Falsch gespielt: Kriminalroman (German Edition)
nicht zur Sprache gekommen waren.
»Sämtliche Beteiligten scheinen ja der Ansicht zu sein, dass Sven-Gunnar Erlandsson sich stark für Wohltätigkeitsbelange eingesetzt hat«, sagte Sjöberg. »Gäddan hat einen Fernsehbeitrag für TV4 gefunden, der diese Aussagen unterstützt. Wir schauen ihn uns an«, sagte er und startete den Film auf dem Rechner, an den das Smartboard angeschlossen war, mit dem man das Besprechungszimmer unlängst ausgerüstet hatte.
Vier Minuten später war Westman die Erste, die den Beitrag kommentierte.
»Und so ist wieder ein guter Mensch in die ewigen Jagdgründe eingegangen«, seufzte sie.
Sandén und Andersson stimmten ihr bei, und auch Rosén nickte mitfühlend. Gerdin bemerkte, dass Sjöberg sie einen Moment beobachtete. Nicht triumphierend, das wäre nicht sein Stil; eher neugierig, um zu sehen, ob sie sich von ihren Kollegen beeindrucken ließ. Was nicht der Fall war. Allerdings hatte sie nicht vor, ihre Einschätzung kundzutun.
»Er kann so gut sein, wie er will«, sagte Hamad. »Ich glaube trotzdem, dass er beim Pokern falsch gespielt hat. Alle Anzeichen sprechen dafür. Die Pokerkameraden hatten einen gemeinsamen Abend verbracht, er hatte Spielkarten in der Tasche, und ihm wurde in den Hinterkopf geschossen. Ja, Loddan, ich weiß, dass es der Nacken war, aber der Unterschied ist nur marginal.«
»Er hat nicht falsch gespielt«, wies Westman seine Vermutung zurück. »Alle sagen, dass er unerhört großzügig war, er teilte nachweislich Essen an Obdachlose aus und war außerdem, laut Staffan Jenner, tief religiös. Wie passt das denn zu einem falschen Ass im Ärmel?«
»Da bin ich ganz Petras Meinung«, sagte Sjöberg. »Außerdem habe ich weitere Informationen, die diese Vermutung stützen. Sowohl Jenner als auch Wiklund sagen, dass die Rechnung im Långbro Värdshus siebeneinhalbtausend Kronen betrug, das Personal dagegen versichert, dass die Feier mit achttausend Kronen zu Buche schlug. Erlandsson hatte die Pokerkasse verwaltet und bezahlt. Er hat also fünfhundert Kronen aus eigener Tasche draufgelegt, ohne dass jemand davon wusste. So etwas nenne ich wahre Großzügigkeit: dass man etwas nicht nur tut, um gut dazustehen.«
Bei seinen letzten Worten hatte er sich Gerdin zugewandt, die auch jetzt verzichtete, darauf einzugehen. Aber Hamad gab sich noch nicht geschlagen.
»Seine Großzügigkeit in allen Ehren, aber darum geht es beim Schummeln nicht. Ich zweifle nicht einen Augenblick daran, dass er ein reines Wunder an Freigebigkeit war – wenn es um Geld ging. Aber beim Schummeln geht es doch darum, dass man gewinnt, dass man der Beste ist. Der Herr im Ring. Das sind zwei ganz verschiedene Dinge.«
Gerdin stimmte ihm im Stillen hundertprozentig zu.
»Von wo ist dieses ganze Pokergerede eigentlich gekommen?«, fragte sie stattdessen, zur allgemeinen Verwunderung. »Ursprünglich, meine ich.«
Sjöberg betrachtete sie mit einem fast mitleidigen Blick.
»Es ist die ganze Zeit bekannt gewesen, dass die Poker runde die Poker kasse verfeiert hat«, klärte Hamad sie auf.
»Das ist nicht die ganze Zeit bekannt gewesen. Es kam heraus, als Conny und ich die Witwe besuchten. Aber schon als Bella und ich zum Tatort gerufen wurden, hieß es, dass man einen toten Pokerspieler gefunden habe. Ich frage mich nur, woher das kam.«
»Vielleicht, weil Spielkarten in seiner Brusttasche steckten?«, sagte Hamad mit kaum verhohlener Ironie in der Stimme. »Klanghart und grifffest.«
Diesem »klanghart und grifffest« würde sie auf den Grund gehen. Bisher wussten sie über diese Karten lediglich, dass eine davon ein Ass war. Ein klanghartes und grifffestes Ass? Vielleicht. Aber das konnte man ja unmöglich wissen, bevor man den Rest des Blatts gesehen hatte. Sie beschloss, fürs Erste nicht weiter darauf herumzureiten.
»Vier Stück«, sagte sie stattdessen. »Beim Pokern hat man fünf Karten auf der Hand.«
»Jetzt verlassen wir dieses Thema«, wurde sie von Sjöberg unterbrochen. »Es gibt da etwas viel Interessanteres, über das wir reden müssen. Lass hören, Gäddan.«
»Okay. Vor acht Jahren, das heißt im Sommer 2001, hatte Staffan Jenners Familie ein russisches Sommerkind zu Gast. Könnt ihr mit dem Begriff Sommerkind etwas anfangen?«
»Vage«, antwortete Sandén. »Du darfst es ruhig noch einmal erklären.«
»Es handelt sich um einen Austausch zwischen russischen Kinderheimen und einem schwedischen gemeinnützigen Verein, der sich dafür einsetzt, dass die Heimkinder
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