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Falsch

Falsch

Titel: Falsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schilddorfer
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Mittdreissigers, der sein Erstaunen über den unangekündigten Besuch nicht verhehlen konnte.
    »Wenn Sie vorher angerufen hätten, dann …«, setzte er entschuldigend auf Englisch an, aber Finch winkte rasch ab.
    »Keine Ursache, wir werden nicht lange stören«, meinte der Pilot, griff in die Tasche seiner Lederjacke und zog ein Blatt Papier heraus. »Können Sie mir mehr zu diesen Kontonummern sagen?«, fragte er und schob es Crämer über den Tisch zu.
    »Darf ich erst einmal fragen, wer Sie sind?«, erkundigte sich der Bankdirektor.
    »Die Vertreter einer Erbengemeinschaft«, gab Fiona unverbindlich zurück, »und jetzt wäre es nett, wenn Sie uns tatsächlich mehr zu diesen einhundert Konten sagen könnten.«
    Crämer runzelte die Stirn und betrachtete argwöhnisch die Liste. Dann warf er seinen Besuchern einen misstrauischen Blick zu. »Das ist etwas ungewöhnlich, wie Sie werden zugeben müssen.«
    »Ich muss gar nichts«, erwiderte Fiona ungerührt. »Mein Großvater hat bei Ihrem Institut vor langer Zeit eine bedeutende Summe deponiert. Jetzt möchten wir wissen, um wie viel Geld es sich handelte und um welche näheren Konditionen.«
    »Wer sagt mir, dass Sie dazu berechtigt sind?«, verkündete Crämer und zuckte die Schultern. »Da könnte jeder bei mir erscheinen und anfangen, Fragen zu stellen.«
    Fiona öffnete ihre Handtasche, zog ihren Pass hervor und schob ihn neben die Liste. »Mein Name ist Fiona Klausner, und mein Großvater war Wilhelm Klausner. Gemeinsam mit Paul Hoffmann, Ernst Böttcher und Franz Gruber eröffneten sie im Frühjahr 1945 einhundert Konten bei Ihrem Bankhaus. Die Liste dazu liegt auf dem Tisch.«
    Bedächtig griff Crämer nach dem Pass. Täuschte sich Fiona, oder begannen seine Hände zu zittern?
    Schließlich nahm der Bankdirektor die Liste mit den Zahlenreihen vom Tisch. »Hmm«, machte er, »dem Anschein nach könnten diese Kontonummern tatsächlich von uns sein.«
    »Wie wäre es, wenn Sie Ihren PC anwerfen und einfach nachschauen?« Llewellyn war knapp davor, die Geduld zu verlieren. »Das sollte keine große Aktion sein, nicht einmal für eine Schweizer Privatbank, oder irre ich mich?«
    Irritiert sah Crämer auf. »Wir haben in diesem Land ein ausgeprägtes und lückenloses Bankgeheimnis«, entgegnete er mit einem strafenden Blick über die randlose Designerbrille. »Das bildet eine der Grundfesten unserer Gesellschaft und des Wirtschaftsgeschehens der Schweiz im Besonderen.«
    »Das ist uns bekannt«, gab Llewellyn aggressiv zurück. »Deswegen werden bei Ihnen ja so viele offizielle Vermögen gebunkert und ganz sicherlich kein Geld gewaschen. Ich frage mich dann allerdings auch, warum Daten- CD s mit sogenannten Steuersündern ausschließlich in der Schweiz auftauchen.«
    Crämer zog den Kopf ein und schwieg. Er gab vor, die Liste zu studieren. Schließlich tippte er ein Kennwort auf seiner Tatstatur, und der Flachbildmonitor leuchtete auf. »Lassen Sie mich nachsehen, was wir herausfinden können«, murmelte er und warf demonstrativ einen Blick auf seine elegante Armbanduhr. »Ich habe leider noch einen Termin heute Vormittag …«
    »Der wird sich sicherlich verschieben lassen«, meinte Finch mit einem gönnerhaften Ton. »Vorläufig geht hier niemand irgendwo hin, solange diese Geschichte nicht geklärt ist.«
    Crämer warf dem Piloten einen peinlich berührten Blick zu. Er wollte etwas erwidern, überlegte es sich dann aber doch. »Soweit ich feststellen kann, sind alle diese Konten im April 1945 eröffnet worden. Damals führte mein Großvater die Bank. Das ist auch einer der Gründe, warum die Ziffern 04 für April und 45 für das Jahr zu Beginn jeder Kontonummer stehen. Es gab bei keinem einzigen dieser Konten eine weitere Einzahlung über all die Jahre, aber auch keine Abhebung. Es erfolgte also gar keine Kontobewegung seit der Eröffnung.« Der Bankdirektor machte eine Pause. »Über die Höhe der Summe kann ich Ihnen keine Auskünfte geben.«
    »Wieso nicht?«, erkundigte sich Fiona.
    »Weil … halt, warten Sie, ich sehe gerade, hier gibt es ein paar Anmerkungen zu diesen Konten in einer handschriftlichen Kartei aus dem Jahr 1945«, präzisierte Crämer. »Sie werden verstehen, dass ich die erst im Archiv unseres Bankhauses ausheben lassen muss. Das befindet sich im Keller, ist also keine große Sache. Wenn Sie mich kurz entschuldigen wollen?«
    Der Direktor schob seinen Sessel zurück und erhob sich. »Es wird nicht lange dauern, ich werde Ihnen

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