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Falsch

Falsch

Titel: Falsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schilddorfer
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wahrscheinlich nur wenige Minuten.«
    Finch verstummte und überlegte. Schließlich presste er seine Hand zwischen die Ornamente und begann zu tasten. »Der Pfeiler ist hohl, wie ich mir gedacht habe.«
    Plötzlich lächelte er und zog vorsichtig mit zwei Fingern ein Wachspapier aus dem Inneren des Pfeilers. Es hatte die Abmessungen einer Zigarettenschachtel, war aber nur so dünn wie ein Streichholzbriefchen.
    »Er hatte es im Hohlraum verkeilt, damit es nicht unabsichtlich herunterfallen konnte«, erklärte Finch, und sein Respekt vor dem jungen Paul Hoffmann wuchs von Minute zu Minute. »Einfach, aber wirkungsvoll und unauffällig.«
    Georg drehte das Wachspapier ehrfürchtig in seinen Fingern. »Wir haben es tatsächlich geschafft«, flüsterte er. »Unglaublich …« Dann entfernte er vorsichtig die äußerste Schicht. Der Inhalt des dünnen Päckchens bestand aus einem einzigen, zweimal gefaltetem Blatt Papier, das erstaunlich trocken geblieben war. Grubers Hände zitterten, als er es entfaltete und das Licht der Taschenlampe darauf richtete. In gestochen scharfer Handschrift stand zu lesen:
    Nütze den Ring weise …
    1 . Addiere alle Zahlen
    2 . Dann die ersten beiden
    3 . Was kommt vor der ersten Zahl?
    4 . Addiere die letzten drei Zahlen
    5 . Ziehe einen Punkt vom ersten Ergebnis ab
    6 . Wiederhole die erste Addition und rechne die erste Zahl nochmals dazu
    7 . Ziehe den Tag vom Monat ab
    Wenn Du fertiggerechnet hast, dann folge der Spur des Mais-Whiskeys.
    Die Zeit – sie wohnt bei den Herrschaften
    und wartet auf den Schlüssel.
    »Sag, dass das nicht wahr ist«, flüsterte Georg frustriert und ließ den Zettel sinken. »Jetzt beginnt alles wieder von vorn …«
    Finch grübelte und schwieg. Von irgendwo drang der Klang von Schritten in sein Unterbewusstsein, aber er hörte nicht hin.
    Nütze den Ring weise … Jetzt war es also an der Zeit, den Totenkopfring ins Spiel zu bringen, wie er bereits vermutet hatte. Die Spur, die Hoffmann gelegt hatte, führte unbeirrbar zum nächsten Punkt.
    Und dann? … folge der Spur des Mais-Whiskey … Ging es zurück nach Amerika? War die Schreibweise von Whisky Absicht oder Versehen?
    Die Zeit – sie wohnt bei den Herrschaften und wartet auf den Schlüssel. Der kleine Uhrenschlüssel … der dritte Hinweis … die Zeit … es ging also tatsächlich um eine Uhr …
    Plötzlich stieß Georg ihn an und unterbrach seinen Gedankengang. Als Finch ihn fragend anschaute, bemerkte er, wie Gruber völlig erstarrt in die Dunkelheit vor ihnen blickte. Finch folgte seinem Blick und traute seinen Augen kaum: Wenige Meter entfernt, am Rand der Schattenwelt, stand ein breitschultriger, hochgewachsener Mann mit militärisch kurzgeschnittenen grauen Haaren und schaute sie unverwandt an.
    Seine eisgrauen Augen schienen zu leuchten.
    Niemand sagte ein Wort.
    Schließlich machte der Fremde einige Schritte nach vorn, verschränkte die Arme vor der Brust, fixierte den Piloten und legte den Kopf etwas schräg.
    »Mr. Finch, wie ich annehme«, sagte er mit einer volltönenden Stimme auf Englisch. »Ich habe Sie zuletzt in einem mattschwarzen Helikopter gesehen, in São Gabriel da Cachoeira. Sind Sie nicht ein wenig zu weit vom Kurs abgekommen?«

10
DIE LISTE

Chemin du Beau Rivage 14,
Lausanne/Schweiz
    »Wer sind Sie?«, stieß Georg Gruber hervor und steckte instinktiv das Blatt Papier mit dem Hinweis ein. »Und was machen Sie hier?«
    »Nun, ich nehme an, dasselbe wie Sie«, antwortete Llewellyn ironisch. »Auf fremden Grundstücken in abgesperrte Keller einsteigen, auf der Suche nach …« Er machte eine Pause und runzelte die Stirn. »… nach der Wahrheit? Manche könnten das Hausfriedensbruch nennen.«
    »Sie sind der Mann, der in Medellín hinter Ernst Böttcher her war«, sagte Finch tonlos. »Vincente hat Sie wiedererkannt. Sie haben den Angriff geleitet.«
    »Wäre es doch nur so gewesen«, gab der Major zurück. »Leider wurden wir angegriffen, und vier meiner besten Männer starben.«
    »So kann man es auch drehen«, meinte Finch bitter.
    »Ich brauche nichts zu drehen«, erwiderte Llewellyn ungerührt. »Ich hätte nichts lieber getan als mit Böttcher gesprochen. Leider kam ich nicht mehr dazu.«
    »Weil Sie danach in São Gabriel durch eine Explosion meine Albatross und gleich die letzten beiden alten Männer in die Luft gesprengt haben?«, fuhr ihn Finch an. »Das beendet allerdings sehr effektiv jede Unterhaltung.«
    »Tut mir leid, ich war in dieser Zeit in

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