Falsch
brauchen einen gepanzerten Wagen bis zur Maschine, inklusive bewaffneter Eskorte. Mindestens vier Mann. Geben Sie auch der Flughafenpolizei Bescheid. Die sollen ebenfalls mit einem Einsatzfahrzeug anrücken, wozu zahlen wir den Chefs die Urlaube am Schwarzen Meer?«
Er schlug die Mappe zu.
»Die Ladeliste für München umfasst mehrere Stücke. Sorgen Sie dafür, dass wir den üblichen Laderaum bekommen, und bleiben Sie bei dem Flieger, bis er von der Position geschoben wird. Ich möchte morgen keine Nachlässigkeiten erleben.«
Higurashi nahm die Kamera und seine Jacke und löschte das Licht auf seinem Schreibtisch. »Gute Nacht, ich bin weg. Wir sehen uns morgen früh.«
»Schönen Abend noch!«, riefen ihm die beiden Männer hinterher, bevor sie sich auf den Nachtdienst einrichteten. Starke Scheinwerfer wurden in der Halle eingeschaltet, die äußeren Tore verriegelt. Nach einer Kontrolle der Überwachungskameras, die im Sekundentakt Bilder aus allen Ecken des Komplexes aufzeichneten, begannen die beiden Männer schwer bewaffnet ihre Runden.
Kaito Higurashi hielt seinen Ausweis an die Scheibe und wartete, bis der Schlagbaum an der Kontrollstation hochruckte. Dann beschleunigte er den blauen Mazda zügig auf die Umfahrungsstraße des Flughafens, bog rechts ab und war wenige Minuten später auf der Schnellstraße in Richtung Moskau.
Der Verkehr war um diese Zeit spärlich, und Higurashi kam rasch voran. So dauerte es auch nur knappe dreißig Minuten, bis er den ersten Autobahnring kreuzte. Er fuhr immer geradeaus weiter, bis er die Varshavskoe Shosse erreichte. Kleine Industriebetriebe prägten hier das Bild der Stadt. Dazwischen hatte man neue Wohnblocks hochgezogen, die in der Nacht durch bunte Neonröhren in ein surreales Licht getaucht wurden.
An der Nagatinskaya ulitsa bog Higurashi rechts ab. Ein paar Wohnblocks tauchten auf, eine späte Straßenbahn ratterte vorbei. Endlich sah er auf der rechten Straßenseite ein Lokal mit einer roten Leuchtreklame – eine Reisschale mit zwei gekreuzten Essstäbchen, darunter in verschlungenen Lettern »Ninja Beef«.
Higurashi parkte den Mazda direkt davor und stieg aus. Es roch nach billigem Fett und ungeklärten Abwässern.
Das kleine japanische Restaurant war um diese Zeit fast leer, lediglich im hintersten Eck saß ein junges Paar händchenhaltend ins Gespräch vertieft, vor sich zwei Teeschalen.
Der Japaner trat ein und ging, ohne sich umzusehen, direkt bis zur schmalen Durchreiche, die mit schmutzigen Geschirr fast gänzlich versperrt war. Wortlos legte er die kleine Speicherkarte der Nikon auf das schmierige Blech.
Dann drehte er sich um und verließ das Lokal.
7
DIE DIAMANTEN
Flughafen Franz Josef Strauß,
München/Deutschland
Christopher Weber hatte nicht geschlafen. Nach einer durchwachten Nacht, in der er sich im Bett von links nach rechts und wieder zurück gedreht hatte, war er um fünf Uhr früh aufgestanden und hatte den Wecker wieder ausgeschaltet – eine Viertelstunde bevor der hätte läuten sollen. Nervös hatte er sich hochgequält und war ins Bad gegangen. Martin hatte tief und fest geschlafen und noch dazu ohrenbetäubend geschnarcht.
Einen starken Kaffee und zwei Beinahe-Unfälle später war er zehn Minuten vor Schichtbeginn am Flughafen eingetroffen, hatte den Porsche vorsichtig in der Garage geparkt und seinem Schutzengel gedankt, dass er ihn noch immer begleitete.
Nun stand er vor dem aktuellen Flugplan, las ihn durch und war doch mit seinen Gedanken nicht bei der Sache. Immer wieder schaute er auf die Uhr. Wann würde der Unbekannte anrufen? Chris bemerkte, dass seine Hände zitterten.
»Lernst du den auswendig?« Mehmet stand hinter ihm und schlürfte seinen Tee aus einem verbeulten Pappbecher. »Sieh da, sieh da, ein Airbus A320 nach Abu Dhabi zur frühen Morgenstunde. Was ist die minimale Besatzung für 320er?«
Chris zuckte mit den Schultern.
»Ein Pilot und ein Hund«, beantwortete Mehmet seine Frage ungerührt selbst.
»Häh?«
»Der Pilot hat die Aufgabe, den Hund zu füttern, und der Hund hat aufzupassen, dass der Pilot nichts anfasst«, grinste Mehmet, warf den leeren Becher in den Mülleimer und klopfte Chris auf die Schulter. »Es wird Zeit! Ich darf dich dran erinnern, dass draußen Renate auf der Rampe auf uns wartet. Der heutige Tag erinnert mich an ein lateinisches Zitat: Veni, vidi, volo in domum redire – ich kam, ich sah, ich wollte nach Hause gehen.«
Chris musste trotz seiner Nervosität lachen. Er
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