Falsch
Rings, für den Sie ursprünglich so viel Geld geboten haben. Warum eigentlich?«
»Schauen Sie, Señor Finch, ich bin ein Sammler, und dieser Ring interessiert mich ausnehmend«, antwortete Takanashi. »Er ist etwas Besonderes, die Erinnerung an einen außergewöhnlichen Mann.«
»Wenn Sie diesen Claessen so gut kennen, könnten Sie uns doch ein paar Einzelheiten aus seinem Leben verraten«, regte Alfredo an, während Fiona eine Tasse Tee einschenkte und sie dem Japaner reichte. »Dann sind Sie den weiten Weg nicht umsonst gekommen.«
Takanashi warf dem jungen Südamerikaner einen bösen Blick zu. »Dürfte ich zuerst den Ring sehen?«, fragte er in die Runde.
»Sehen gern«, meinte Finch und griff in seine Jacke. »Aber er bleibt auf dem Tisch, wo ich ihn im Auge behalten kann.« Damit stellte er die kleine Schatulle auf das gestärkte Leinentischtuch.
Der Japaner ergriff die kleine Box und öffnete sie.
»Wunderschön«, stellte er mit leuchtenden Augen fest. »Der Einzige mit schwarzen Diamanten, etwas ganz Besonderes, auch wenn Himmler es nicht so gern sah, dass man seine Ringe veränderte. Da war der Reichsführer- SS ziemlich eigen.«
»Sollten nicht alle Ehrenringe wieder an ihn zurückgeschickt werden?«, erkundigte sich Georg, der sich an die Ausführungen der Händlerin in Bogotá erinnerte.
Takanashi nickte stumm, dann zog er vorsichtig den Ring aus der Schatulle und las die Gravur. »Ja, so war es geplant«, bestätigte er. »Aber gegen Ende des Krieges war man froh, mit heiler Haut davongekommen zu sein, und ließ oft den Ring gemeinsam mit Orden und Dokumenten, Auszeichnungen und Fotos in Schachteln unter vielen Lagen Erinnerungen verschwinden. Oder man lag tot im Straßengraben, und dann kümmerte sich niemand mehr um einen Ring, der seine Aussagekraft und seine Bedeutung verloren hatte. Somit gibt es heute zwar noch gut erhaltene Exemplare, doch die meisten sind Fälschungen.«
Er hielt den Totenkopfring dicht vor seine Augen, drehte ihn zwischen seinen Fingern und untersuchte ihn genau. »Dieser hier ist allerdings echt, unzweifelhaft.«
Mit dem Ausdruck des Bedauerns steckte er das Schmuckstück in die Schatulle zurück und reichte sie Finch. »Ich gratuliere Ihnen zu dem Kauf, Señor Finch. Sie haben ein ausgezeichnetes Geschäft gemacht, ganz gleich, wie viel sie bezahlt haben. Dieser Ring ist einmalig. Señor Gruber meinte, er sei Teil eines Puzzle, eines Rätsels. Stimmt das tatsächlich?«
»Ich habe das Gefühl, dass Señor Gruber mitten in der Nacht eine ganze Menge erzählt hat«, stellte Fiona ärgerlich fest. »Vielleicht sollte er besser schlafen, als um diese Zeit zu telefonieren. Kein Kommentar.«
Takanashi lächelte in sich hinein. »Also ist doch etwas dran«, murmelte er und nahm einen Schluck Tee. »Ich kann Ihnen gern mehr über Heinz Claessen erzählen, möglich, dass Ihnen das bei der Lösung Ihres Rätsels hilft. Was meinen Sie?«
»Wo ist der Haken?«, wollte Alfredo misstrauisch wissen. »Oder was ist das Gegengeschäft?«
»Nun, vielleicht kann ich nach dem Abschluss Ihrer … Ihrer Suche ein Angebot abgeben und den Ring doch noch kaufen?« Die Stimme des Japaners klang einschmeichelnd.
Georg schaute Finch fragend an und zuckte mit den Schultern.
»Möglicherweise«, antwortete der Pilot vorsichtig, »wir werden sehen. Wer oder was also war dieser Heinz Claessen?«
»Vieles«, gab Takanashi grinsend zurück. »Obersturmbannführer der Leibstandarte Adolf Hitler fällt mir als Erstes ein. Dann hatte er eine ganze Reihe von anderen Tätigkeiten, die nicht besonders präsentabel waren: Schwindler, Gauner, Betrüger, Dieb und Mörder von Himmlers Gnaden …«
10. April 1945,
Schloss Labers, Meran, Südtirol/Italien
»Fritz, bringen Sie mir bitte noch einen Cocktail?«
Hannas Stimme klang ungeduldig. Der weiß livrierte Diener eilte herbei und nahm ihr das leere Glas aus der Hand. Mit einem »Sofort, gnädige Frau!«, verneigte er sich und verschwand in der Bar.
Es war lange nach Mitternacht, und Hanna saß in dem gruftartigen Lesezimmer des Schlosses mit seinen dunkelbraunen, fleckigen Holzvertäfelungen und den altmodischen Kaffee- und Spieltischen. In dem fünfarmigen Leuchter, der von der Decke baumelte und im Luftzug der offenen Fenster leicht schwankte, bemühten sich acht schwache Glühbirnen redlich, den großen Raum zu beleuchten. Zwei waren vor Tagen zischend verendet. Mangels Nachschub hatte sie niemand ausgewechselt. Das gesamte, vom
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