Falsch gespielt: Kriminalroman (German Edition)
Recht war.
Dass Erlandsson ein Ekelpaket war, davon war Gerdin felsenfest überzeugt, sie konnte einen Scharlatan schon von Weitem erkennen. Nachdem sie den größten Teil ihres Lebens mit einem verheiratet gewesen war und darüber hinaus in einer Welt gelebt hatte, die mehrheitlich von derartigen Charakteren bevölkert gewesen war, hatte sie ein feines Sensorium für künstliche Fassaden entwickelt.
Aber Sven-Gunnar Erlandsson erwies sich zumindest als nicht vorbestraft. Ebenso wenig wie seine Frau und die beiden Kinder. Auch die Familien Siem, Jenner und Wiklund hatten sich nie etwas zu Schulden kommen lassen oder auch nur einen Bußgeldbescheid bekommen. Die ganze Bande hatte eine weiße Weste. Auf dem Papier.
Eine Auskunft aus dem Melderegister allerdings sorgte dafür, dass sie die Füße vom Tisch nahm und den Rücken durchstreckte.
*
Unmittelbar nach der Besprechung rief Hamad seinen Ansprechpartner bei der Telia an und machte Druck, dass sie die Informationen zu den am Sonntagmorgen eingegangen Anrufen bei der Polizeiwache, Malmbergs Handy und seiner Durchwahl, so schnell wie möglich beschaffen sollten. Bei der Telia waren sie tatsächlich unterbemannt, aber er konnte ihnen das Versprechen abringen, die Liste bis zum Ende des Arbeitstags zu erstellen und abzuliefern. Anschließend ließ er sich die Logdateien der Telefonzentrale der Polizeiwache ausdrucken, bevor er sich zusammen mit Westman wieder nach Älvsjö hinausbegab, um ein zweites Gespräch mit Staffan Jenner zu führen.
Jenner selbst hatte vorgeschlagen, dass sie sich erneut bei ihm zu Hause treffen könnten, und Hamad hatte nichts dagegen einzuwenden, an einem sonnigen Vormittag wie diesem die Stadt in Richtung der schattig-grünen Vororte zu verlassen. Beim nächsten Mal wäre es allerdings an der Zeit, ihn auf die Wache zu bestellen. Das obrigkeitliche Ambiente konnte interessante Auswirkungen auf solche Gespräche haben.
»Lassen Sie Ihren Gedanken mal freien Lauf, Herr Jenner. Was, glauben Sie, ist der Grund dafür, dass Sven-Gunnar Erlandsson hingerichtet wurde?«, fragte Westman in einem Ton, den Hamad wiedererkannte.
Er ahnte, was als Nächstes kommen würde, und es begann in seinem Bauch zu kribbeln. Westman eröffnete die Befragung mit einem Schockmoment. Sie saßen, wie auch beim letzten Mal, in der Sitzgruppe im Wohnzimmer, und Jenner betrachtete sie verblüfft mit seinen fast unwirklich blauen Augen. Gerade als er den Mund öffnete, um ihr zu antworten, schlug sie zu.
»Geld? Rache? Liebe? Oder Larissa Sotnikova?«
Jenner gefror zu Eis. Hamad konnte beobachten, wie er mit offenem Mund erstarrte. Und Westman saß entspannt in ihrem Sessel und studierte ihn mit teilnahmsloser Miene. Sie wartete ab. Kein Wort würde fallen, bevor er die Frage beantwortet hatte. Man konnte eine Stecknadel fallen hören.
»Ich kann mir kaum vorstellen, dass jemand ein Motiv haben könnte, Svempa zu ermorden«, antwortete Jenner schließlich.
Glasklar. Ausdruckslos.
»Und dass Lara mit der Sache zu tun hat, halte ich für äußerst unwahrscheinlich.«
Westman ließ ihn nicht aus den Augen; wollte, dass er weitersprach, sich verhedderte, aus dem Gleichgewicht kam.
»Was sie betrifft, hat mir die Polizei schon so viele Fragen gestellt, dass ich nichts mehr hinzuzufügen habe. Falls Sie sich wundern, dass ich beim letzten Mal nichts von ihrem Verschwinden erwähnt habe. Aber machen Sie nur. Wenn Sie sich schon in den Kopf gesetzt haben, dass es in diesem Zusammenhang eine Rolle spielt.«
Er wappnete sich. Ganz plötzlich konnte er seine Gefühle beherrschen. Die Situation war nicht neu für ihn, er hatte sie früher schon erlebt. Anders als den Mord an Sven-Gunnar Erlandsson, ganz gleich, ob er ihn begangen hatte oder nicht. Für Hamad war die Gelegenheit vorbei. Er sah ein, dass sie von jetzt an mit aggressiven Fragen nur noch auf Granit beißen würden.
»Lara – so nennen Sie Larissa?«, fragte er.
»Ja, so haben wir alle sie genannt. So, wie sie auch zu Hause genannt wurde.«
»Was, glauben Sie, ist mit ihr passiert?«
»Ich möchte da nichts glauben. Ich hoffe, dass es ihr gut geht. Dass sie bei jemandem gelandet ist, der es gut mit ihr meint.«
»Sie glauben also, dass sie abgehauen ist, um in Schweden bleiben zu können?«
»Nein, das hoffe ich. Was ich glaube, ist, dass sie nicht mehr am Leben ist.«
Hamad zog die Augenbrauen hoch.
»Warum glauben Sie das?«
Jenner antwortete, ohne seinem Blick auszuweichen.
»Weil es wohl das
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