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Falsch gespielt: Kriminalroman (German Edition)

Falsch gespielt: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Falsch gespielt: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carin Gerhardsen
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oft begegnet, und sie hat nie gegrüßt. Also erinnert sie sich wohl nicht an uns. Und es ist ja immer ein bisschen unangenehm, wenn man jemanden grüßt, der einen gar nicht mehr kennt … Ja, Sie wissen schon, man muss erst einmal erklären, wer man ist. Aber ich werde sie auf jeden Fall ansprechen, wenn wir uns das nächste Mal begegnen, ganz bestimmt.«
    »Wissen Sie noch mehr über sie?«, fragte Andersson. »Arbeitet sie? Wohnt sie mit jemandem zusammen?«
    Ingrid Håborg hob die Arme und schüttelte den Kopf.
    »Niemand weiß etwas über sie, das ist ja das Seltsame. Auf dem Briefkasten steht Yuan, möglicherweise ist sie also verheiratet. Aber einen Mann habe ich nie gesehen. Und ich selbst arbeite tagsüber und weiß deswegen auch nichts über ihren Tagesablauf.«
    »Aber Sie sind sich hundertprozentig sicher, dass sie es ist?«, fragte Sjöberg sicherheitshalber noch einmal nach.
    »Ja, Gott, man sieht es ja schon am Fuß. Schließlich sieht der ein bisschen … anders aus.«
*
    Im Nieselregen kämpften sie sich durch den Wald, aber Sandén hatte mehrere Leute vor sich, sodass er zumindest um die gröbste Arbeit umhinkam. Heute ging er praktisch auf einer Art Pfad, den ihm Hansson, zwei ihrer Kriminaltechniker, Westman, vier uniformierte Polizisten und eine Hundepatrouille geschlagen hatten. Dieses Mal, als er wusste, wie weit sie zu laufen hatten, kam ihm der Weg nicht mehr so anstrengend vor. Die Ungewissheit über Zeit und Entfernung schien stets wie eine zusätzliche Last zu wirken. Gefangene, deren Haftstrafe zeitlich nicht begrenzt war, fühlten sich schlechter als diejenigen, die wussten, dass sie ein halbes Leben lang einsitzen würden. Man richtet sich ein, hat zumindest in weiter Entfernung ein Licht am Ende des Tunnels.
    Als sie an dem Felsen vorbeikamen, auf dem Gerdin sich eine Weile ausgeruht hatte, lief ihm ein Schauer über den Rücken. Er hätte sofort reagieren müssen – jetzt, im Nachhinein betrachtet, war es so offensichtlich, dass sie sich schon dort richtig schlecht gefühlt hatte. Blass und schlapp, initiativlos und ohne diesen schelmischen Ausdruck, der sie normalerweise nie verließ. Aber wie sie sich zusammengerissen hatte! Wenn man sich überlegte, wie viel Blut sie verloren hatte, war es das reinste Wunder, dass sie sich überhaupt noch auf den Beinen hatte halten können. Aber was ihn am meisten überrascht hatte, war seine eigene Kraft und Entschlossenheit gewesen. Er erkannte sich selbst nicht wieder in der Art, wie er die Situation gemeistert hatte, wie er Berge versetzt hätte, wenn es nötig geworden wäre. Es fiel ihm schwer zu akzeptieren, dass es tatsächlich so passiert war, und dass er solche Kräfte vermutlich nie wieder würde mobilisieren können. Er hoffte, dass es auch nie wieder einen Anlass dafür geben würde.
    Als sie den Punkt erreicht hatten, von dem aus Gerdin ihren imaginären Kreis gezogen hatte, herrschte bei allen Beteiligten eine angespannte Stimmung. Jetzt waren sie also dort, mit gemischten Gefühlen hinsichtlich der Frage, was sie hier überhaupt erreichen wollten. Abgesehen von den Hunden, die an den Leinen zerrten. Sie wollten Ergebnisse. Irgendwo in der Ferne donnerte es, aber Blitze waren nicht zu sehen, und der wolkenverhangene Himmel sah bislang noch nicht allzu dramatisch aus. Es war ein stiller Sommerregen, bei dem man eigentlich gar keine Regenkleidung brauchte, aber immerhin schützte sie gegen die peitschenden Zweige.
    »Das ist also die angegebene Position«, sagte Sandén. »Die Fehlertoleranz soll bei etwa fünfzig bis sechzig Metern liegen. Also stecken wir ein kreisförmiges Gebiet mit einem Durchmesser von hundertzwanzig Metern ab, das wir anschließend durchsuchen. Wenn wir nichts finden, erweitern wir das Gebiet. Ich habe keine Ahnung, wonach wir eigentlich suchen, oder ob wir überhaupt an der richtigen Stelle sind. Es könnte sich um Drogen handeln, Waffen, Diebesgut oder Leichen. Aber wer sucht, der wird finden. Im besten Fall. Oder im Schlimmsten. Auf geht’s.«
    Sie marschierten in unterschiedliche Richtungen davon, maßen im passenden Abstand voneinander ihre sechzig Meter mit den Schritten ab und verteilten die Hunde gleichmäßig über die Kreissektoren. Sandén trug einen Metalldetektor. Er begann am Rand des Kreises und arbeitete sich zur Mitte vor, ließ den Detektor sorgfältig nach rechts und links über den Boden schweben, bevor er einen Schritt weiter zur Mitte des Kreises ging. Dabei sah er sich gründlich um.

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