch auf mich scharf sein?«
»Das bin ich jetzt schon, Lyssa.«
»Nein, bist du nicht. Du brauchst mich nur.«
»Und in jedem Augenblick, den wir hier mit Diskussionen vertrödeln, steigen die Gezeiten höher.«
Stirnrunzelnd sah Elyssa Arkady an, dann warf sie resigniert die Hände in die Luft und stieß Cayal von sich. »Ach Gezeiten, was kümmert mich auch ein Rudel verdammter Gemang? Schafft sie mir aus den Augen.«
Das ließen die Arks sich nicht zweimal sagen. Warlock nahm hastig zwei der seltsam ruhigen Welpen vom Boden auf, packte Boots, die immer noch Missy an sich gedrückt hielt, am Arm, und dann flohen sie alle über die baufällige Treppe nach oben. Aus irgendeinem Grund begannen die Welpen zu weinen. Arkady fragte sich unwillkürlich, ob es vielleicht daran lag, dass sie Crasii waren und nicht von den unsterblichen Gebietern getrennt werden wollten, zu deren Vergnügen sie erschaffen waren.
Arkady sah sie gehen, und das Herz klopfte ihr bis zum Hals. Sie wusste nicht, was aus den Caniden werden würde; sie konnte nur hoffen, dass sie sich schleunigst davonmachten, solange es möglich war.
Sobald der Ledervorhang hinter den Arks zugefallen war, drehte Elyssa sich zu Arkady um. »In Ordnung, sie sind weg. Wo ist er?«
Arkady zögerte so lange, wie ihr gerade noch vertretbar schien, und zeigte dann auf den Fellhaufen, in dem die Welpen geschlafen hatten. »Da drüben.«
Einen Augenblick lang starrten die drei Gezeitenfürsten die Kelle an, ein wenig verblüfft, dachte Arkady, dass das Objekt ihrer Begierde so nahe war.
»Hol ihn«, befahl Elyssa.
Arkady gehorchte. Es hatte keinen Sinn, sich der Unsterblichen jetzt zu widersetzen. Noch nicht. Irgendetwas war da im Gange, das sie nicht verstand, aber immerhin hatte sie es geschafft, Warlock und seiner Familie zur Flucht zu verhelfen. Sie war entschlossen, ihnen so viel Vorsprung wie möglich zu verschaffen, bevor sie selbst einen Fluchtversuch machte.
Mit durchgedrückten Schultern ging Arkady durch den Raum zu der Pritsche, zog die Felle zur Seite und hob den Schädel auf. Sie drehte sich zu den Unsterblichen um und hielt ihn ihnen entgegen. Obwohl sie selbst nichts Ungewöhnliches spürte, begann der Schädel sofort in einem wütenden, feurigen Rot zu glühen. Sogar Kentravyon wich einen Schritt zurück.
»Den wolltet ihr doch haben, oder?«
»Gezeiten«, sagte Cayal und starrte ihn überrascht an. »Es ist ein Schädel.«
»Das ist kein Schädel, du Narr«, sagte Kentravyon etwas verletzt. »Das bin doch ich.«
»Du hast aus dem Kristall des Chaos ein Selbstbildnis geschnitzt?«
»Wie hätten wir ihn sonst von all den anderen Kristallen unterscheiden sollen?«
Cayal verdrehte die Augen. »Du meinst, der helle rote Schein hätte ihn nicht verraten?«
»Auf dem Planeten, wo wir diesen Kristall gefunden haben, haben alle geleuchtet«, informierte Kentravyon ihn von oben herab, aber machte keine weitere Bemerkung darüber, woher der Kristall des Chaos stammte. »Übrigens ist es keine gute Idee, in seiner Nähe die Gezeiten zu berühren. Nicht, bevor wir zurück in Jelidien sind.«
»Warum nicht?«, fragte Elyssa und starrte den leuchtenden Schädel an, als manifestierte sich in ihm den Sinn des Lebens.
»Weil er unberechenbar ist. Wenn man ihn nicht richtig ausrichtet, macht er mehr Ärger, als er wert ist. Glaub mir.«
»Aber das
Weitere Kostenlose Bücher