Falltür - bitte klopfen
Martha plötzlich
doch noch die rechten Worte und lieferte mir eine ausführliche Beschreibung
meiner Unzulänglichkeiten sowie derjenigen meiner mißratenen Vorfahren bis
zurück zur vierten Generation. Ich sagte mir, wenn sie sich dadurch ein bißchen
auf Temperatur hielt, sollte sie ruhig reden. Und außerdem wurde mir auch ganz
schön warm, weil ich sie dabei anschaute.
»Tja«, meinte ich fröhlich, als
ihr endlich der Atem ausging, »wie schon der Vater der fünfzehn Kinder sagte —
es kann ja mal was vorkommen. Jedenfalls sollten wir uns nun ernsthaft
dranmachen, einen Weg aus diesem Keller zu finden.«
Ich sah mich um, erblickte die
großen leeren Packkisten und hatte einen Geistesblitz. »Wenn wir die Tür schon nicht
einschlagen können — vielleicht läßt sie sich in Brand setzen?« schlug ich vor.
»Wir zertrümmern ein paar Kisten und stapeln das Holz gegen die Tür. Dann
besteht die Aussicht, daß Carole und Wanda den Rauch riechen und nachsehen
kommen. Und dann müssen sie uns rauslassen — sie können schließlich nicht
zusehen, wie wir bei lebendigem Leibe verbrennen.«
»O heiliger Bimbam!« Sie
verdrehte die Augen. »Und wer von den beiden wird wohl seine Finger opfern, um
einen rotglühenden Riegel zurückzuschieben?«
»Es war ja nur so eine Idee.«
Ich lächelte nervös.
»Aber es muß einen Ausweg
geben.« Sie vergaß ihre mädchenhafte Scham, verschränkte die Arme und dachte
scharf nach, was ihren Busen scharf hervorhob und mich auf scharfe Gedanken
brachte — jedesmal, wenn ich sie ansah.
Nach einem Weilchen vermied ich
es hinzuschauen, ehe ich vielleicht durchdrehte und sie noch einmal durch den
Weinkeller jagte. Ich betrachtete statt dessen intensiv die nächste Kiste. Was
auch immer in ihr gesteckt hatte, es mußte von beachtlichen Ausmaßen gewesen
sein, denn die Kiste war riesengroß; höher als ich und einsachtzig im Quadrat.
»He!« rief ich aus. »Sehen Sie
sich doch mal die Kiste an!«
»Wenn Sie zum Märtyrer werden
wollen, tun Sie’s gefälligst, wenn Sie allein sind«, erwiderte sie unwirsch.
»Ich bin jedenfalls nicht daran interessiert, wie die Jungfrau von Orleans in
den Flammen zu sterben.«
»Ich meine doch die Größe von
dem Ding«, erklärte ich ihr.
Sie schaute einen Augenblick
hin, dann zuckte sie die Schultern. »Eine große Kiste — na und?«
»Eben!« Ich holte tief Luft.
»Sie ist viel zu groß, als daß sie zur Tür hereingegangen wäre.«
»Oh, wirklich?« Sie schnaubte
verächtlich, dann weiteten sich ihre Augen. »Zu groß, als daß...«
»Wie, zum Teufel, ist sie also
hereingekommen?«
»Sie haben recht«, gab sie
widerstrebend zu. »Aber ich habe noch nie davon gehört, daß der Weinkeller noch
einen anderen Zugang hat.«
»Château d’If, so nannte Boris
das Haus, als er’s zum erstenmal sah«, meinte ich. »Vielleicht gibt’s eine
Geheimtür oder so was?«
»Warum sollte ein Château tief
sein?« fragte sie verständnislos.
»Kennen Sie den Grafen von
Monte Christo?«
»Nein, ich glaube nicht.« Ihre
Brauen zogen sich zusammen. »Ist das so ein italienischer Rennfahrer?«
»Nein«, erwiderte ich
bedächtig. »Aber am besten reden wir nicht mehr darüber, sondern machen uns
daran und klopfen die Mauern ab.«
»Okay.« Ihre Augen glitzerten
begeistert. »Wo fangen wir an?«
»Vielleicht am anderen Ende?«
schlug ich vor.
Die Wände sahen alle aus, als
seien sie aus massivem Fels gehauen, und die Stirnwand machte da keine
Ausnahme. Nach fünf Minuten Gepoche und Geklopfe hatten wir kein weiteres
Ergebnis zu verzeichnen als abgeschabte Knöchel.
»Dabei klang die Idee so
verlockend«, seufzte Martha. »Aber es sieht aus, als kämen wir damit auch nicht
weiter.«
»Nein«, gab ich zu. »Und
trotzdem muß diese Kiste irgendwie hereintransportiert worden sein.«
»Vielleicht in Einzelteile
zerlegt?«
»Und wer sollte sich die Mühe
machen und warum, das Ding hier unten wieder zusammenzusetzen? Warum es dann
nicht einfach zerlegt herumliegen lassen?«
»Na, Sie könnten ja wenigstens
mal nachsehen und sich vergewissern«, antwortete sie, wobei die alte
Salpetersäure schon wieder zu fließen begann.
Ich ging zur Kiste und
untersuchte sie sorgfältig. Etwa eine Minute später hörte ich, wie Martha sich
hinter mir leise räusperte, und ich nahm die Antwort auf ihre naheliegende
Frage vorweg.
»Ich habe mir gerade überlegt«,
sagte ich, »Warum, zum Donnerwetter, sollte sich einer die Mühe machen und die Kiste
wieder
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