Falsch
sein persönliches Fiasko. Mehr als zwei Jahre lang suchten KGB und FSB erfolglos. Sie fanden keine Zeugen, keine Spuren, keine Täter. Nach mehreren Mordanschlägen auf ihn, die erfolgreich vertuscht wurden, reichte Groslow im Dezember 2003 entmutigt seinen Rücktritt ein.
Die Kiste blieb verschwunden.
São Gabriel da Cachoeira,
Rio Negro/Brasilien
Der verbeulte Chevy-Bus rauchte aus dem Auspuff wie der Fabrikschlot einer Gießerei. Todesverachtend gab der Fahrer Vollgas und überholte zwei altersschwache LKW , die Baumstämme transportierten. Major Llewellyn auf dem Beifahrersitz schloss die Augen und hoffte, dass der Gegenverkehr ein Einsehen haben würde.
»Wie weit ist es noch bis zum Fluss?«, fragte er, und der Fahrer murmelte eine unverständliche Antwort, die zwischen Kautabak und Zahnlücken verendete.
»Lassen Sie mich einfach da raus, wo das Flugzeug explodiert ist.« Llewellyn war mit einer Chartermaschine aus Bogotá gekommen und hatte vor dem Flughafen von São Gabriel nur einen leeren Taxistandplatz vorgefunden. Kurzerhand hatte er einen Bauern angesprochen, der seine Frau auf einen Flug nach São Paulo zu ihrer Mutter gesetzt hatte und nun in die kleine Stadt zurückfuhr. Llewellyns Dankbarkeit wurde durch die ratternde Rostlaube auf vier Rädern gemindert, die vorher Hühner transportiert haben musste. Der Gestank war unsäglich.
So war er nicht böse, als der Bauer ihm am Ende einer schmalen Querstraße bedeutete, auszusteigen. »Da vorn links, dann sehen Sie schon die Absperrung«, nuschelte er, bevor der Bus in einer schwarzen Wolke Dieselqualms um die Ecke schaukelte.
Seinen Seesack auf der Schulter, wanderte der Major in Richtung Flussufer. Es donnerte in der Ferne, und dunkle Wolken zogen über dem Rio Negro herauf, ballten sich zu Kumulustürmen zusammen. Bald wird es regnen, dachte sich Llewellyn und hoffte, ein Dach über dem Kopf zu haben, bevor ihn das tropische Gewitter bis auf die Knochen durchnässen würde.
Die staubige Straße entlang der kleinen Bucht, die der Fluss in Jahrtausenden ausgewaschen hatte, war mit einem leuchtend gelben Plastikband abgesperrt. Ein junger, gelangweilt wirkender Polizist hielt Wache und sah dem Major neugierig entgegen, als er auf ihn zuging.
»Sie können hier nicht durch, Senhor«, meinte der junge Uniformierte freundlich, aber bestimmt. »Die Aufräumarbeiten sind noch im Gang, und auch die Stromleitung ist noch nicht repariert.«
Mit der einfachen Frage »Was ist denn passiert?« entfesselte Llewellyn einen nicht enden wollenden Redefluss bei dem Polizisten, der ihn in weniger als fünf Minuten mit allen Details versorgte, die er wissen wollte.
»Wilhelm Klausner, sagten Sie?«, fragte er nach.
Der junge Beamte nickte eifrig.
»Und die übrigen Opfer?«
»Wir haben die Enkelin Klausners gebeten, die Leichen zu identifizieren, was bei einigen nicht leicht war, wie Sie sich vorstellen können«, erzählte der Polizist und wiegte den Kopf. »Neben den Leibwächtern von Senhor Klausner gab es unter den Opfern auch noch einen alten Mann, dessen Namen die Senhora mit Klaus Böttcher, einem Freund der Familie, angab.«
Bingo, dachte sich Llewellyn, aber zugleich machte sich bei ihm die Enttäuschung darüber breit, dass er Böttcher zwar gefunden, aber auch gleich wieder verloren hatte.
»Und das Flugzeug?«, stieß der Major nach. »Sie haben ein Foto im Fernsehen gebracht. Ein Wasserflugzeug?«
»Eine alte Albatross. Gut gepflegt, schade drum«, meinte der junge Polizist und nahm erfreut die Zigarette, die Llewellyn ihm anbot. »Danke! Der Pilot und Eigner ist ein guter Bekannter, John Finch. Er lebt seit ein paar Jahren hier im Ort. Machte Touren mit Fischern und Expeditionen.«
Llewellyn horchte auf. Rückte das Gewitter näher, oder hörte sich das nach dumpfen Explosionen in der Ferne an?
»Keine Sorge, die sprengen wieder in einer der Bauxitminen«, winkte der Polizist ab und blickte besorgt zum Himmel. »Aber der Regen wird auch nicht lange auf sich warten lassen.«
Der Major nickte und verabschiedete sich rasch. Er lief los in Richtung Ortsmitte und war noch keine hundert Meter weit gekommen, als an einer Straßenecke vor ihm ein Taxi anhielt und ein Paar aussteigen ließ. Ungeduldig wartete er, bis der Wagen frei war, dann warf er seinen Seesack auf die Rückbank und ließ sich daneben in die Polster fallen. Keine Sekunde zu früh – die ersten schweren Regentropfen zerplatzten auf der Windschutzscheibe.
»Kennen Sie das Haus
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