Falsch gespielt: Kriminalroman (German Edition)
ebenfalls nicht gerade vorteilhaft präsentierte.
»Aber Papa, du siehst ja furchtbar aus!«, rief sie.
»Darf man dich anfassen?«
»Nur vorsichtig«, antwortete er und küsste sie auf die Wange.
Jenny kam angelaufen und warf sich ihm um den Hals.
»Ist das wahr, dass du das Leben eines anderen Polizisten gerettet hast?«, fragte sie, während er versuchte, sich ihrer Umklammerung zu erwehren.
»Nein, ganz so war es nicht«, antwortete er und schob sie sanft von sich. »Aber ich kann euch erzählen, was passiert ist. Wenn es euch interessiert?«, fügte er hinzu und küsste seine Frau auf den Mund.
Sie sah traurig und erschöpft aus und schüttelte den Kopf, als sie sein zerschundenes Gesicht erblickte.
Er streichelte ihr über die Wange, ging zum Küchentisch und setzte sich.
»Ich will es hören«, sagte Jessica.
»Vielleicht möchte Mama im Augenblick nicht darüber reden?«, antwortete er mit einem Seitenblick auf Sonja.
Sie hatte ihnen den Rücken zugewandt und wirkte mäßig interessiert.
»Erzähl schon, Papa«, sagte Jessica und schaute ihn erwartungsvoll an.
Er vermutete, dass sie ihre Gründe hatte. Jessica hatte es hier während der letzten Stunden bestimmt nicht leicht gehabt, und so eilig war es schließlich auch nicht, die groben Richtlinien für eine Zukunft zu ziehen, die sich erst in ein paar Monaten einstellen würde. Der ganze Ärger konnte ruhig noch ein bisschen warten. Die beiden Töchter waren so begierig, dass er trotz des bedrohlichen Rückens seiner Frau beschloss, ihrem Wunsch zu entsprechen.
Also erzählte er die ganze Geschichte dort in der Küche. Die Mädchen lauschten andächtig, und sogar Sonja hatte den Kartoffelschäler nach einer Weile zur Seite gelegt und sich zu ihnen an den Tisch gesetzt.
»Und wisst ihr, was sie gesagt hat, Gäddan, als ich nach der Operation mit ihr gesprochen habe?«, beschloss er seine Erzählung. »Dass es ja manchmal ganz lustig sein kann, wenn unerwartete Dinge passieren. Ich finde, das ist ein sehr bedenkenswerter Satz. Einer, den wir alle im Hinterkopf haben müssen, wenn in unserem Leben Dinge geschehen, mit denen wir nicht gerechnet haben. Dass es am Ende richtig lustig werden kann.«
Jessica schaute neugierig von ihrem Vater zu ihrer Mutter, sprang dann auf und gab Sandén – auf eine etwas handfeste Art – einen dicken Kuss auf die Wange.
»Oh, verdammt!«, rief er und hielt sich das Gesicht.
Jenny begann zu lachen, und Sonja konnte zum ersten Mal lächeln, seit er nach Hause gekommen war.
»Du hast recht, Liebling«, sagte sie und fuhr ihm mit der Hand durchs Haar.
» Gäddan hat vollkommen recht«, sagte Sandén. »Gäddan hat immer recht. Also, wann kommt unser kleines Goldstück?«
»Im November«, antwortete Sonja.
»Im November? Aber man sieht ja noch gar nichts?«
»Weil ich schon vorher so dick war!«, lachte Jenny.
»Nein, nein, du bist genau richtig«, erwiderte Sandén mit einem Lächeln. »Mich beunruhigt aber viel mehr, dass das Kind bei einer solchen Mama unerträglich süß werden wird. Mann, wie wir sie verwöhnen werden, oder ihn.«
»Jenny sagt, dass sie nicht weiß, wer der Vater des Kindes ist«, sagte Jessica, jetzt wieder mit größerem Ernst.
Sonja ließ sich davon anstecken und betrachtete Jenny mit einem besorgten Blick. Sandén musste erst ein paar Sekunden nachdenken, bevor er sich eine Meinung zu dieser Frage gebildet hatte. Als er schließlich den Mund öffnete, war er vollkommen im Reinen mit sich selbst.
»Super. Dann gehen wir dieser Frage auch nicht weiter nach. Dann haben wir unseren kleinen Liebling ganz für uns allein.«
Niemand widersprach ihm.
Sie zogen nach draußen in den Garten und verbrachten den restlichen Nachmittag und den Abend barfuß in dem üppigen Gras, das ein paar Tage zu lange hatte wachsen dürfen. Jessica grillte T-Bone-Steaks und ließ sich von Jenny beim Crocket besiegen. Alles war fast so wie immer.
*
Als Sjöberg auftauchte, war Adrianti bereits im Aufbruch begriffen, aber sie wartete in der Tür und ließ ihn trotzdem ein. Sie wirkte beunruhigt, gestresst. Der ausländische Akzent war jetzt deutlicher wahrzunehmen, sie stolperte über Wörter und haderte mit der Grammatik. Sie setzten sich an den Küchentisch, vielleicht aus alter Gewohnheit, vielleicht auch, weil sich Adrianti Erlandsson dort am wohlsten fühlte. Die Trauer hatte keine sichtbaren Spuren in dem Haus hinterlassen, alles war genauso sauber und aufgeräumt wie zuvor, und es roch frisch
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