Falsch gespielt: Kriminalroman (German Edition)
Garage herum. Dort stand eine alte Waschmaschine, die wir auf einem Stapel Holzfliesen aufgebockt hatten. Sie war ein bisschen unvorsichtig, die Waschmaschine fiel um und sie kam darunter. Sie hatte Glück im Unglück, nur der Fuß wurde eingeklemmt, aber das war schon schlimm genug. Sie hat schwere Trümmerbrüche erlitten.«
»Wie schrecklich«, sagte Sjöberg. »Das muss Sie alle schwer mitgenommen haben. Die ganze Familie hat wahrscheinlich darunter gelitten.«
Adrianti nickte.
»Danach war sie nicht mehr dieselbe. Sie hörte mit dem Fußball auf, lachte nicht mehr. Sie zog sich zurück und hielt sich meistens alleine in ihrem Zimmer auf. Machte Hausaufgaben, hörte Musik, schrieb Gedichte und andere Sachen, die ich niemals lesen durfte.«
Plötzlich ging Sjöberg auf, woher diese auffälligen Verbformen kamen. Nicht, weil man glaubte, dass Dewi nicht mehr lebte, sondern weil Dewi eine andere geworden war. Wenn man in der Vergangenheitsform über sie sprach, dann sprach man von der Dewi, wie sie früher war, wie sie eigentlich war. Das erklärte auch die bedrückende Stimmung, die alles zu durchziehen schien, wenn sie zur Sprache kam. Ihre geliebte Dewi hatte sie verlassen, hatte sich in sich selbst zurückgezogen, und das war für alle sehr aufreibend. Dass sie sie danach auch physisch verließ, hatte die Last nur noch schwerer gemacht.
»Auch deswegen haben wir sie nach Roskilde fahren lassen«, fuhr Adrianti fort. »Dass Dewi so etwas unternehmen wollte, noch dazu mit anderen Menschen, war ungewöhnlich. Ich war gleichzeitig erleichtert und beunruhigt.«
»Sie wirken jetzt auch beunruhigt«, sagte Sjöberg. »Was macht Ihnen denn Sorgen?«
»Dass sie … Dass sie vielleicht endgültig weg ist.«
»Ist das ein neuer Gedanke? Haben Sie noch nie zuvor in den vier Jahren an diese Möglichkeit gedacht?«
Adrianti schüttelte den Kopf.
»Und warum gerade jetzt?«
»Svempa ist nicht mehr da. Alle Kinder sind ausgeflogen. Bis jetzt hatte ich ja gar keine Zeit, um groß über Dewi nachzudenken. Und Svempa hat mich immer beruhigt und gesagt, dass es Dewi bestimmt gut geht. Dass sie sich dafür entschieden hatte. Aber dann musste ich an diese kurzen Nachrichten denken, die sie immer geschickt hat. Das ist irgendwie nicht … sie.«
Sjöberg befürchtete das Schlimmste. Wenn Adrianti Erlandsson zu vermuten begann, dass Dewi endgültig verschwunden war, gab es tatsächlich Grund, sich Sorgen zu machen. Er bat sie, ihm die Kommunikation zu zeigen, die sie nach ihrem Verschwinden noch hatten, und was er dabei zu sehen bekam, stimmte ihn nicht zuversichtlicher. Acht nichtssagende Mitteilungen von acht unterschiedlichen E-Mail-Adressen. Dewi konnte überall sein. Und nirgends.
»Sitzt sie im Rollstuhl?«, fragte Sjöberg.
»Nein, nicht mehr. Ganz zu Anfang musste sie es eine Weile, aber dann ist sie zu Krücken übergegangen. Manchmal ist sie auch ohne Krücken gelaufen, hat so getan, als wäre alles wieder normal. Ich glaube, dass die Schmerzen in dem, was von dem Fuß noch übrig war, schrecklich waren, aber Dewi hat die Zähne zusammengebissen. Sie hat nie gejammert.«
»Ich werde untersuchen, wo Dewi geblieben ist«, sagte Sjöberg. »Das versprechen ich Ihnen. Aber da ist noch eine andere Sache, die Affäre mit Jenner.«
Adrianti schaute ihn erschrocken an. Offensichtlich wusste sie nicht, was sie glauben sollte, dachte vielleicht darüber nach, ob sie nicht besser alles leugnen sollte. Aber dann überlegte sie es sich anders. Sie blies sämtliche Luft aus den Lungen und sackte im Stuhl zusammen. Sie schien sich zu schämen.
»Ich weiß«, sagte sie. »Es war idiotisch von mir, es nicht gleich zu erzählen. Aber nicht vor den Kindern und … Ich dachte, es wäre peinlich. Es ist peinlich. Hat Staffan davon erzählt?«
Sjöberg nickte.
»Es war nicht besonders rücksichtsvoll, wo die Kinder doch so gute Freunde waren. Und Svempa und Staffan, die … ja, beste Freunde waren. Es war Verrat.«
»Glauben Sie, dass Svempa davon gewusst hat?«, wollte Sjöberg wissen.
»Er dürfte eigentlich nichts mitbekommen haben. Ich meine, niemand wusste etwas davon. Aber wie auch immer … Ich glaube trotzdem, dass er es wusste. Er hatte einen sechsten Sinn. Eine besondere Fähigkeit, alles über alle zu wissen. Aber er hat niemals etwas gesagt. Und es hat ja auch nur einen Monat gedauert. Zwei Mal haben wir uns getroffen, bevor wir wieder zur Vernunft gekommen sind. Svempa hat es niemals mit nur einem einzigen Wort
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