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Falsch gespielt: Kriminalroman (German Edition)

Falsch gespielt: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Falsch gespielt: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carin Gerhardsen
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Ich meinte damit, dass er manchmal ein wenig oberlehrerhaft werden konnte. Superseriös.«
    »Können Sie mir das noch genauer erklären?«
    Lindström zog ein paarmal an der Zigarette, überlegte. Ein disharmonischer Ton, dachte Andersson. War es vielleicht so, dass der Engelschor nicht hundertprozentig einstimmig sang? Siem hatte Erlandsson über den grünen Klee gelobt – mit einem einzigen falschen Akkord. Verbitterung? Und sei es auch nur eine Unze davon. Missgunst? Ja, wahrscheinlich. Hamad hatte von Macht gesprochen. Er hatte Erlandsson mit dem Ausdruck »Herr im Ring« bezeichnet. War es vielleicht nur die andere Seite derselben Medaille? Hatte Erlandsson die soziale Machtstellung, die ihm alle zugebilligt hatten, dazu genutzt, um Gutes zu tun? Das heißt, auf die bestmögliche Weise. Andersson hatte das Gefühl, dass auch Gäddan Erlandssons viel besungener Großzügigkeit nur wenig Vertrauen schenkte, aber sie war schließlich grundsätzlich immer anderer Meinung. Für sie war es eine Ehrensache, gegen den Strom zu schwimmen. Möglicherweise verhielt es sich tatsächlich so, dass sie sich mehr als alle anderen dem kritischen Denken verschrieben hatte und dass ihn genau das so störte. Und die anderen. Da war sie wieder. Die Missgunst.
    »Also, wir sitzen hier in unserem Wohnwagen«, sagte Roger Lindström. »Und wir kämpfen gegen Wind und Wetter, gegen die Einsamkeit, um unsere Versorgung und unsere Gesundheit. Ja, oft sogar um unsere Existenzberechtigung. Ein paar von uns haben dazu noch Drogenprobleme. Da kann man sich schon vorstellen, dass die Gleichstellung nicht ganz oben auf der Tagesordnung steht.«
    Andersson konnte nur den Mund zu einer Erwiderung öffnen, als Lindström seinen Gedanken schon weiterspann.
    »Aber da bewegt man sich auf dünnem Eis, denn schließlich ist es ja so, dass wir alle gemeinsam in dieser Scheiße sitzen. Gunilla und Svante und ich zum Beispiel. Und sie muss weiß Gott nicht unsere Dienstbotin spielen und sich für alles Mögliche zur Verfügung stellen, nur weil sie eine Frau ist. Es ist schon schlimm genug, wie es ist. Also Svempa hat verdammt recht.«
    »Aber …?«, sagte Andersson.
    »Aber wir wissen das schon alles. Das ist schließlich unser Leben. Oder, Gunilla?«
    Sie stimmte ihm eifrig zu.
    »Da muss man also nicht jedes verdammte Mal dieselbe Predigt runterleiern. Klar, eine gute Botschaft kann man nicht oft genug wiederholen, aber manchmal bekam man das Gefühl, dass Svempa so eine alte Schallplatte mit Sprung ist. Wissen Sie, wo der Arm immer wieder zurückhüpft und die ganze Zeit dasselbe Stück gespielt wird.«
    Eine Metapher, die sich Andersson problemlos zu eigen machen konnte.
*
    Gerdin hatte die Füße auf den Schreibtisch gelegt und die Tastatur auf ihre Beine, obwohl sie wusste, dass diese Arbeitshaltung in jeder Hinsicht ungesund war. Früher oder später würde sie Rückenprobleme bekommen – falls sie die nicht schon längst hatte. Wenn sie eine Weile so dagesessen hatte, bekam sie unweigerlich Schmerzen im Steißbein, was verglichen mit dem Genuss, den ihr die halbliegende Haltung verschaffte, allerdings vernachlässigbar erschien. Gelegentliche Besucher reagierten stets etwas befremdet, wenn sie sie so erblickten; irgendwie schienen sie es unwürdig oder sogar unanständig zu finden. Aber das scherte sie noch weniger als die ergonomischen Aspekte. Sie war sich durchaus bewusst, dass sie für viele ein schwieriges Puzzle darstellte, in dem die Teile nicht richtig zusammenzupassen schienen. Aber so war sie nun einmal. Und sie hatte nicht vor, sich zu ändern, musste nicht von allen geliebt werden. Hedvig Gerdin gratulierte allen, die sie mochten, und mit den anderen hatte sie Mitleid.
    Zum Beispiel mit Sjöberg, den sie aus verschiedenen Gründen sehr schätzte. Mit Herzenswärme führte er diese bunte Truppe von Polizisten auf eine diskrete und einfühlsame Art. Diskret insofern, als er sie alle dazu brachte, nach seiner Pfeife zu tanzen, ohne dass er dafür allzu energisch werden musste. Einfühlsam, weil er ihre Stärken nutzte, während er gleichzeitig auf ihre Schwächen Rücksicht nahm. Er scheute nicht davor zurück, Aufgaben zu delegieren; Sjöberg hörte aufmerksam zu und war immer offen für neue Ideen oder Blickwinkel. Was im Grunde gar nicht mit der Art und Weise übereinstimmen wollte, wie er in der letzten Zeit auf ihre eigenen Ideen reagiert hatte. Aber letztendlich hatte er einfach nur eine andere Meinung, was ja auch sein gutes

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