Falsch
eine Verbindung hier unten«, murmelte er zufrieden. Sein Gesprächspartner schien nach dem ersten Läuten abzuheben.
»Rodney, du Zahlenjongleur, hier spricht Llewellyn. Hör zu, hier herrscht die Panik. Du hast Zeit und keine Probleme, wir haben ein Problem, aber keine Zeit. Also dachte ich mir, ab nun übernimmst du. Ich schicke dir ein paar Zeilen in Deutsch und die dazu passenden Zahlen. Du wirst es ja sehen. Deinen Rückruf mit der Lösung hätte ich gern gestern, und das ist schon zu spät … Wenn ich wieder in London bin, gehen wir essen … Ja, genau … Pass auf dich auf!«
Llewellyn legte auf und drückte einen weiteren Knopf. Nach einigen Sekunden quittierte das Handy den Versand der Nachricht mit einem Pieps.
»Rodney war oder, besser gesagt, ist noch immer ein begnadeter Dechiffrierer, in der Tradition der Benchley-Boys im Krieg«, erklärte der Major Finch und Gruber. »Jetzt ist er seit Jahren in Pension und sendet Kreuzworträtsel an die großen englischen Zeitungen, damit ihm nicht langweilig wird. Für ihn ist das eine Fingerübung, während wir uns tagelang den Kopf zerbrechen.«
Finch sah den massigen grauhaarigen Mann misstrauisch an. »Warum so hilfsbereit? Was versprechen Sie sich davon? Womöglich steht am Ende des Weges lediglich eine leergeräumte Konservendose mit rostigem Deckel.«
Llewellyn schmunzelte. »Lassen Sie mich raten, Mr. Finch. Sie wurden geheuert, entweder von Klausner oder von Böttcher, da Gruber und Hoffmann Sie nicht engagieren konnten. Nun, Ihre Auftraggeber sind tot, Sie werden Ihr Honorar wahrscheinlich nie erhalten. Warum sind Sie noch immer an Bord?«
»Touché«, musste Finch zugeben. »Vielleicht will ich diesen Zwingli nicht gewinnen lassen und mich für die Sprengung meiner Albatross revanchieren.«
»Dann helfen Sie mir, diese Ratte mit dem Teflon-Fell aus dem Verkehr zu ziehen«, zischte Llewellyn. »Zwingli wird Ihnen nicht von der Pelle gehen, bis Sie gefunden haben, was Hoffmann versteckt hat. Er will es ebenfalls, aus welchem Grund auch immer, nachdem er das Auffliegen der Tauben nicht verhindern konnte. Jetzt muss er mitspielen, weil das Konsortium es so will. Ich habe leider auch keine Ahnung, was die Schweizer Banken so beunruhigt noch was am Ende dieser Spur steht. Aber wir werden es nur gemeinsam herausfinden. Dann, und nur dann, können wir Zwingli eine Lektion erteilen.«
11. April 1945,
Feldkirch, Vorarlberg/Ostmark
Der Fahrtwind, der durch die Fenster des LKW brauste, war nach der Reise über den Arlberg-Pass warm und roch nach Frühling.
»Da vorne rechts!«
Ernst deutete auf ein weißes Straßenschild mit der Aufschrift »Feldkirch«, das etwas schief an seinem Holzpfosten hing. Franz nickte und lenkte den Magirus von der Reichsstraße weg, neben der immer öfter Panzersperren, Betonblöcke und vorbereitete Stapel von Eisenbahnschwellen aufgetaucht waren.
Sie kamen der Grenze und der Front immer näher.
Auf einem Feld schaufelten einige Männer mit nacktem Oberkörper Erde in Schubkarren und hoben breite Gräben aus.
»Das letzte Aufgebot«, ertönte die Stimme Willis von der Rückbank, »es ist fünf vor zwölf. Wenn hier in einem Monat nicht die Alliierten einrückten, würde mich das sehr wundern.«
»Hoffentlich hast du recht«, ergänzte Paul, der aus dem Fenster schaute. »Aber wir haben ein wichtigeres und unmittelbares Problem: Wir brauchen Zivilklamotten, und zwar unauffällig.«
Die ersten Häuser von Feldkirch tauchten auf, verdichteten sich zu Straßenzügen mit Geschäften und belebten Gehsteigen.
»Ein Schneider oder ein Bekleidungsgeschäft wäre passend«, meinte Ernst und legte die Karte zur Seite.
»Weder noch«, widersprach ihm Paul. »Viel zu auffällig. Vier Soldaten in Uniform gehen einkaufen und kommen in Zivilkleidern wieder aus dem Laden? Packen Sie uns bitte die Uniform ein, vielleicht brauchen wir die später noch? Du träumst. Minuten später weiß es die Polizei, und wir schaffen es nicht mal bis zur Grenze.«
»Was dann?«, wollte Ernst wissen. »Was machen wir überhaupt hier, wenn wir nicht einkaufen wollen?«, beschwerte er sich und sah die anderen leicht verstimmt an.
»Du vergisst die Knappheit an Stoff, selbst im Textilland Vorarlberg«, erinnerte ihn Willi. »Wir müssen eine andere Lösung finden, und zwar rasch. Dieser Grenzübergang Bangs ist nur wenige Kilometer weit entfernt, dazwischen flaches Land und keine große Ansiedlung. Also ist Feldkirch unsere allerletzte Option.«
Der
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